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Geschichte

Die Mauer fällt in Königsberg

Der Mauerfall mit Putins Brille gesehen – Die russische Filmserie „DDR“ ist zum Teil in Ostpreußens Hauptstadt entstanden

Bodo Bost und Harald Tews
19.06.2024

Für die Russen führte der Mauerfall von 1989 zu einem Trauma, das bis heute nachwirkt. Das damit im Grunde besiegelte Ende der Sowjetunion und den Machtverfall des russischen Staates will Putin gerade durch ein neues imperiales Erfolgsmodell ersetzen. Am liebsten würde man in Moskau die ganze Geschichte seit dem Mauerfall rückgängig machen. Da kommt eine TV-Serie gerade recht, die sich in Russland einer großen Beliebtheit erfreut. In der russischen Spionage-Serie „DDR“ kann man erleben, wie die deutsche Sicht auf die Geschehnisse vom 9. November 1989 mit russischer Brille gesehen wird.

Das geht damit los, dass nicht an Originalschauplätzen in Berlin gedreht wurde. Die Mauer fällt in diesem Fall in Königsberg. Der filmische Geschichts-Fake wird im ehemals finnischen Wyborg nördlich von St. Petersburg und in ländlichen Regionen Weißrusslands fortgeführt, die als Drehorte zwangsläufig deutsche Orte und Landschaften „doubeln“ mussten.

Die Serie „DDR“ erzählt vom Krieg der Geheimdienste der verfeindeten Staaten, die alle auf der Suche sind nach dem geheimen Archiv von Markus Wolf, dem Chef der Auslandsaufklärung der Stasi. Die Hauptfigur des Films ist der KGB-Hauptmann Alexander Netschajew, der in die DDR geschickt wurde, um das Stasi-Archiv zu finden.

In der Serie überschneiden sich historische Linien mit realen und fiktiven Ereignissen. Deshalb kommen auch Michail Gorbatschow, sein Außenminister Eduard Schewardnadse, Erich Honecker und der spätere russische Präsident Boris Jelzin als Filmfiguren in „DDR“ in mehr oder weniger kurzen Auftritten vor. Mit ihnen soll die Serie an Authentizität gewinnen. Deshalb heißt es im Vorspann, dass die Serie auf wahren Begebenheiten beruhe.
Für die Dreharbeiten zu dem Spionagedrama „DDR“ wurde der Drehort Königsberg nicht zufällig ausgewählt. Bis heute sind dort alte deutsche Bauernhöfe und andere Objekte erhalten, welche die Atmosphäre des Deutschlands von damals vermitteln. Volle 70 Drehtage hat man in der Stadt und in der Region Königsberg verbracht.

Einer der zentralen „Drehorte“ des Films war der zentrale Bezirk von Königsberg, insbesondere die Steinstraße [Ulitsa Ofi­tserskaya] und die Steinmetzstraße [Ulitsa Stepan Razin]. Die Berliner Mauer wurde in der Serie in mehrere Teile geteilt und an der Honigbrücke, auf dem Kneiphof Kant-Insel und am Schlossteich neu errichtet. „Ohne das Königsberger Gebiet wäre diese Serie definitiv nicht möglich gewesen. Wir hoffen, dass alle Anwohner, die von den Unannehmlichkeiten betroffen waren, von der Qualität der Dreharbeiten überrascht sein werden“, sagte Anton Wolodkin, Generaldirektor des Online-Kinos Wink.

Der Film beginnt im Jahr 1987, als Mathias Rust mit seiner Cessna auf dem Weg nach Moskau ist. Auch diesem Flug wird in dem Film ein Spionagehintergrund zugeteilt, den er nicht hatte. Die für die russische Luftüberwachung blamable Tatsache, dass man Rust seinerzeit nicht auf dem Radar hatte und er ungehindert auf dem Roten Platz landen konnte, findet im Film einen heroischen Dreh: Dort hat Rust unwissentlich eine Biobombe an Bord, weshalb die ihn nun verfolgenden Kampfflieger ihn nicht abschießen durften, weil sonst halb Russland mit einem tödlichen Virus verseucht worden wäre.

Auch sonst kann man bei dem Film bei vielen Einzelheiten Fehler entdecken, So wurde ein Flugzeug mit dem Schriftzug „Lafthunsa“ übermalt, und auf Plakaten bei Demos steht „Keine Gevalt“. All dies sind Zeichen mangelnder Gründlichkeit, die sich auch sonst in den Film eingeschlichen haben.

In der Serie „DDR“ wird Gorbatschow, nicht gänzlich negativ dargestellt. Er erscheint zwar als wankelmütig, doch der letzte Generalsekretär der KPdSU darf im Film auch Visionen entwickeln. Er will die Spaltung Europas überwinden, aber er wird, wie der Film zeigt, vom Westen von Anfang an hintergangen. Europa wird so ohne die Russen gebaut und die DDR mit einem Taschenspielertrick der Sowjetunion abgeluchst. Historisch ist vieles Unsinniges in diesem „DDR“-Machwerk dabei. Als Propagandastreifen kommt er Putins möglichem Traum von der Wiedererrichtung des russischen Reiches der Zaren aber ziemlich nahe und setzt ein patriotisches Zeichen, dass aus Fiktion früher oder später Realität wird.


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Kommentare

Ralf Pöhling am 23.06.24, 20:12 Uhr

Jetzt so direkt, wie die Situation das erfordert:
Wenn die Russen, so wie am Anfang mal kommuniziert, ihr altes Zarenreich wieder aufbauen wollen, mit Putin bzw. seinen Nachfolgern als Zaren, so wäre dies nicht nur für Russland erstrebenswert, sondern auch für uns im Westen gut. Das wäre eine Rückkehr zurück zu den Wurzeln europäischer Kultur, wie man sie auch im Westen anstreben sollte. Das würde zu einer Kommunikation auf Augenhöhe von Ost bis West führen und den fatalen Ausnahmezustand des Kalten Krieges geschickt ungeschehen machen. Es gibt aber in Russland offensichtlich auch Kräfte, die eine Rückkehr zur Sowjetunion wünschen und den angeblichen "Verrat" Gorbatschows und Deutschlands rückgängig machen wollen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Sowjetunion eine widerrechtliche und feindliche Besatzung ganz Osteuropas und die Teilung Deutschlands nach sich gezogen hat, war ihr Zerfall und ihre Auflösung mitnichten ein Verrat, sondern eine Rückabwicklung einer bedauerlichen Fehlentwicklung, die ihre Ursache zwar nicht einzig in Russland hatte, aber auch von Russland ausging. Was das Zarenreich betrifft, so können die Russen auf ihrem Territorium tun und lassen was sie wollen. Eine Rückkehr zur Sowjetunion und damit ein erneuter Anspruch auf die Besetzung von Osteuropa und eine Rückkehr zur DDR in den deutschen Ostgebieten müsste hingegen eindeutig als Kriegserklärung an die gesamte westliche Welt gewertet werden. Da ist eine rote Linie, die niemand je wieder überschreiten sollte. Putin täte gut daran, jegliche Forderungen nach einer Neuauflage der Sowjetunion im Keim zu ersticken. Andernfalls würde das böse im atomaren Schlagabtausch enden. Dass die NATO ebenso eingebremst werden und ihren Vormarsch nach Osten beenden muss, steht dabei außer Frage. Die Antwort auf eine vorrückende NATO ist nicht eine neue Sowjetunion, sondern ein eigenständiges Europa, abgenabelt von den USA. Dann hört der Vormarsch auch auf. Und genau das werden wir jetzt anstreben. Die Amerikaner sind eh müde, den Weltpolizisten zu spielen. Ein paar Scharfmacher haben das zwar noch nicht begriffen, aber die Scharfmacher dürfen weder in West noch Ost jetzt das letzte Wort haben. Vieles davon ist zwar nur Theaterdonner und sollte nicht ernster genommen werden, als es ist. Dennoch gilt es, hier nicht in etwas abzurutschen, was uns alle in Asche verwandeln wird. In Ost wie auch West. Insofern muss der Diskurs auf beiden Seiten zurückgeschraubt werden und wir müssen zügig zu einer Verhandlungslösung im NATO/Ukraine-Russland Konflikt kommen, damit das Problem endlich aus der Welt geschafft wird.
Ein eigenständiges Europa als Ruhepol in der Mitte, mit guten Beziehung in die USA wie auch nach Russland, muss das Ziel sein. Nichts anderes. Was speziell Königsberg betrifft, so sollte man sich daran erinnern, dass Russland damals die Rückgabe freiwillig angeboten hat und diese dummerweise von uns ausgeschlagen worden ist. Vielleicht lässt sich auch das im Rahmen von neuen Verhandlungen regeln.

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