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Immer mehr Unternehmen sehen ihre Zukunft im Ausland und bauen die dortigen Standorte weiter aus
Man fragt sich in diesen Tagen, ob es überhaupt noch eine Studie, eine Statistik oder eine Prognose gibt, die der einheimischen Wirtschaft eine gute Perspektive ausstellt. Die Lage ist düster und die neueste Verlautbarung des Verbandes der Autoindustrie (VDA) schließt sich der Reihe an Hiobsbotschaften nahtlos an. Die Zahlen, die der VDA in den vergangenen Wochen zusammenstellte und analysierte, beziehen sich zunächst auf 2023. Für das abgelaufene Jahr, das nach Einschätzung der Branchen-Kenner noch schlechter verlaufen sein dürfte, sieht es somit nicht besser aus.
Die Investitionen innerhalb der deutschen Autoindustrie stiegen demnach 2023 um zehn Milliarden auf 99 Milliarden Euro. So weit, so gut. Von den höheren Ausgaben profitiert man im Ausland inzwischen stärker als hierzulande. Denn 53 Prozent der investierten Gelder fließen in Standorte außerhalb der Bundesrepublik. „Bis 2021 floss noch eine knappe Mehrheit der gesamten Investitionen nach Deutschland, doch seither hat es sich zugunsten des Auslands gedreht“, sagte VDA-Chefvolkswirt Manuel Kallweit in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Zehn Jahre zuvor war die Schere noch viel deutlicher. Die Gründe sind längst bekannt und liegen in den mangelhaften Standortbedingungen. Hohe Energiepreise und hohe Bürokratiekosten werden von den Unternehmen an erster Stelle genannt. Besonders deutlich ist die Entwicklung bei den Sachinvestitionen – etwa in Fabriken. 2012 war das Verhältnis noch fast ausgeglichen (51 Prozent Ausland, 49 Prozent Inland). 2023 lag der Anteil an Auslands-Investitionen bei 62 Prozent, 38 Prozent flossen in den deutschen Standort.
Nur ein Prozent will investieren
Im vergangenen Spätsommer hatte der VDA bereits mit einer eigenen Umfrage unter den mittelständischen Betrieben für Aufsehen gesorgt. Danach erklärten 82 Prozent der Unternehmen, dass sie von Investitionen in Deutschland derzeit Abstand nehmen. 37 Prozent gaben an, eher ins Ausland zu expandieren. Bevorzugte Abwanderung findet in andere EU-Länder, aber auch nach Asien und Nordamerika statt. 13 Prozent haben ihre Investitionen komplett gestrichen. Nur ein Prozent der Unternehmen beabsichtigte damals, trotz der Lage Investitionen an deutschen Standorten zu erhöhen.
Man muss sich vor Augen halten, dass die Folgen der Coronakrise und des Ukrainekriegs auch in anderen EU-Ländern zu spüren sein müssten. Doch offenbar sind die Standortfaktoren dort günstiger. In Deutschland fühlen sich mehr als 83 Prozent der befragten Unternehmen von der Bürokratie belastet. Strom- und Gaspreise sind ein großes Thema, dazu spielt der Fachkräftemangel eine Rolle. Die Regierung müsse aufpassen, dass das industrielle Netzwerk Deutschlands keinen Schaden nimmt. Deutschland müsse Industriestandort bleiben.
„Dafür braucht es langfristige Strategie für mehr Wettbewerbsfähigkeit. Nur so kann Deutschland Industriestandort bleiben, nur so lassen sich Beschäftigung und Wohlstand hierzulande halten“, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller im vergangenen Jahr. Geschehen ist bisher nichts, und so richtet man von Verbandsseite Appelle an die künftige Regierung. Ein Beispiel für die tiefgreifenden Probleme ist der Fall des Automobilzulieferers ZF. Das vom Bodensee stammende Familienunternehmen investiert fast eine halbe Milliarde Euro und schafft 400 neue Arbeitsplätze in den USA. Der Standort Deutschland steht mehr und mehr auf der Kippe, auch weil ZF seit einigen Jahren massiv rote Zahlen schreibt.
Keine Wettbewerbsfähigkeit
Letzte Woche kam heraus, dass der Autozulieferer die Abspaltung des gesamten Antriebsgeschäfts, der sogenannten E-Division, plant. Zu der zählen auch alle 9000 Beschäftigten am Standort Saarbrücken. ZF ist im krisengeschüttelten Saarland derzeit der größte Arbeitgeber. Ein Verkauf des Werks könnte fatale Folgen haben. Schon vor Bekanntwerden der neuesten Gedankenspiele hatte ZF angekündigt, bis 2028 insgesamt 14.000 Stellen in Deutschland abzubauen. Nun könnte auf einen Schlag ein großer Teil der Belegschaft an der Saar hinzukommen.
Ein Blick auf das kleinste Bundesland der Republik zeigt die Probleme. Bereits vor Jahren entschied sich der Autobauer Ford gegen sein Werk in Saarlouis. Investiert wurde dafür in Spanien. Ford begründete die Entscheidung damals mit Standortfaktoren. „Das Problem ist, dass wir in Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig Autos produzieren können“, erklärte VDA-Chefin Müller unlängst. Deutschland fehle es an einer cleveren Standortpolitik. Länder wie die USA oder China bieten beispielsweise durch massive Subventionen und günstige Produktionsbedingungen attraktive Anreize für deutsche Unternehmen. Bleibt für die Branche nur die Hoffnung, dass sich mit der neuen Bundesregierung etwas in die richtige Richtung dreht.