09.06.2025

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Die „Villa Rosa“ ließ Oppenheim von seinem Freund Gottfried Semper als eine von zwei Prachtgebäuden in Dresden bauen, die der Renaissance-Villa La Rotonda im norditalienischen Vicenza sehr stark ähnelte
Bild: WikimediaDie „Villa Rosa“ ließ Oppenheim von seinem Freund Gottfried Semper als eine von zwei Prachtgebäuden in Dresden bauen, die der Renaissance-Villa La Rotonda im norditalienischen Vicenza sehr stark ähnelte

Geschäftssinn

Eine Frage des Geldes

Die jüdische Bankiersfamilie Oppenheim war ein kluger Finanzjongleur für Preußen sowie Dresden

Wolfgang Kaufmann
09.06.2025

Im Dezember 1755 erteilte Friedrich der Große dem jüdischen Handelsmann Mendel Joseph aus Schoten an der Memel ein Schutzprivilegium, das ihm die Niederlassung in Königsberg ermöglichte. Joseph starb allerdings schon 1758, woraufhin seine Witwe Rahel noch zwei weitere Ehen einging. Die Söhne Josephs nahmen schließlich den Namen ihres zweiten Stiefvaters, des Königsberger Schutzjuden und Kaufmanns Süßkind Oppenheim, an. Der älteste Sprössling von Rahel und Mendel Joseph, Wolff Mendel Oppenheim, eröffnete später ein privates Geldinstitut in der ostpreußischen Hauptstadt, welche nach dem Siebenjährigen Krieg zu einem wichtigen Finanzzentrum avancierte.

Sein einziger männlicher Nachfahre Mendel Wolff, der am 1. Februar 1781 in Königsberg geboren wurde, stieg ebenfalls ins Bankgewerbe ein und wurde Teilhaber des Handels- und Bankhauses Oppenheim & Warschauer, dessen Gründung im Jahre 1803 erfolgt war.

Jüdische Assimilierung
Infolge des von König Friedrich Wilhelm III. erlassenen „Edikts betreffend die bürgerlichen Verhältnisse der Juden in dem Preußischen Staate“ vom 11. März 1812, durch das die bislang zumeist als Wucherer stigmatisierten Juden zu national gesinnten Besitzbürgern und gleichberechtigten preußischen Untertanen gemacht werden sollten, eröffneten sich den jüdischen Privatbankiers viele neue Chancen. So wurden sie während der Zeit der Frühindustrialisierung zu den wichtigsten Trägern des Kreditwesens in Preußen. Das nutzte auch Mendel Wolff Oppenheim, um profitable Geschäfte zu machen.

Ein weiterer großer Schritt im Prozess der Assimilierung der Familie Oppenheim war die Taufe von Mendel Wolff Oppenheim und dessen Frau Rosa am 7. April 1826 parallel zur Taufe der Kinder des Paares. Seitdem trug Oppenheim nicht mehr die Vornamen Mendel Wolff, sondern Martin Wilhelm.

Einbürgerung für Grundbesitz
Während einer Reise nach Italien im Winter 1830/31 lernte der wohlhabende Königsberger Bankier den aufstrebenden jungen Architekten Gottfried Semper kennen. Möglicherweise sorgte Oppenheim durch seine Protektion dafür, dass Semper 1838 mit dem Bau der Synagoge von Dresden betraut wurde. Auf jeden Fall zog es Oppenheim bald ebenfalls in die sächsische Residenzstadt. Dem vorausgegangen waren zwei wichtige Ereignisse.

Zum einen trat Oppenheims ältester Sohn Rudolph 1839 als Teilhaber in das Familienbankhaus ein, was Oppenheim senior zum Anlass nahm, sich zur Ruhe zu setzen und als Privatier nach Berlin überzusiedeln.

Andererseits aber stimmten die Dresdner Stadtverordneten dem Antrag Oppenheims auf Einbürgerung in „Elbflorenz“ zu. Das war die Voraussetzung dafür, dass der Preuße Grundbesitz in Dresden erwerben konnte. Denn er verfolgte die Absicht, nicht sonderlich lange in Berlin zu verweilen, sondern seiner Tochter Elisabeth, die den Miniaturenmaler August Johann Grahl geheiratet hatte, nach Sachsen zu folgen.

Bevor der Umzug stattfand, gab Oppenheim bei Semper zwei Prachthäuser für den Sommer und den Winter in Auftrag. Das Erstere erhielt den Namen „Villa Rosa“ und ähnelte der Renaissance-Villa La Rotonda im norditalienischen Vicenza, welche im 16. Jahrhundert von dem berühmten Architekten Andrea di Pietro della Gondola alias Palladio errichtet worden war.

Exzentrisch-kostspielige Bauten
Das neue Domizil der Oppenheims stand in der Holzhofgasse in der Dresdner Antonstadt. Hier nahm die Familie 1840 Quartier. Bis 1847 erfolgte dann zudem noch der Bau des Palais Oppenheim im Stil der Neurenaissance im Englischen Viertel an der Bürgerwiese. Für das Grundstück musste Oppenheim, der zu den wohlhabendsten Einwohnern von Dresden zählte, tief in die Tasche greifen.

Und auch das repräsentative Gebäude selbst, welches neben dem Opernhaus und der Gemäldegalerie zu den wichtigsten Schöpfungen Sempers in dessen Dresdner Zeit gehörte, verschlang erhebliche Mittel. Dafür diente es dann als viel besuchter Treffpunkt für das gehobene Bürgertum und die Wissenschafts- und Kunstszene der Stadt.

Unterstützung im Exil
Nach dem gescheiterten Dresdner Maiaufstand von 1849 musste der Republikaner und „Haupträdelsführer“ Semper ins Exil gehen, woraufhin Oppenheim sich bei seinen früheren Geschäftspartnern in Paris dafür einsetzte, dass sie den Architekten unterstützten.

Martin Wilhelm Oppenheim verstarb am 10. Oktober 1863 im Alter von 82 Jahren an einem Schlaganfall in der Villa Rosa. Sein Grabmal auf dem Dresdner Trinitatis-Friedhof wurde ebenfalls von Semper entworfen und ist bis heute erhalten geblieben.

Dahingegen existieren die beiden Häuser des jüdischen Bankiers und Mäzens aus Königsberg nicht mehr: Die Villa Rosa brannte am 13. Februar 1945 aus und wurde im Jahre 1955 abgerissen.

Ein ähnliches Schicksal wartete auf das Palais Oppenheim. Das fiel ebenfalls den britischen und amerikanischen Brandbomben zum Opfer, wobei die Ruine anschließend noch bis Ende April 1951 verwitterte. Dann erfolgte die Sprengung der Reste des Gebäudes, um Platz für einen Treffpunkt der „Jungen Pioniere“ zu schaffen. Dieser kam dann allerdings im Schloss Albrechtsberg unter, dem früheren Domizil des wegen einer Mesalliance vom Berliner Hof verbannten Prinzen Albrecht von Preußen.


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