10.10.2024

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Östlich von Oder und Neiße

Am Skat erkennt man den Schlesier im Land

Polens Skatverband hat Ligabetrieb in Oberschlesien, Großpolen und der Kaschubei

Till Scholtz-Knobloch
09.09.2024

„Achtzehn, Zwanzig, Zwo, Null...“, wird man hören, wenn am 7. September im Dokumentations- und Ausstellungszentrum der Deutschen Minderheit in Polen (DAZ) mit Sitz im oberschlesischen Oppeln [Opole] zum Skat geladen wird. Für die Europäischen Tage des kulturellen Erbes entschied man sich im Zentrum dafür, das Skatspiel als deutsches Kulturerbe zu präsentieren. „Auf die Idee, Skat zum Motto einer generationsübergreifenden Begegnung zu machen, brachten uns Freunde vom Forschungszentrum der deutschen Minderheit in Oppeln“, so Bogna Piter, die im befreundeten Dokumentationszentrum für Öffentlichkeitsarbeit und Ausstellungen zuständig ist.

Sie berichtet von Archivmaterial aus der Gründungszeit der Strukturen der deutschen Volksgruppe in Oberschlesien um 1989/90, die belegen, dass „das Skatspiel eine wichtige Rolle für die deutsche Minderheit spielte. Plakate, Handzettel oder Chronikeinträge zeugen von regulären Skatbegegnungen, die auch als Vorwand zum Deutschsprechen dienten“, sagt Piter. Und weil im Dokumentationszentrum ein großer Teil der Dauerausstellung der in den 90er Jahren gegründeten Gesellschaft der Deutschen Minderheit gewidmet ist, sei es passend, an das Lieblingsspiel der hiesigen Deutschen zu erinnern, so die Posenerin.

Quellen belegen, dass sich das Spielen mit Karten als solches im letzten Drittel des 14. Jahrhunderts in allen gesellschaftlichen Schichten ausbreitete. Für Schlesien ist es erstmals in einem Bericht von Johannes Capistramus aus Breslau von 1453 belegt. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Spielkarten noch handwerklich hergestellt, die Produktion war jedoch bereits staatlich lizenziert. Rund 150 Spielkartenmacher vor allem in Breslau, Schweidnitz [Świdnica], aber auch im oberschlesischen Neisse [Nysa] hatten in Spitzenzeiten mit der Produktion der Karten ihren Lebensunterhalt verdient. Zwei Verlage konnten sich später jedoch durch den Druck von Spielkarten durchsetzen. Es waren dies die Werkstätten der Familie Tiratschek in Breslau und der Verlag Flemming & Wiscott in Glogau [Głogów]. Zwischen 1924 und 1945 hat der Glogauer Verlag allein 156 verschiedene Kartenspiele herausgegeben.

Das Skatspiel entstand um 1810 herum in Altenburg in Thüringen aus Elementen mehrerer anderer Kartenspiele, wie etwa dem spanischen l'hombre, dem italienischen Tarock, dem ursprünglich aus dem Erzgebirge stammenden Schafkopf. Nach dem Etymologischen Wörterbuch der deutschen Sprache von Friedrich Kluge ist der Begriff Skat vom italienischen „scartare“ – was „aus dem Kartenspiel entfernen“ bedeutet – abgeleitet, was wiederum auf das Abwerfen zweier Karten im Tarock zurückzuführen ist. Der Deutsche Skatverband (DSkV) wurde 1899 in Halle (Saale) gegründet. Bereits zu Beginn gab es regionale Differenzen, ob mit dem Deutschen oder dem Französischem Blatt oder als „Kompromiss“ mit „Kongresskarten“ (halb und halb) gespielt werden sollte. Schlesien blieb wie Sachsen und Thüringen bis heute den deutschen Karten treu.

Zur Bewährungsprobe für die Einheitlichkeit der Regeln wurde die Gründung der „International Skat Players Association“ (ISPA-World) 1976 in Paris. Deren deutsche Regionalsektion konkurrierte zunächst mit dem DSkV. Seit Ende der 90er Jahre gab es aber Kontakte, man einigte sich auf eine weltweit einheitliche Spielordnung. Der kleine polnische Skatverband, mit seinen 13 oberschlesischen Kreisverbänden und einem Kreisverband für die Kaschubei, Großpolen und Kujawien, wurde 1994 zunächst sogar im DSkV assoziiert. Bei den wenigen Spielorten außerhalb Oberschlesiens handelt es sich also auch um einstige deutsche Wurzeln.

Im Streit um die richtigen Spielkarten führte der internationale Verband zwar mittlerweile das „Chemnitzer Bild“ als offizielle Turnierkarte ein, das die französischen Kartensymbole Kreuz, Pik, Herz und Karo in den Farben des Deutschen Blattes zeigt. Während bis 1945 nationalgeschichtlich bedeutende Orte wie das Hermanns- und das Kyffhäuserdenkmal, das Brandenburger Tor oder auch das Breslauer Rathaus als Motive auf den Karten mit abgebildet waren, wurden mit Ausnahme des Letzteren anschließend auf den polnischen Karten nun auch der Stettiner Hafen oder polnische Städte wie Krakau, Sandomir [Sandomierz] oder Warschau aufgenommen. Dem sozialistischen Arbeitsethos verpflichtet gab es nun sogar Maschinenhallen oder Kohlegruben auf den Spielkarten sowie auch Motive von Kattowitz, Waldenburg [Włbrzych] und Oppeln.

Traditionsreiche Kartenspiele in Schlesien waren vor dem plötzlichen Siegeszug des Skats übrigens Trapola und Karnöffeln. Diese Spiele sind nach 1945 in Schlesien jedoch untergegangen und heute fast vergessen, weil sie besonders unter den vertriebenen Niederschlesiern verbreitet waren. Oberschlesien stemmt sich nun also auch gegen das Aussterben des größten Erfolgsspiels, des spät eingezogenen Skats. Sein Geheimnis ist eben, dass die Wahrscheinlichkeit, genau die gleichen Karten wie im Spiel zuvor wiederzubekommen, minimal ist. Die Zahl der möglichen Kartenverteilungen beträgt nämlich immerhin 2.753.294.408.504.640 Möglichkeiten.


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Kommentare

Peter Faethe am 11.09.24, 11:33 Uhr

Spiele mit deutschem Blatt zu spenden, wäre eine gute Tat.

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