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Sieben Kilometer für die Landwirtschaft – Ein Wanderweg in der Oberpfalz klärt über die Herausforderungen der Bauern auf
Neben der Kritik an Bürokratie machen Landwirte oft auf die geringe Wertschätzung für ihren Beruf sowie die Unkenntnis des Verbrauchers über ihre vielfältigen Tätigkeiten und die Herkunft der Nahrungsmittel aufmerksam. Doch auch die mit dem sogenannten Klimawandel – Hitze, Dürre und Wasserknappheit einerseits, Starkregenereignisse andererseits – verbundenen Herausforderungen plagen die Bauern. Um diesen Defiziten entgegenzuwirken und die aktuelle Situation zu erklären, hat der Kreisverband Regensburg des Bayerischen Bauernverbandes im Sommer 2022 einen zirka sieben Kilometer langen Landwirtschaftsweg geschaffen, bei dem auf elf Tafeln verschiedene Aspekte der bäuerlichen Arbeit dargestellt werden.
Am Ortsausgang von der Oberpfälzer Gemeinde Sünching, an der Schule, steht die erste Tafel. „Damit alle mehr über die Arbeit auf den Höfen und Feldern erfahren“, heißt es im Einführungstext. Darin wird auch auf die Systematik der Tafeln hingewiesen. Auf allen Tafeln gibt es QR-Codes, die auf die Homepage von „Unsere Bayerischen Bauern“ führen, wo weitere Informationen abrufbar sind. Als Begleiterin stellt sich die Bäuerin Rita vor, womit die Initiatorin, frühere Regensburger Kreisbäuerin und Oberpfälzer Bezirksbäuerin Rita Blümel gewürdigt wird. Außerdem werden auf jeder Tafel Flora und Fauna der Umgebung vorgestellt. Die Wegdauer zu Fuß wird mit drei Stunden angegeben. Schneller geht es per Fahrrad, zumal die Strecke zum größten Teil befestigt oder zumindest ein Feldweg ist.
In den ersten Minuten lohnt sich – auch aus Landwirtschaftssicht – ein (Rück-)Blick auf Sünching. Denn die Gebäude der Südstärke GmbH, die Kartoffeln verarbeitet, sind unübersehbar. Folgerichtig ist der Kartoffel („eine tolle Knolle“) Tafel 2 gewidmet. Die dritte Tafel greift das Thema „Boden und Klimawandel“ auf. Hier geht es vor allem um die Fruchtfolge und den Anbau von Zwischenfrüchten. Verwiesen wird auch auf den Schutz des Wassers, der Luft und der Artenvielfalt. Das Getreide steht auf Tafel 4 im Zentrum. Man erfährt Wissenswertes über die Wasser- und Nährstoffversorgung (Dünger!), die regionalen Getreidesorten und die daraus entstehenden Produkte. Auch die Technik eines Mähdreschers wird erläutert.
Einige schon zuvor erörterte Aspekte betreffen auch die auf Tafel 5 behandelte Zuckerrübe, die als „ein kleines Kraftwerk“ charakterisiert wird. Denn sie bindet Kohlendioxid, setzt Sauerstoff frei und sorgt im Hauptprodukt für Zucker, daneben (aus Rübenresten) für Bioethanol (Kraftstoff) und Biogas.
Etwa zur Halbzeit, kurz vor dem Dorf Niederhinkofen, wird die altbekannte Frage gestellt: „Das Huhn und das Ei: Wer war zuerst da?“ Es geht um das Ei und das dafür zuständige Tier, im Detail um die Eierfarbe, die Legezahl und den Eierverbrauch, den Bezug zwischen Hahn und Huhn, die Haltung und den Strichcode auf den Eiern.
Etwa 15 Hühner hat Zuerwerbslandwirt Wolfgang Sturm. Seit zirka 190 Jahren ist der Landwirtschaftsbetrieb in Niederhinkofen in Familienhand. Doch die Rahmenbedingungen haben sich geändert. „Die Tendenz geht Richtung Nebenerwerb“, bestätigt er. Er selbst ist im Hauptberuf Berater bei mehreren niederbayerischen Maschinenringen. Die Tierhaltung haben die Eltern bereits im Jahr 1990 aufgegeben. Beim verbliebenen Ackerbau helfen die Eltern mit. Unterstützung kommt auch von Nachbarbetrieben. Lange bildeten Kartoffeln, Zuckerrüben und Getreide die hauptsächlich angebauten Feldfrüchte.
Zum Umdenken und zur Änderung des Anbauspektrums brachte ihn das Jahr 2018 mit den damaligen Wetter- und Klimakapriolen: ein feuchtes Frühjahr, dann ab April/Mai einige Monate überhaupt keine Niederschläge. „Beim Getreide und bei den Kartoffeln hatte ich wenig Ertrag. Das brachte mich zum Überdenken der bisherigen Systematik“, blickt der Bauer zurück. Eine Entscheidung war, den Anbau der Kartoffel, die viel Wasser braucht, ganz zu beenden. Stattdessen entschied er sich – auch um die Fruchtfolge zu variieren – für Raps, Mais und Leguminosen (Hülsenfrüchtler).
Die Grünen 14
Weitere Änderungen, die er vornahm, waren ab 2021 die pfluglose Bearbeitung der Felder und der Einstieg in die Direktsaat, die den Boden stärker schont. Dabei wird das Saatgut direkt in den unbearbeiteten Boden abgelegt. Dafür sind spezielle Geräte nötig. Eine Herausforderung bleibt die Grundwasserproblematik. „Der Boden muss sich über die Jahre umstellen. Für eine Zwischenbilanz ist es noch zu früh. Aber ich glaube, auf dem richtigen Weg zu sein“, erklärt Sturm. Er verweist zudem darauf, dass jeder Landwirt seine eigene Strategie hat und natürlich die vorhandene Bodenqualität ein entscheidender Faktor für Änderung ist.
Jedenfalls baut Sturm jetzt Früchte an, denen auf dem Landwirtschaftsweg sogar eigene Tafeln vorbehalten sind. Denn auf den Stationen sieben und acht stehen der „Alleskönner“ Mais und der Raps im Fokus – Letztgenannter ebenfalls ein Multitalent. Viel diskutiert wird das Tierwohl. „Unsere Tiere fühlen sich wohl“, lautet daher das Motto auf Tafel neun. Vor allem Schweine und Kühe werden erwähnt, die zeitgemäß gehalten werden und Grundlage für die Versorgung mit hochwertigen Nahrungsmitteln sind.
Mit dieser Tafel sind wir am Ortsrand von Aufhausen. An einem Aussichtsplatz im Ortszentrum befinden sich die letzten zwei Tafeln zu den Themen „Heimat der Vielfalt“ und „Die Grünen 14“. Bei „Heimat der Vielfalt“ geht es um Regionalität, saisonale Produkte, den Code für Milch, den Jahresturnus verschiedener Gemüse, das Reinheitsgebot, Qualitätssiegel, Bauernmärkte und die Ökomodellregionen. In „Die Grünen 14“ werden die 14 Ausbildungsberufe im Agrarsektor genannt und die fünf am weitesten verbreiteten kurz vorgestellt: Landwirt, Forstwirt, Gärtner, Imker und Hauswirtschaftskraft. Erwähnung finden auch die Landfrauen, die sich unter anderem in den Projekten „Schule fürs Leben“ und „Erlebnis-Bauernhof“ tatkräftig engagieren.
Je nach Jahreszeit und den Vorgaben der hier tätigen Landwirte begleiten rechts und links des Weges Felder und Flur in ihren jeweiligen Wachstums- und Entwicklungsphasen. Auch bäuerliche Betriebe – ob in den Dörfern oder Einzelgehöfte – liegen am Weg.
Der Weg ist für Schüler prädestiniert, aber natürlich auch für Wanderer, Radfahrer. Er kann auch in umgekehrter Richtung gewandert werden.