30.04.2024

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Am Ostermontag 1949 in Dublin: Der nun unbezweifelbare neue Status als unabhängige Republik außerhalb des britischen  Commonwealth wird mit Freudenfeuer begrüßt
Foto: pa/Associated PressAm Ostermontag 1949 in Dublin: Der nun unbezweifelbare neue Status als unabhängige Republik außerhalb des britischen Commonwealth wird mit Freudenfeuer begrüßt

Republic of Ireland Act

Dublin vollendet die Loslösung von London

Vor 75 Jahren, zum 33. Jubiläum des Osteraufstandes, machte (Süd-)Irland klar, dass es eine Republik ist, dass an seiner Spitze sein Präsident und nicht der britische König steht und dass es nicht dem Commonwealth angehört

Heinrich Prinz von Hannover
16.04.2024

Zwischen 1801 und 1921 stand Irland direkt unter britischer Herrschaft. Ein wesentlicher Aspekt irischer Bestrebungen in dieser Epoche bestand im Kampf um Katholikenemanzipation und eine von Großbritannien unabhängige Regierung. Daraus entwickelte sich ein irischer Nationalismus (Gaelic League), der Irland seine eigene Kultur und Sprache wiedergeben wollte, um Irlands Recht unter den Nationen der Welt herauszustellen und schließlich auch Großbritannien davon zu überzeugen, die eigenständige irische Nation anzuerkennen. Je mehr sich jedoch die irische Nation als katholisch verstand, desto klarer wurde der protestantische Norden ausgegrenzt, und Ulster trieb man auf die Seite des protestantischen Großbritanniens. Die irischen Abgeordneten wollten sich aus Westminster zurückziehen, um in Dublin ein neues Parlament zusammentreten zu lassen. Dafür wurde 1905 die Partei Sinn Féin (wir selbst) gegründet. Doch als neue Kraft entwickelte sich in Irland die Arbeiterbewegung.

Irische Arbeiter kamen aus England zurück und schlossen sich in Belfast und Dublin der Arbeiterbewegung an. Ihr Ziel war es, sich vom Empire, zu lösen, was dazu führte, dass sich mittlerweile die unionistischen Gegenkräfte formierten. Sie vertraten die Ansicht, dass es Irland besser habe in einer Union mit Großbritannien. Die Entscheidung für Irlands Selbstverwaltung (Home Rule) fiel in Westminster 1911 mit dem Parliament Act, einem Gesetz des britischen Parlaments vom 10. August 1911, nachdem das Oberhaus die dritte Home Rule Bill für Irland nicht mehr verhindern konnte.

Am 18. September 1914 unterschrieb der englische König Georg V. die dritte Home Rule Bill mit der Maßgabe, dass sie erst nach dem Ende des Krieges in Kraft treten solle. Es kam daraufhin kurzfristig zu einer Art Burgfrieden, und es kämpften 200.000 irische Freiwillige in der re­gulären britischen Armee, von denen 60.000 fielen.

Government of Ireland Act
Über die dritte Home Rule Bill gingen indes die unruhigen Kriegszeiten hinweg. Stattdessen passierte nach dem Krieg eine vierte Home Rule Bill, der sogenannte Government of Ireland Act vom 23. Dezember 1920, das englische Parlament. Dieses neue Gesetz sah eine Trennung Irlands von Großbritannien vor und teilte Irland in einen unabhängigen Freistaat und ein weiterhin zum Vereinigten Königreich gehörendes Nordirland. Staatsoberhaupt aber sollte vorerst der englische König bleiben, auf den die irischen Parlamentsmitglieder einen festgeschriebenen Eid zu leisten hatten.

Beide Teile Irlands erhielten jeweils eigene Zweikammerparlamente nach englischem Vorbild. Dies führte im Süden dazu, dass eine Minderheit von protestantischen Grundbesitzern im Parlament übermäßig stark vertreten war. Überdies behielt sich Großbritannien das Recht vor, außenpolitisch beide irische Teile zu vertreten sowie über Krieg und Frieden zu entscheiden, also das gesamte irische Heer zu befehligen.

Es war keine nachhaltige Lösung, die man sich in London für Irland ausdachte. Sie befriedigte keine Seite. Die Unionisten des Nordens wollten weiterhin zu Großbritannien gehören. Der Freistaat im Süden unter Sinn Féin verlangte die völlige Unabhängigkeit von Großbritannien und deshalb eine Loslösung von Nordirland, also Freiheit vor Einheit. Im Gegensatz dazu forderten die katholischen Nationalisten unter ihrem charismatischen Politiker Éamon de Valera ein geeintes Irland ohne Großbritannien, also Freiheit und Einheit. 1926 gründete er vor allem aus Sinn-Féin-Mitgliedern die neue Partei Fianna Fáil (Soldaten Irlands) und war bis 1959 deren erster Vorsitzender. Im Parlament des Freistaates wurde seine Partei 1932 stärkste Kraft und er selbst zum Präsidenten des Exekutivrats gewählt.

Die von ihm geführte neue Regierung schaffte in einer der ersten Amtshandlungen den festgeschriebenen Eid auf die britische Krone ab. In der Folge von gut gemeinten Wirtschaftsreformen, die allesamt fehlschlugen, rutschte der Freistaat in eine langanhaltende Wirtschaftskrise. Dabei erstarkte die Irish Republican Army (IRA), eine militante irische Unabhängigkeitsbewegung, die vor allem mit Gewalt eine Loslösung Irlands von Großbritannien forderte. In dieser Zeit des Umbruchs entwickelte sich de Valeras Fianna Fáil zu einer staatstragenden Partei, und die IRA wurde von der Regierung unterdrückt und erfolgreich bekämpft.

1937 ließ de Valera eine neue Verfassung ausarbeiten. Aus dem „Irischen Freistaat“ (Saorstát Éireann) wurde „Irland“ (Éire), so der neue Staatsname. Der Präsident des Exekutivrats wurde zum Premierminister aufgewertet. „Vorrang gegenüber allen anderen Personen innerhalb des Staates“ hatte nun ein direkt vom Volk gewählter „Präsident von Irland“.

Verfassung von 1937
Anders als die IRA vertrat de Valera die Ansicht, dass eine Loslösung Irlands von Großbritannien fürderhin nur über den parlamentarischen Weg verwirklicht werden könne. Ein wichtiger Schritt bei dieser Loslösung war seine Neutralität im Zweiten Weltkrieg. Die öffentliche Meinung in Irland stand in dieser wichtigen Frage geschlossen hinter de Valera. Der Grund war wohl im alten Hass gegen Großbritannien zu suchen, der es undenkbar erscheinen ließ, noch einmal dessen Kriege auszufechten.

Der britische Premier Winston Churchill versprach den Iren zwar die Wiedervereinigung nach dem Zweiten Weltkrieg als Gegenleistung für den Kriegseintritt. Doch de Valera wollte davon nichts wissen, weil er nicht daran glaubte, dass Churchill die Unionisten Nordirlands zum Einlenken bringen könnte. So entging Irland den Schrecken des Zweiten Weltkrieges. Die Frage, ob Churchill sein Versprechen wahrgemacht hätte, ist ebenso offengeblieben wie die irische Frage.

Offen oder zumindest umstritten blieb vorerst auch die Staatsform Irlands. War das Commonwealth-Mitglied seit der Verfassungsreform von 1937 eine Repu­blik oder weiterhin eine Monarchie? Der „Präsident von Irland“ hatte „Vorrang gegenüber allen anderen Personen innerhalb des Staates“, aber hatte er auch den britischen König als Staatsoberhaupt abgelöst? Immerhin nannte sich Letzterer immer noch „König von Großbritannien, Irland und den britischen Dominions“. Und war Irland noch Mitglied des Commonwealth?

Hier brachte nun vor 75 Jahren der Republic of Ireland Act Klarheit. Bewusst wurde allen Verbindungen zu Großbritannien eine Absage erteilt. Irland war nun explizit eine Republik und sein Staatsoberhaupt der Präsident. Für Indien war kurz zuvor die Möglichkeit geschaffen worden, trotz der Abkehr von der Monarchie Mitglied des Commonwealth zu sein. Irland machte von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch.

Im Ireland Act 1949 akzeptierte Großbritannien die Entscheidung Irlands. 1952, im Jahre des Thronwechsels von Georg VI. zu Elisabeth II. wurde der Titel des Monarchen entsprechend von „König(in) von Großbritannien, Irland und den britischen Dominions“ in „König(in) des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland sowie ihrer/seiner anderen Reiche und Territorien“ angepasst.

Hochsymbolisch war das Datum, an dem der Republic of Ireland Act in Kraft trat. Mit dem 18. April 1949 war es der Ostermontag jenes Jahres. 33 Jahre zuvor, am Ostermontag 1916, hatte er angefangen, der legendäre Osteraufstand.

Heinrich Prinz von Hannover, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, Königlicher Prinz von Großbritannien und Irland, ist ein Urenkel Kaiser Wilhelms II. und ein Urururenkel König Ernst Augusts I. Er arbeitet als Verleger in Göttingen.


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