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Russland hat Zugang über Königsberg und St. Petersburg – Nun von acht NATO-Ländern eingeschlossen
Nach dem NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens ist die Ostsee von acht NATO-Ländern eingeschlossen. Spätestens, wenn der nördliche Seeweg um das russische Eismeer zur Hauptschifffahrtslinie wird, wird Russland einsehen, dass es ein Fehler war, die Ostsee wegen der Ukraine zu opfern.
Als die „Vasa“, das Flaggschiff der schwedischen Marine, 1628, nur wenige Minuten nach Beginn ihrer Jungfernfahrt vor Stockholm sank, fühlten sich viele Schweden in ihrem Nationalstolz beleidigt. Die „Vasa“ sollte mit ihren 64 Kanonen die Logistiklinien in der Ostsee für die in Polen kämpfenden schwedischen Truppen sichern. Zu dieser Zeit, als der Dreißigjährige Krieg in Europa tobte, war der größte Teil der Ostsee ein schwedisches Binnenmeer, denn die Schweden standen auch in Nord- und Ostdeutschland.
Heute, da Finnland und Schweden der NATO beigetreten sind, steht die Ostsee erneut an der Schwelle zu einer großen geopolitischen Umwälzung. Der Beitritt Schwedens zur NATO ist das letzte Puzzleteil für das Atlantische Bündnis, das nun rund um die Ostsee präsent ist. Besonders die drei baltischen Staaten, die lange Zeit als Achillesferse der NATO galten, atmeten mit dem Beitritt Finnlands und Schwedens erleichtert auf. Skandinavien ist seit einigen Jahren durch die Öresund-Brücke, die Kopenhagen mit dem schwedischen Malmö verbindet, direkt mit Mitteleuropa verbunden. Nachdem Finnland im letzten Jahr der NATO beigetreten war, bedeutete der Beitritt Schwedens, der jetzt mit Zustimmung des ungarischen Parlaments vollzogen wurde, dass nun alle Ostseeanrainerstaaten mit Ausnahme Russlands Mitglieder der Allianz sind.
Große geopolitische Umwälzung
Dies veranlasste einige Beobachter bereits, die Ostsee „NATO-See“ zu nennen, da die Alliierten nun in der Lage sind, die Bewegungen der russischen Flotte im Falle eines Konflikts erheblich einzuschränken. Der Beitritt Schwedens wird den Schutz der eher verwundbaren baltischen Staaten verbessern, doch behält Moskau durch die beiden Städte St. Petersburg und Königsberg einen Zugang zur Ostsee.
Seit der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar 2022 hat eine Reihe von Zwischenfällen mit Gaspipelines und Unterseekabeln in der Ostsee die Schwächen der NATO in der Region aufgedeckt. Im September 2022 wurde die Gaspipeline Nordstream, die Russland mit Deutschland über die Ostsee verbindet, Opfer von Sabotage. Im Oktober 2023 wurde eine weitere Gaspipeline sowie ein Unterseekabel, das Finnland, Schweden und Estland verbindet, beschädigt.
Laut der finnischen Polizei war wahrscheinlich ein chinesischer Frachter an diesem Vorfall beteiligt. „Die Sabotageakte bei Nord Stream haben gezeigt, dass es nach wie vor sehr schwierig ist, genau zu wissen, was auf dem Meeresgrund passiert“, sagte Julian Pawlak, Wissenschaftler an der Universität der Bundeswehr in Hamburg.
Strategische Bastion Königsberger Gebiet
Neben seiner langen Ostseeküste bringt Schweden auch die Insel Gotland ein, deren strategische Lage wie ein Flugzeugträger zwischen Schweden und Lettland es der NATO ermöglichen wird, diesen Teil der Ostsee besser abzuschotten.
Moskau seinerseits verfügt mit Königsberg über eine strategische Bastion, die zwar ein Vorposten Russlands ist, aber mehr als tausend Kilometer südwestlich der Hauptstadt Moskau liegt. Die zwischen Polen und Litauen eingeklemmte Enklave ist eine der am stärksten militarisierten Regionen Europas, einschließlich der Stationierung russischer Atomstreitkräfte.
Die russische Ostseeflotte ist nur noch ein Schatten dessen, was sie während des Kalten Krieges war, als die baltischen Häfen allesamt vor sowjetischen Militäranlagen strotzten.
Der Klimawandel hat darüber hinaus einen kaum beachteten Nebeneffekt: Er wird irgendwann den nördlichen Seeweg um Russland herum für Schiffe freigeben. Irgendwann in naher Zukunft wird der nördliche Seeweg ohne russische Eisbrecher ganzjährig möglich sein. Der nördliche Weg von Asien nach Europa durch die Beringstraße, an der sibirischen Küste entlang ist rund 10.000 Kilometer oder 20 Tage kürzer als der Weg um Südostasien herum, an Indien vorbei und durch den Suezkanal, der jetzt durch den Krieg in Nahost verwaist ist.
Durch den russischen Weißmeer-Ostsee-Kanal verringert sich der Weg von China dann in die europäischen Industriezentren wieder um einige Tausend Kilometer. China ist schon bald Welthandelsnation Nummer ein, spätestens wenn das Eismeer kein Eismeer mehr ist, werden die Chinesen ihren russischen Freunden erklären, wie dumm es war, im Kampf um die Ukraine die Ostsee verloren zu haben, denn China wird dann am meisten darunter leiden.
Carsten Gerz am 19.09.24, 19:20 Uhr
Eine sehr gute Analyse. Der Triebtäter im Kreml ist eben ein grottenschlechter Geostratege.
Karl Dengler am 14.03.24, 07:43 Uhr
Nur immer mit dem rechten Feindbild aufwachen, dann hat der Tag Struktur. Schön, dass es den Dämon im Kreml gibt ... einkreisen, den Kerl, macht ihn fertig ... das Niveau der politischen Berichterstattung ist inzwischen in neuen Sphären angekommen ... postfaktisch regelrecht. Echt Klasse, ich bin begeistert!