13.06.2025

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Bildung

„Die Inklusion an den Schulen ist gescheitert“

Schüler mit Förderbedarf an Regelschulen: Berliner Lehrer ziehen eine düstere Bilanz

Hermann Müller
13.06.2025

Berlin hat 2016 an seinen Schulen eine inklusive Beschulung eingeführt. Möglichst viele Kinder mit Behinderung und Förderbedarf sollen gemeinsam mit anderen Kindern an Regelschulen unterrichtet werden, so der Grundgedanke der sogenannten Inklusion. Bereits die Einführung des Modells vor rund zehn Jahren war von massiven Schwierigkeiten begleitet. Ursprünglich war für Berlin ein flächendeckender Start der Inklusion bereits im Schuljahr 2014/15 vorgesehen. Nicht zuletzt weil Geld fehlte, musste der Start auf 2016 verschoben werden.

Eine parlamentarische Anfrage an den Senat durch eine Abgeordnete der Grünen-Fraktion förderte nun zutage, dass die Versprechen des Inklusionsprojekts nicht eingelöst wurden. Laut der Antwort des Senats wurden im vergangenen Jahr 2300 bis 2800 Schüler mit Behinderung nur „verkürzt, unregelmäßig oder kaum bis gar nicht beschult“. Die Bildungsverwaltung war nicht in der Lage, eine genaue Zahl anzugeben. Ein Teil der Berliner Schulen hatte nämlich gar nicht geantwortet oder aber die Fragen der Senatsbildungsverwaltung unterschiedlich interpretiert. Naheliegend ist daher, von einer Dunkelziffer von Schülern mit Förderbedarf auszugehen, die statistisch gar nicht erfasst wurden.

Angesichts der hohen Zahl von betroffenen Schülern erklärte der Verband Bildung und Erziehung (VBE) sogar: „Die Inklusion an Berliner Schulen ist gescheitert.“ Wie der „Tagesspiegel“ berichtet, fordert der Vorstand der unabhängigen Bildungsgewerkschaft VBE in einer aktuellen Stellungnahme eine öffentliche Debatte über die Umsetzung inklusiver Bildung. Notwendig ist es aus Sicht des VBE, dass sich „Politik und Öffentlichkeit“ über die Anforderungen und Kosten einer funktionierenden Inklusion verständigen.

Bundesweit ist Berlin mit seinen Problemen bei der Inklusion von Schülern mit Behinderung und Förderbedarf kein Ausnahmefall. Der VBE fragt bereits seit einigen Jahren in ganz Deutschland Lehrkräfte nach ihren Erfahrungen mit der Inklusion an Schulen. Laut der aktuellen Lehrkräftebefragung „Inklusion in Deutschland“, durchgeführt vom Meinungsforschungsinstitut Forsa, erklärten 62 Prozent der befragten Lehrkräfte, sie hätten eine positive Einstellung zur Inklusion: „Bedingt durch hohen Personalmangel, fehlende Ressourcen und unzureichende Möglichkeiten der individuellen Förderung konstatieren aber viel weniger Lehrkräfte, dass es praktisch sinnvoll ist; nur 28 Prozent.“

Lediglich ein Bruchteil der Lehrkräfte, nämlich 20 Prozent, sprach sich für die vollständige Abschaffung von Förder- und Sonderschulen aus. Ein Drittel ist für den vollständigen Erhalt und knapp die Hälfte für den mehrheitlichen Erhalt der Förder- und Sonderschulen.

Die Umfrage fördert auch zutage, dass bei knapp zwei Dritteln der Lehrkräfte die Klassengröße gleichbleibt, auch wenn Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf hinzukommen. Im Klartext: Bei gleicher Klassengröße haben die Lehrer mehr Aufgaben bekommen. Mit Blick auf die Schulgebäude gaben zudem 41 Prozent der Befragten an, dass diese nicht barrierefrei seien .


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