11.03.2025

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Wohnen frisst heutzutage gerade bei den unteren Einkommen 50 Prozent und mehr des Verdiensts im Monat auf
Bild: action pressWohnen frisst heutzutage gerade bei den unteren Einkommen 50 Prozent und mehr des Verdiensts im Monat auf

Wohnen

Mieten und Wohnungsmangel als gesellschaftliche Zeitbombe

Die deutsche Baubranche hat nach der Bundestagswahl sehr große Erwartungen an die neue Regierung und fordert schnellen Bürokratieabbau

Hermann Müller
11.03.2025

Die Linkspartei hat im Bundestagswahlkampf den Mangel an bezahlbarem Wohnraum intensiv zum Thema gemacht und damit vor allem in Großstädten sehr viel Zuspruch geerntet. Für die andere Parteien hat die Lage auf dem Wohnungsmarkt offenbar weit weniger Priorität.

In den Wahlprogrammen der Parteien waren durchaus Standpunkte zum Wohnungsbau enthalten. Auf den Wahlplakaten und in den Wahlkampfreden dominierten andere Themen. Tatsächlich konnten die Parteien der gescheiterten Ampelkoalition auch kaum darauf hoffen, mit ihrer Wohnungsbaupolitik bei den Bürgern zu punkten. Versprochen hatte die Regierung den Bau von 400.000 neue Wohnungen pro Jahr. Dieses Ziel wurde jedoch Jahr für Jahr deutlich verfehlt.

Auch eine Besserung ist nicht in Sicht. Vergangenes Jahr wurden in Deutschland lediglich 216.000 Wohnungen genehmigt – der niedrigste Stand seit 2010. Wie das Münchner ifo-Institut berichtet, stieg der Auftragsmangel im Wohnungsbau zudem auf ein Rekordniveau. Dem in den letzten Jahren SPD-geführten Bauministerium ist es also nicht gelungen, für eine Trendwende beim Wohnungsbau zu sorgen.

Hoffnung auf einen „Versteher“
Allerdings taucht auch im 15-Punkte-Sofortprogramm, das die CDU Anfang Februar für den Fall einer Regierungsübernahme beschlossen hatte, kein Wort zum Wohnungsbau auf. Kurz nach der Bundestagswahl berichteten Medien dann auch noch, Friedrich Merz plane das Bauministerium abzuschaffen. Demnach soll er überlegen, das Thema Bau in einem Infrastrukturministerium mit Verkehr und Energienetze zusammenzulegen.

In der Bauwirtschaft kommt diese Idee eher nicht gut an. Thomas Reimann, Präsident des Verbands baugewerblicher Unternehmer in Hessen, warnt vor einem elementaren Fehler: „Die Bauwirtschaft würde dann in dem neuen Ministerium untergehen, und dann sehen wir in vier Jahren bei der nächsten Bundestagswahl eine ganz blaue Karte.“ Der Verbandschef plädiert nicht nur für den Erhalt eines eigenständigen Bundesbauministeriums. Er hegt auch die Erwartung, das an der Spitze des Ministeriums jemand steht, „der das Thema verstanden hat“.

Der Wahlerfolg der Linkspartei und der Hinweis des hessischen Bauverbandschefs auf die Möglichkeit einer „ganz blauen Karte“ deuten an, welche politische Brisanz im Problem Wohnungsmangel steckt. Bei den Wählern der Linkspartei war laut einer Analyse von infratest dimap die soziale Gerechtigkeit das Thema, das am meisten bewegt hat. Neben gestiegenen Energiepreisen und teilweise drastisch erhöhten Preisen für Lebensmittel spielen die Wohnkosten dabei eine Hauptrolle: „Die Miete spürt man jeden Monat auf dem Kontoauszug. Hohe Mieten und entsprechend weniger verfügbares Nettoeinkommen für andere Dinge – das tut erst mal weh“, so Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB), gegenüber der „Berliner Zeitung“.

Gerade bei den Beziehern niedriger Einkommen schränken die Wohnkosten mittlerweile die finanziellen Spielräume extrem ein. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes mussten Personen, die nach 2019 in eine Wohnung gezogen sind, gut 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Miete ausgeben. Beim Blick ins Detail wird deutlich, dass sich für die unteren Einkommensgruppen die Wohnkosten zu einem massiven Problem entwickelt haben. Bei einem verfügbaren monatlichen Nettoeinkommen von 1500 und 2000 Euro werden mittlerweile im Durchschnitt bereits 44,7 Prozent des Einkommens nur für die Miete ausgeben. Familien mit einem Nettoeinkommen unter 1500 Euro im Monat geben sogar bis zu 60 Prozent des Gehalts nur für Miete aus.

Bauen als Wirtschaftsmotor
An die Möglichkeit, sich Wohneigentum zu schaffen, ist damit gar nicht zu denken. Wie das „Handelsblatt“ auf Grundlage einer sozio-ökonomische Analyse berichtet, haben in Deutschland weniger als zwölf Prozent der bis 40-Jährigen überhaupt genug Eigenkapital, um eine Immobilie zu kaufen. Für viele Unter-20-Jährige in Großstädten ist sogar schon ein Vertrag für eine Mietwohnung ein nicht bezahlbarer Luxus, ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft dagegen die Normalität. Entsprechend hoch dürfte die Anfälligkeit für radikale Vorschläge sein wie etwa die Enteignung von Wohnungsunternehmen.

Die Politik gefährdet mit ihrem Versagen beim Wohnungsbau allerdings nicht nur politischen Stabilität der Gesellschaft. Peter Hübner, Präsident des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, wies unlängst darauf hin, dass der Bau auch „ein Motor für die Binnenkonjunktur“ ist. Tatsächlich hat es eine neue Bundesregierung in der Hand, mit einem Bauprogramm für einen schnell wirkenden Konjunkturimpuls zu sorgen. Hilfreich wäre aus Sicht der Bauwirtschaft nicht nur eine finanzielle Hilfe des Staates, etwa über ein Zinsverbilligungsprogramme von unter einem Prozent Zins für die Wohnungswirtschaft: „Wir müssen auch an die Bürokratie ran“, so Bau-Präsident Hübner.


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