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Von sumpfiger Flussaue zum deutschen Louvre – Die Berliner Museumsinsel feiert 200. Jubiläum
Wer sich der Berliner Museumsinsel über den gleichnamigen, 2021 eröffneten U-Bahnhof nähert, fühlt sich vielleicht ein wenig wie die Königin der Nacht – oder der König der Nacht. So erinnern die 6662 Glühlampen auf blauem Untergrund nicht nur zufällig an Karl Friedrich Schinkels 1816 entworfenes Bühnenbild mit der Sternenhalle zu Wolfgang Amadeus Mozarts Oper „Die Zauberflöte“.
Derart beschwingt betritt der Besucher sodann den ehemaligen Lustgarten vor dem Humboldt-Forum in der Gestalt des Berliner Hohenzollernschlosses, und sofort hat man die Ursache für die in diesem Jahr beginnenden Feierlichkeiten im Blick: Vor 200 Jahren, am 9. Juli 1825, erfolgte hier die Grundsteinlegung des ältesten Museums auf der Museumsinsel.
Jeder ist vom Anblick eines der bedeutendsten Bauwerke des Klassizismus magisch angezogen: Schinkels „Altes Museum“. 18 ionische Säulen frönen der griechischen Tempelarchitektur. Sie tragen oberhalb einen lateinischen Satz, den zahlreiche hochgereckte Touristenköpfe zu entschlüsseln versuchen: „Friedrich Wilhelm III. hat dem Studium jeder Art Altertümer und der freien Künste das Museum gestiftet 1828“, ist dort zu lesen. Das 1830 eröffnete, noch als „Königliches Museum“ bezeichnete Haus widmet sich heute ganz der klassischen Antike.
Aus den Kunstkammern der Fürstenhöfe entstanden Museen, die mehr und mehr der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. So auch in Berlin, wo Preußens König Friedrich Wilhelm III. im 19. Jahrhundert die Herauslösung der Kunstkammerbestände aus dem höfischen Zusammenhang befürwortete.
Im Jahr 1822 erhielt der Stadtplaner und Architekt Schinkel den Auftrag zum Bau seines Prachtgebäudes und läutete damit die Geschichte der Museumsinsel ein. In rascher Folge entstanden 1855 das Neue Museum, 1876 die Alte Nationalgalerie, 1904 das Bode-Museum unter dem damaligen Namen „Kaiser-Friedrich-Museum“ und als letztes 1930 das Pergamonmuseum. Somit sind anhand der Bauten auf diese Weise die Entwicklung von hundert Jahren Museumsarchitektur abzulesen, was dem Ensemble 1999 den Titel als UNESCO-Welterbe einbrachte.
Seit 2019 erfreuen sich die Gäste der Insel der neuen James-Simon-Galerie, einem Empfangsgebäude und Besucherzentrum, das nach dem bedeutendsten Mäzen der Staatlichen Museen zu Berlin, James Simon (1852–1932), benannt wurde, der den Sammlungen unzählige Ausstellungsobjekte schenkte, unter anderem auch „Berlins Mona Lisa“, die Büste der Nofretete, heute im Neuen Museum beheimatet.
Während der Jubiläumsfeierlichkeiten wird die James-Simon-Galerie, die sich architektonisch großartig in das bauliche Ensemble einfügt, als zentraler Ort für die Besucher fungieren, wo diese ihre Erkundungstour über die Insel beginnen können mit Multimedia-Stationen, Café, Sonderausstellungen und einer sehr informativen Schau zur Geschichte der Insel. Auch ein Gründungspfeiler ist hier ausgestellt, den der schwammige Untergrund erforderlich machte. Allein für das Alte Museum mussten 3053, bis zu 16 Meter hohe Holzpfähle in den Boden gerammt werden. 1824 brauchten 16 Arbeiter für einen Pfahl mithilfe eines Rammbären sechs bis acht Stunden.
Eine Karte für sechs Häuser
Die Museen wurden im Zweiten Weltkrieg zu 70 Prozent zerstört, zahlreiche Objekte gingen als „Beutekunst“ in die Sowjetunion. 1958/59 gab diese eineinhalb Millionen Kunstwerke an die DDR zurück. Bekannt ist heute, dass noch Kulturgut in Millionenhöhe in Depots und Magazinen in Russland und den umliegenden Staaten lagert. Die DDR konnte ihre Museen nach der Rückgabe wieder füllen, jedoch wurden die beschädigten, nur teilsanierten Gebäude weiterhin genutzt. Nach der deutschen Vereinigung führte man die in Ost- und West-Berlin auseinander gerissenen Sammlungen wieder zusammen. Doch die maroden Gebäude auf der Museumsinsel erforderten den Beschluss eines Masterplanes zur Instandsetzung und Modernisierung des Areals.
Mit einem Auftaktwochenende vom 30. Mai bis 1. Juni beginnt das „Jubiläumsjahrfünft“, in dem jedes Jahr ein anderes Haus im Mittelpunkt stehen wird. Diesen Sonntag um 11 Uhr eröffnet die ab diesem Tag neu amtierende Präsidentin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Marion Ackermann, die Festivitäten mit einem Festakt. Dabei gibt es zahlreiche Vergünstigungen. So kommt man mit einer Eintrittskarte in alle sechs Häuser, es gibt kostenfreie Sonderausstellungen, Tages- und Bühnenprogramme und eine im Kolonnaden-Hof aufgebaute Bar, die es ähnlich bereits 1883 gab. Außerdem wird es rund um die Häuser verschiedene Festlichkeiten geben. Alle Veranstaltungen im Außenbereich sind kostenfrei. Hochkarätige Künstler des Deutschen Theaters, der Volksbühne, des Berliner Ensembles, der Staatsoper Unter den Linden und der Komischen Oper werden an diesem Wochenende ihr Können zum Besten geben.
Panorama-Blick ins Jahr 129 n. Chr.
Bevor hier in wenigen Tagen die Sektkorken knallen, läuft alles noch in ruhiger, normaler touristischer Betriebsamkeit. Die weiten Flächen lassen Gäste ungehindert flanieren, und die wenigen Bauzäune hinter den Kolonnaden der Alten Nationalgalerie, die den noch entstehenden neuen Eingang zum Pergamonmuseum verdecken, stören nicht im Geringsten, fallen vielleicht sogar kaum auf.
Einzig der ehemalige Eingang zum Pergamonmuseum gleicht einer Großbaustelle, mit Bauzäunen, Baukränen und Lärm. Doch hierher verläuft sich kaum jemand. Es sei denn, man besucht das äußerst sehenswerte Pergamon-Panorama, das eine Zeitreise ins Jahr 129 nach Christus ermöglicht und jedem Gast, der nicht bis zur Eröffnung 2037 oder Teileröffnung 2027 warten möchte, unbedingt anzuraten ist. Großartige Einblicke in eine spektakuläre Ausstellung sind gewiss.
Die insgesamt acht großen Sammlungen in den Museen sollen zukünftig durch eine Archäologische Promenade verbunden werden, aber nach wie vor auch einzigartig bleiben.
„Die Museumsinsel ist ein Gesamtkunstwerk, das den kulturellen Reichtum der Metropole symbolisiert, und ähnlich wie das British Museum, der Louvre oder der Prado zu einer Weltmarke geworden ist“, sagt Kai Wegner, Schirmherr des Jubiläums und Regierender Bürgermeister von Berlin.