11.03.2025

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Das Bass-Begräbnis bedeutet, dass für die Zeit des Fastens – also von Aschermittwoch bis Ostern – auch der Spaß ein bisschen begraben werden soll
Bild: WagnerDas Bass-Begräbnis bedeutet, dass für die Zeit des Fastens – also von Aschermittwoch bis Ostern – auch der Spaß ein bisschen begraben werden soll

Östlich von Oder und Neiße

Wenn Teufel, Bär und Zigeunerin durchs Dorf ziehen

In Oberschlesien werden wieder ganz politisch unkorrekt Traditionen zelebriert

Chris W. Wagner
10.03.2025

Mit dem „Fett-Donnerstag“ oder „schmotzigen Donnerstag“ hat in Oberschlesien der Karneval begonnen. An diesem Tag werden kiloweise Kreppel – in anderen Regionen als Krapfen, Pfannkuchen oder Berliner bekannt – verzehrt. Früher backte man sie selbst und einer wurde anstatt mit Marmelade mit Senf gefüllt. Wer den erwischte, hatte zwar im ersten Moment Pech, aber dafür, so glaubt man, das ganze Jahr über Glück.

Nur noch in wenigen oberschlesischen Dörfern wird der mittelalterliche Brauch des Bärentreibens gepflegt. Das oberschlesische „kludzenie Bera“ – wie es in der slawisch deutschen Mischsprache heißt, ist im etwa 20 Kilometer südöstlich von Oppeln [Opole] entfernten Danietz [Daniec] zu Hause. Dabei zieht eine Gruppe verkleideter, meist junger Dorfeinwohner, von Haus zu Haus. An der Spitze des Umzuges wird ein Mann im aus Stroh geflochtenen Bärenkostüm getrieben. Die Gruppe sammelt Süßigkeiten, Geld, oft auch Alkohol, und fordert Hausfrauen zum Tanz mit dem Bären auf. Auch dieser Tanz soll den Hausbewohnern für das ganze Jahr Glück bescheren. Zur Gesellschaft dieses Faschingsumzuges gehören neben dem an der Leine geführten Bären ein Schornsteinfeger, ein Förster, eine Zigeunerin, der Teufel, ein Pfarrer, ein Arzt, ein Polizist, der Tod und ein Hochzeitspaar, das von Musikanten begleitet wird.

Der Bär symbolisiert das Böse, und das Bärentreiben soll symbolisch das Schlechte aus dem Dorf vertreiben. Vor einiger Zeit wurde der Brauch in Raschau [Raschowa] in der Gemeinde Tarnau [Tarnów Opolski] wieder eingeführt. Weil dort zum Bärentanz dazugehört, dass man am Stroh des Bärenkostüms zupft, laufen gleich zwei Strohbären im Umzug mit. So bleibt am Ende wenigstens einer von beiden noch halbwegs unversehrt.

Vor 30 Jahren wurde das Bärentreiben in Miedar [Miedary] in der Gemeinde Broslawitz [Zbrosławice] wieder eingeführt. „Als unsere Großeltern uns damals sahen, weinten sie vor Glück“, berichtet Paweł Pluta in der regionalen Wochenzeitung „Gwarek“. Das Bärentreiben erlosch in Miedar in den 70er-Jahren, nicht aber im benachbarten Koppinitz [Kopienica], wo sich die Miedarer Nachhilfe holten. „Es ist gar nicht so einfach, das Stroh zum Kostüm zu flechten, dass es auch hält. Am schwierigsten ist der Kopf“, sagt Pluta, der seit 30 Jahren als einziger von der alten Truppe dabei ist. „Einige sind nach Deutschland umgesiedelt, andere haben geheiratet und sind weggezogen. Dennoch wird die Tradition jedes Jahr fortgesetzt“, sagt er. Den größten Lärm beim Umzug würden die Musikanten auf der Ziehharmonika und den Trommeln machen, berichtet er. Traditionell fand das Bärentreiben am Dienstag vor Aschermittwoch statt. „Der Umzug führte auch in die Schule und war für Kinder eine Art lebendige Lektion in Religion“.

Doch im Laufe der Zeit hätte man den Termin auf den letzten Sonnabend der Karnevalszeit verlegt. Der Grund: Die Teilnehmer hatten Schwierigkeiten, für diesen Tag Urlaub zu bekommen. Zudem findet noch ein obligatorischer Tanzabend statt. Höhepunkt ist die symbolische „Tötung des Bären“, die der verkleidete Förster erledigt, und das Trinken des Bärenbluts. „Keine Angst, das Blut wird durch Glühwein ersetzt“, beruhigt Pluta.

Ein ebenfalls etwas makabrer Brauch ist das „Bass-Begraben“. Im Rahmen eines Tanzabends, am Dienstag, wird der Brauch also vor Aschermittwoch kurz vor Mitternacht begangen. Dabei wird eine Basstrompete oder ein Kontrabass in einem Sarg zu Grabe getragen. Ein Teil des Dorfes nimmt an dem Beerdigungszug teil, es gibt Klageweiber, Trauerreden und Trauermusik. Dafür wird Wochen davor geprobt. In Oberwitz [Obrowiec] bei Krappitz [Krapkowice] wird dieser Abend von der Jugend gestaltet. Tipps holen sie sich bei den Alten. „Das Begräbnis des Instruments bedeutet, dass man sich vom Spaß für die Zeit des Fastens verabschiedet. Ich feiere gerne, aber es muss auch Zeit zum Ausruhen geben“, sagt Patrycja Krawiec in der Rolle eines Klageweibes.

Mit dem Bass-Begräbnis endet der Karneval und die Fastenzeit beginnt, in der alle Instrumente schweigen sollen. Doch nach 40 Tagen wird der Bass erneut erklingen, dann kann der Spaß wieder losgehen und das Leben bunt und froh gefeiert werden.


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