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Um den Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt der evangelischen Kirche ist es still geworden – Das war in den 1980er Jahren anders
Was waren das noch für Zeiten, als sich die evangelische Kirche um die Sorgen und Nöte des werktätigen Mannes direkt am Fließband, Hochofen oder unter Tage kümmerte. Um für das Seelenheil des Arbeiters zu beten, gründete das Evangelische Arbeiterwerk 1952 die Aktionsgemeinschaft für Arbeiterfragen, aus der 1976 der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt (KDA) hervorgegangen ist.
Im Ruhrgebiet schlug ihm im Jahr 1987 die große Stunde. Damals beschloss der noch eigenständige Krupp-Konzern unter der Leitung von Gerhard Cromme, sein Werk in Rheinhausen, dem linksrheinischen Teil der Ruhrgebietsstadt Duisburg, dichtzumachen. Doch die Kruppianer nahmen das nicht widerstandslos hin. Es begann ein erbitterter monatelanger Arbeitskampf. Über 6000 Stahlarbeiter und ihre Familien gingen auf die Straße und demonstrieren für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze. Das Bild mit demonstrierenden Kruppianern auf der „Brücke der Solidarität“, jene Verbindung zwischen Rheinhausen und Duisburgs rechtsrheinischem Stadtteil Hochfeld, bleibt legendär und zumindest vor Ort in Erinnerung.
Der „Kampf um Rheinhausen“ ist auch die Zeit, als im rechtsrheinischen Teil Duisburgs auf evangelisch-landeskirchlicher kreissynodaler Ebene die Bedeutung der Sozialethik wiederentdeckt wird. Der Mensch als Arbeitnehmer: Was bewegt ihn? Was treibt ihn um? Den Begriff der „Work-Life-Balance“ gab es damals noch nicht. Die Bedeutung der Gewerkschaften, die örtliche Arbeitslosigkeit, der Start der Jugendlichen ins Berufsleben sowie die soziale Anerkennung und materielle Absicherung der Arbeitnehmer wurden zu wichtigen Gesprächsthemen.
Der KDA erhielt ein eigenes Büro im evangelischen Kirchenkreis Duisburg, der traditionell alle eigenständigen Gemeinden und Werke rechts des Rheins umfasst. Hans-Peter Lauer wurde zum ersten „Industriepfarrer“ vor Ort. Er organisierte Barbarafeiern im Hüttenwerk Krupp-Mannesmann, war Ansprechpartner für die Gemeinden und leitete den kreiskirchlichen Ausschuss „Kirche in der Arbeitswelt“, der die Kreissynode in Fragen der Arbeitswelt beraten sollte.
Zu Beginn der 2000er Jahre kam dann der Umbruch. Lauer wurde in der Kirchengemeinde Marxloh gebraucht und wurde Gemeindepfarrer in der Kreuzeskirche. Volker Widera war sein Nachfolger als Industriepfarrer, setzte aber keine eigenen Duftmarken. Sein Hauptaugenmerk galt zunehmend der Betreuung der Loveparade-Opfer ab dem Jahr 2010.
Was Kirchengemeinden, Kirchenkreis sowie Landeskirche anbelangt, ist es sehr still um den KDA geworden. Selbst im Internet hinterlässt er kaum noch Spuren. Schaut man sich die tagesaktuellen Streitigkeiten bei ThyssenKrupp und die Transformation zu „blauem Stahl“ an, so scheint es, als habe zumindest die evangelische Kirche nichts mehr zu den Verwerfungen im Arbeits- und Wirtschaftsleben zu sagen. Wenn der Kirche LGBTQ-Themen wichtiger sind als die Sorgen der Allgemeinheit, ist es kein Wunder, dass sich die Arbeiterschaft von ihr zunehmend im Stich gelassen fühlt.