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Seit Jahrtausenden zur Kasse gebeten: „Der arme Steuerbürger“, Skulptur vor dem Finanzamt im niedersächsischen Quakenbrück
Foto: imago/Werner OttoSeit Jahrtausenden zur Kasse gebeten: „Der arme Steuerbürger“, Skulptur vor dem Finanzamt im niedersächsischen Quakenbrück

Fiskus

Von der grenzenlosen Kreativität des Steuerstaats

Abgaben auf Busen, Fenster, Schuhe oder Blaubeeren: Seit Jahrtausenden blüht der Einfallsreichtum der Herrschenden, wie sie ihren Bürgern und Untertanen in die Tasche greifen können

Wolfgang Kaufmann
26.05.2024

Steuern, das heißt Zwangsabgaben an den Staat oder einen Herrscher ohne Anspruch auf Gegenleistungen, wurden schon im 3. Jahrtausend v. Chr. erhoben. Damals kassierten die Pharaonen erstmals Erntesteuern und Nilzölle. Parallel dazu waren in den mesopotamischen Stadtstaaten Abgaben auf Erträge aus Viehhaltung und Fischfang üblich. Später kam es dann auch zur Einführung sehr merkwürdiger oder exzessiver Steuern.

So verfiel der zehnte Herrscher der chinesischen Zhou-Dynastie namens Li Wang auf die Idee, das Trinken von Wasser zu besteuern. Das führte allerdings 842 v. Chr. zu seinem Sturz. Etwas vorsichtiger agierte der Begründer der Han-Dynastie, Gaozu, der ab 206 v. Chr. eine Extrasteuer von unverheirateten Frauen im Alter von 15 bis 30 Jahren verlangte. Während der Zeit zwischen 1644 bis 1912, als China unter der Kontrolle der Qing-Dynastie stand, herrschte zudem Steuerpflicht für die Besitzer von Schuhen, wobei am Ende freilich auch die Barfüßigen ihren Obolus entrichten mussten. Und in der Frühzeit der Republik China nahmen manche Warlords Geld von Menschen, die einfach bloß in der Sonne sitzen wollten.

Als Kuriosum gilt darüber hinaus die Bruststeuer im indischen Fürstentum Travancore, welche erst 1924 abgeschafft wurde: Frauen der niederen Kasten durften ihre Brüste nur verhüllen, wenn sie dafür zahlten. Wobei sich die Höhe der Steuer nach der Größe des Busens richtete. Im Japan des 17. Jahrhunderts erhob der fünfte Shogun der Tokugawa-Dynastie dahingegen eine Zwangsabgabe zugunsten herrenloser Hunde, weil er glaubte, selbst Wiedergeburt eines Hundes zu sein. Mit dem eingenommenen Geld finanzierte der „Hundeshogun“ Tsunayoshi die luxuriöse Unterbringung und Beköstigung der Streuner.

In Europa waren die Zustände oft ähnlich bizarr. Vor der Hundesteuer, die britische Hundebesitzer ab 1796 an den Staat abführen mussten, gab es in England schon eine sogenannte Schildsteuer, die von denjenigen Vasallen zu entrichten war, welche keine Ambitionen hatten, an den militärischen Abenteuern ihrer Lehnsherren teilzunehmen. Als Erfinder dieser Steuer gilt König Heinrich I., der den Thron im Jahre 1100 bestieg.

Später erhob die Kolonialmacht Großbritannien eine ganze Reihe von Steuern in ihren überseeischen Herrschaftsgebieten, wobei diese Abgaben oft wie ein Katalysator wirkten, der die Dekolonisierung beschleunigte. So war es beispielsweise bei der Salzsteuer in Britisch-Indien, die zu Preisaufschlägen beim Verkauf des Salzes an die Endverbraucher um bis zu 4000 Prozent führte. Als Mahatma Gandhi im April 1930 eine groß angelegte Kampagne gegen die Salzsteuer entfachte, markierte dies den Anfang vom Ende des britischen Kolonialismus in Indien.

Eine Abgabe, die krank machte
Eine weitere menschenverachtende Steuer wurde zwischen 1885 und 1923 in der nunmehr eigenständigen früheren britischen Kolonie Kanada eingetrieben. Dabei handelte es sich um eine Kopfsteuer, welche ausschließlich von chinesischen Einwanderern zu entrichten war. Ihre Höhe lag 1903 bereits bei 500 Dollar, also dem doppelten Jahreseinkommen normaler Arbeiter.

Zu den weiteren steuerlichen Übeln in Großbritannien zählten die ab 1712 obligatorische Steuer auf Zeitungen und ähnliche Publikationen sowie die von 1696 bis 1851 erhobene Fenstersteuer. Letztere führte zu erbärmlichen hygienischen Verhältnissen, weil die Häuser der Armen immer weniger Fenster erhielten. Dennoch machte dieses unselige Beispiel Schule. So verlangten auch die französischen Besatzer in den Niederlanden seit 1796 Steuern auf Türen und Fenster, was ebenfalls eine Bauweise zur Folge hatte, welche der Volksgesundheit schadete.

Apropos Holland: Hier wurde zwischen 1753 und 1927 bei vier Gelegenheiten eine Steuer auf Spielkarten eingeführt und später wieder abgeschafft. Dazu kam von 1795 bis 1813 die Besteuerung von Perückenpulver: Für eine Jahreslizenz zur Verwendung des Konservierungsmittels musste der modebewusste Bürger seinerzeit einen Golddukaten berappen.

Paradebeispiel Schaumweinsteuer
Auch im 20. Jahrhundert ging das phantasievolle Melken des Steuerzahlers munter weiter. Den Anfang machte Frankreich mit einer Klaviersteuer in Höhe von zehn Francs pro Instrument, die immerhin fünf Millionen Francs pro Jahr in die Staatskasse spülte. Darüber sehr erfreut legte die Regierung in Paris 1910 mit einer Spielautomatensteuer nach, die schließlich auch für Billardtische, Dartscheiben und Musikanlagen in Hotels oder Restaurants erhoben und erst 2015 abgeschafft wurde. Ebenso wollte der französische Fiskus von der Vorliebe des Publikums für Erotikstreifen à la „Emanuelle“ profitieren und kassierte daher von 1974 bis 2021 Steuern von den Konsumenten von Kinofilmen „für Erwachsene“.

In Österreich wiederum wurden Steuern auf Hausangestellte sowie den Besuch von Weinstuben und Kabarettveranstaltungen fällig, während in Italien ständige Aufschläge auf den Benzinpreis dominierten. Diese dienten beispielsweise der Finanzierung des Krieges in Äthiopien 1935/36, der Bewältigung der Folgen der Suezkanalkrise 1956, der Absicherung der italienischen Beteiligung an den UN-Missionen im Libanon und in Bosnien ab 1978 beziehungsweise 1992 sowie dem Wiederaufbau nach Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und Erdbeben.

Heute sieht die Steuerwelt auch nicht viel besser aus, wobei manche der Abgaben aus politischen Entscheidungen resultieren, an die sich kaum noch jemand erinnern kann. Ein typisches Exempel hierfür ist die deutsche Schaumweinsteuer. Deren Einführung erfolgte im Jahr 1902 zu dem erklärten Zweck, einen Beitrag zur Finanzierung der kaiserlichen Kriegsflotte zu leisten. Diese existiert zwar bereits seit 1919 nicht mehr, aber die Sektkellereien zahlen immer noch 1,02 Euro pro Flasche in die Bundeskasse, wodurch im Jahr rund 400 Millionen Euro zusammenkommen. Noch älter ist die seit dem 19. Jahrhundert erhobene Tanzsteuer, wobei die Einnahmen hier den Kommunen zugutekommen.

In anderen Ländern ist der Staat ebenfalls sehr einfallsreich, wenn es darum geht, die leeren öffentlichen Kassen zu füllen. Besonders gilt das für Italien, wo die Bürger aktuell auch eine Steuer in Höhe von einem Euro pro 5000 Kilowattstunden entrichten müssen, um Phantomkraftwerke zu finanzieren.

Für Kraftwerke, die es gar nicht gibt
Ursprünglich sollte mit dem Geld ein Fonds zur Entschädigung von Gemeinden gespeist werden, welche sich bereit erklärt hatten, neue Atomkraftwerke in ihrer Umgebung zu dulden. Allerdings stimmten die Italiener 1987 in einem nationalen Referendum gegen den Bau solcher Anlagen. Des Weiteren müssen in Italien die Betreiber von Lokalen eine Steuer entrichten, wenn ihre Sonnenschirme im Außenbereich den öffentlichen Raum „verdunkeln“.

Im US-Bundesstaat Pennsylvania wiederum gibt es eine Luftsteuer – glücklicherweise (noch) nicht fürs Atmen, sondern für das Aufpumpen von Autoreifen an Selbstbedienungsstationen. Darüber hinaus erhebt der Bundesstaat Maryland eine Spülkastensteuer für die Nutzung der Abwassersysteme. Und in Maine, wo 90 Prozent aller Blaubeeren in den USA geerntet werden, profitiert der Staat davon, indem er seit 1997 eine Blaubeersteuer in Höhe von 75 Cent pro Pfund kassiert.

„Freiwilligkeit“ auf nordkoreanisch
Manche der in jüngster Zeit neu eingeführten Steuern dienen freilich weniger der Füllung des Staatssäckels als der Umerziehung und Verhaltensbeeinflussung im angeblichen Dienst der Umwelt oder der Gesundheit der Bürger. Derartige Steuern sind unter anderem die 2009 im US-Bundesstaat Illinois eingeführte Abgabe auf Süßigkeiten, welche kein Mehl enthalten, die seit 2017 übliche Cola-Steuer in der spanischen Region Katalonien sowie die Fettsteuer in Höhe von 14,5 Prozent, die seit 2017 in Indien mit dem erklärten Ziel erhoben wird, den Konsum von Fast Food zu verteuern und damit zu reduzieren.

Umweltsteuern treffen dagegen momentan vor allem die Produzenten von Abfall oder Verursacher von Verschmutzungen, wie beispielsweise jene Personen, die ihren Kaugummi auf die Straße spucken und dafür in Südkorea pauschal mit 1,8 Prozent des Kaufpreises zur Kasse gebeten werden.

Die Regierung in Seoul ist überhaupt recht findig, wenn es darum geht, neue Steuern festzusetzen, die in Treuhandfonds für „gesellschaftlich nützliche Initiativen“ fließen. Südkoreanische Kinobesucher müssen seit 2003 Aufschläge auf die Eintrittskarten in Höhe von drei Prozent hinnehmen, und Golfspieler, Reitsportler und Skifahrer trifft es ebenfalls. So wird jedes Mal eine Verbrauchssteuer von umgerechnet rund acht Euro fällig, wenn ein Golfer den Platz verlässt. Und neuerdings diskutiert man in Südkorea sogar über die Einführung einer Robotersteuer, um die Verdrängung menschlicher Arbeitskräfte einzudämmen und das Rentensystem zu sanieren.

Angesichts all dessen könnte der geplagte Südkoreaner geneigt sein, einen neidvollen Blick ins benachbarte Nordkorea zu richten. Denn dieses Land verlangt als einziges auf der Welt keine Steuern von seinen Bürgern, seit die Oberste Volksversammlung der Demokratischen Volksrepublik Korea am 1. April 1974 ein Gesetz zur Abschaffung dieses angeblichen Überbleibsels der kapitalistischen Klassengesellschaft verabschiedet hat. Allerdings gibt es dabei – wie fast immer im Leben, wenn etwas zu schön klingt – einen Haken: „Freiwillige“ Geld- und Sachspenden für gesellschaftlich wichtige Vorhaben sind im Reich von Kim Jong-un immer gern gesehen beziehungsweise gar erwünscht.

20 Euro fürs Grillen?
Ansonsten steht zu erwarten, dass die übrigen Staaten zukünftig vor allem den Kampf gegen den angeblich menschengemachten Klimawandel zum Vorwand nehmen, um ihren Bürgern noch mehr Geld abzupressen. Ein diesbezüglicher Versuch in der belgischen Region Wallonien scheiterte indes vor einigen Jahren. Damals war geplant, für jeden privaten Grillabend eine Klimaschutzabgabe von 20 Euro zu erheben. Schließlich setzten sich jedoch die Kritiker des Vorhabens durch, wobei deren Begründung lautete, die Überwachung der Grillsaison mittels Drohnen sei einfach zu aufwendig. Aber sicher kommt die Grillsteuer demnächst bald wieder in irgendeinem „fortschrittlichen“ EU-Land aufs Tapet.


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Kommentare

Valentina Selge am 27.05.24, 05:50 Uhr

Das ist tröstend zu wissen, wieviele Versuche der Kleptomanie es gab. Aber ich befürchte, dass im Moment die größte Enteignungswelle der Geschichte läuft in deutschen Nachlass- und Vormundschaftsgerichten. Wenn man die Seite der Justizopfer in Österreich ansieht, sprechen die von Nazinetzwerken. Da gibt es die systematische Entmündigung von Erben, damit die Erbschaft in die "richtigen" Hände kommt. Das hat Züge von systematischer Kleptomanie wie es im dritten Reich mit dem Holocoust war. Kleptomanie und notorische Betrüger sind psychisch unheilbar gestört. Offenbar vererbt sich das.
Vermieter können davon berichten, dass es üblich ist, einfach nicht zu zahlen oder einfach die Nebenkosten nicht zu zahlen. Das interessiert diese Regierung aber nicht. Diese Rechtslücke existiert seit 30 Jahren im Mietrecht. Das ist nur ein Beispiel. Die Freunde der ehemaligen Hausbesitzer sitzen jetzt auf der Regierungsbank, Klauen ist schön, finden sie.

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