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„Waggon 1945 Dresden“ auf der Boulebahn – Symbol für den Krieg und seine schrecklichen Folgen
Viele Menschen mussten am Ende des Zweiten Weltkriegs, das sich in diesem Jahr zum 80. Mal jährt, weite Wege zurücklegen. Mit dem Waggon aus Allenstein in den Westen, mit dem Waggon nach Olsztyn aus dem Osten. Diesem furchtbaren Ausschnitt der deutschen und polnischen Geschichte widmete das Städtische Kulturzentrum in Allenstein einige Veranstaltungen, einschließlich der Einweihung eines neuen Denkmals.
Kaum etwas ist besser geeignet, um die Geschichte der 1940er Jahre in Mitteleuropa in nur einem Bild zusammenzufassen, als ein geschlossener Güterwaggon der Reichsbahn. Er symbolisiert den Transport von Soldaten der verschiedenen Armeen bei Kampfhandlungen, den Abtransport der jüdischen Bevölkerung und anderer unerwünschter Personen in Vernichtungslager, die Flucht, Evakuierung und Vertreibung der ehemaligen sowie die langen Wege der neuen Einwohner, die von den Mächtigen wie Spielfiguren auf einer Landkarte hin- und hergeschoben wurden.
Waggon als Denkmal auf dem Bouleplatz
Seit Herbst vergangenen Jahres steht im Zentralpark der Stadt Allenstein neben dem Museum der Moderne des Städtischen Kulturzentrums, das mit seinem Schornstein weithin sichtbar ist, ein Güterwaggon des Typs Dresden. Auf einer der drei Boule-Bahnen, die zwischen dem Museum und der Alle für das Freizeitvergnügen der Allensteiner sorgen sollen, wurde Kies aufgeschüttet. Darauf wurden zwei Schienen gelegt und auf diesem so entstandenen Gleis erinnert nun der Waggon als Denkmal an die bereits beschriebene Geschichte.
Ein Blick ins Innere zeigt die Kargheit, das Nichts, das die Menschen, die darin wie Vieh transportiert wurden, erdulden mussten. Ein kleiner Teil des Waggoninneren ist abgetrennt und ein Bollerofen symbolisiert den Versuch, Wärme zu erzeugen. Das scheint jedoch im Jahr 1945 nicht wirklich funktioniert zu haben, wie Irena Telesz-Burczyk berichtete. Die Schauspielerin des Allensteiner Jaracz-Theaters schilderte in ihrem Augenzeugenbericht leb- und bildhaft die furchtbaren hygienischen Bedingungen, erzählte vom dem Raureif und von dem Eis auf der Innenseite der Waggonwände.
Augenzeugen im Original und in Berichten
Für die anderen, die ihre Erlebnisse nicht mehr persönlich erzählen können, lasen unter anderem Vertreter des Städtischen Kulturzentrums und der Kulturgemeinschaft „Borussia“ aus Aufzeichnungen vor. Im Wechsel dazu wurden Aufnahmen von Gesprächen mit Betroffenen eingespielt und von Filmen der Zugfahrten begleitet, die auf die Innenwand des Waggons projiziert wurden. Im Hintergrund war dabei die ganze Zeit das stete, regelmäßige ratternde Geräusch der Bahnschwellen zu hören, das diese Menschen in der Realität auf ihrem Weg und ihr ganzes weiteres Leben in Träumen begleitet hat.
Beim Museum der Moderne war für einige Tage eine Ausstellung zu sehen, die von den Menschenströmen erzählte, die von und nach Allenstein gingen und kamen. Anschließend konnten Interessierte sie erweitert um persönliche Gegenstände von Menschen aus jener Zeit im Trolleybusdepot des Museums gründlicher studieren. Außerdem gab es einen Vortrag zur Armbinde eines Schaffners, der die Transporte begleitet hat, als emotionalen Aufhänger für Berichte über die tragischen Ereignisse.
Doch selbst damals gab es Menschen, die trotz allem ihre Menschlichkeit nicht vergessen hatten. Das beweist die Schilderung eines alten Herrn, die für die über 200 Gäste der Vorstellung des Waggons eingespielt wurde. Er erzählte, dass seiner Mutter damals ein Haus anhätte haben wollen. Doch als sie kurz darauf eintrat, stand noch das Essen der Vorbesitzer auf dem Herd und die komplette Einrichtung war vorhanden. Daraufhin sagte sie: „Das kann ich nicht annehmen.“
Ihr wurde erklärt, das seien nur Deutsche gewesen, die bald nicht mehr da wären. Darauf habe sie entschieden geantwortet: „Nein. Das sind doch Menschen, die hier leben.“
Wenn in der heutigen Zeit wieder einmal von „Wir und Ihr“, von Feinden die Rede ist, sollte man vielleicht einmal an diese Frau mit großem Herz denken.