19.06.2025

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Silberfunde des Erzgebirgsorts Freiberg machten das Prachtwerk möglich: Die Goldene Pforte an der Südseite des Freiberger Doms
Bild: ThiedeSilberfunde des Erzgebirgsorts Freiberg machten das Prachtwerk möglich: Die Goldene Pforte an der Südseite des Freiberger Doms

Geschichte

Sachsens Tor der Engel

Die Goldene Pforte des Freiberger Doms wird 800 Jahre alt – Früher war sie farbenfroher, wie man beim Jubiläum sehen kann

Veit-Mario Thiede
19.06.2025

Bis Mitte Oktober besitzt der Freiberger Dom St. Marien gleich zwei Goldene Pforten. Die am Westportal angebrachte ist neu, farbenfroh und auf Folie gedruckt. Durch sie kann man nur in den nächsten Wochen das Gotteshaus zum Besuch von Konzerten und Andachten betreten. Die originale Goldene Pforte steht an der Südseite, ist aus Sandstein und um die 800 Jahre alt. Ihr Jubiläum dieses Jahr zu begehen wird von der Stadt und der evangelischen Kirchengemeinde mit einer von Markgraf Heinrich dem Erlauchten am 4. Juli 1225 ausgestellten Urkunde begründet. Mit ihr übertrug der Landesherr die Patronatsrechte der Freiberger Kirchen dem Kloster Altzella. Dessen Abt Ludeger hat wahrscheinlich das Bildprogramm der Goldenen Pforte ersonnen.

In früherer Zeit präsentierte sich die längst steinsichtig gewordene Goldene Pforte leuchtend bunt. Gold, Rot und Blau waren die vorherrschenden Farben der Gewänder der Figuren und der Architekturornamente, ergänzt um grüne und weiße Partien. Entsprechende Farbreste entdeckte die Kunsthistorikerin Elisabeth Hütter während der Restaurierung des Doms in den 1960er Jahren. Sie berichtete: „Die Untersuchung der Farbigkeit an der Goldenen Pforte hat die Gewissheit erbracht, dass dieses Portal ursprünglich farbig bemalt war, aber sein farbiges Erscheinungsbild ist nicht vollständig fassbar geworden. Vermutlich fehlen auf den Gewändern der Figuren Ornamente, Bortenverzierungen, farbig abgesetzte Manschetten und Schmuck, wie gemalte Ringe und Halsketten oder farbig ausgezeichnete Mantelschließen.“

Hütter hielt ihre Farbbefunde und ebenso die Zonen, in denen keine Farbspuren zu finden waren, in einem kleinen Schaubild fest. Dieses diente als Vorlage für das große bunte Banner vor dem Westportal. Es ist da angebracht, weil mit großer Wahrscheinlichkeit hier die originale Goldene Pforte ursprünglich aufgebaut war. Sie führte in eine Ende des 12. Jahrhunderts errichtete Marienkirche. Dieser romanische Bau fiel 1484 mit Ausnahme der Pforte einem Stadtbrand zum Opfer. Am 1512 geweihten Neubau der Kirche erhielt sie ihren heutigen Standort.

Die spätromanische Goldene Pforte ist das früheste Prachtwerk der wegen reicher Silberfunde um 1168 gegründeten Erzgebirgsstadt Freiberg. Darüber hinaus gilt sie als das älteste mit üppigem Figurenschmuck besetzte Kirchenportal Deutschlands. Die mehr als neun Meter hohe, acht Meter breite und drei Meter tiefe rundbogige Pforte ist an ihren Gewänden im Wechsel von ornamentierten Säulen und auf Säulchen in Pfeilernischen stehenden Figuren neunfach zurückgestuft. Neun konzentrische Ornament- und Figurenbögen überspannen sie. Links vorn im Gewände zeigt der Prophet Daniel viel Bein. Er hat sein Gewand angehoben, um über einen Löwen zu tänzeln.

Spätromanisches Figurenensemble
Daniel gegenüber im rechten Gewände sehen wir Aaron. Der ältere Bruder des Moses war der erste Hohepriester der Israeliten. Aaron präsentiert einen blühenden Stab. Der ist ein Symbol, welches auf die wunderbare Geburt Christi durch die Jungfrau Maria vorausweist, während Daniels wundersames Überleben in der Löwengrube auf Jesu Auferstehung vorausdeutet.

Neben Aaron befinden sich König David und Bathseba, die ihm seinen Sohn und Nachfolger Salomo gebar. Den entdecken wir im gegenüberliegenden Gewände zur Seite der Königin von Saba, die zu Salomo reiste, um seine Weisheit zu prüfen, bevor sie ihn reich beschenkte. Aus dem Hause Davids geht der geweissagte Messias hervor. Die Plastiken von Johannes dem Evangelisten rechts und Johannes dem Täufer links stehen dem Eingang in den Dom am nächsten. Attribut des in ein Fell gekleideten Täufers ist das Lamm Gottes, das nach den Worten des Johannes „der Welt Sünde trägt“. Er identifizierte Jesus bei der Taufe als den geweissagten Messias: „Dieser ist Gottes Sohn.“

Die Figur des Täufers Johannes ist die einzige im Gewände, die zum Jesuskind aufschaut. Im Bogenfeld (Tympanon) über dem Türsturz sitzt es mit segnend erhobener Rechter auf dem Schoß der stolz aufgerichteten Mutter, die als Himmelskönigin auf dem Thron der Weisheit Platz genommen hat. Von links nähern sich ehrfurchtsvoll die Heiligen Drei Könige und beugen im Gleichtakt das Knie. Drei Engel und der etwas abseits ganz rechts sitzende Joseph vervollständigen das feierliche Szenenbild, vor dem links und rechts je ein kleiner Schutzlöwe postiert ist. Ihr Gegenüber sind zwei das Böse versinnbildlichende, aber niedlich aussehende Drachen.

Neun Bögen rahmen das Tympanon. Vier sind mit Figuren ausgestattet. Im untersten wenden sich zwei Engel dem Geschehen im Bogenscheitel zu: Jesus krönt mit der Rechten seine Mutter und präsentiert mit Unterstützung zweier Engel in der Linken das Buch des Lebens. Es hält nach christlicher Vorstellung die Namen aller Gott wohlgefälligen Menschen fest, die je gelebt haben.

In den nächsten beiden Figurenbögen thronen die zwölf Apostel und zwei Heilige. Ein Engel überbringt in der Mittelzone des einen Abraham eine Seele. Eine weitere hütet Abraham bereits sicher in seinem Schoß. Anstelle der ungemütlichen Aussicht auf das Fegefeuer sehen wir hier ein Gleichnis für das friedvolle Warten des Verstorbenen auf den Eintritt ins Himmelreich. Im folgenden Bogenscheitel zeigt sich uns die Taube des Heiligen Geistes, der zwei Engel huldigen.

Der oberste Figurenbogen ist der Auferstehung am Jüngsten Tag gewidmet. Und das in äußerst hoffnungsfroher Weise. Den vom Tode auferweckten Menschen droht keinerlei Gefahr. Denn vom Jüngsten Gericht, Verdammnis, Teufeln und bevorstehenden Höllenqualen ist hier nichts zu sehen. Nichts anderes als die Erlösung scheint für die aus ihren kastenförmigen Gräbern steigenden Frauen und Männer vorgesehen zu sein. In der Mitte des Bogens erwartet sie ein Engel. Zu seinen Seiten knien zwei Auferstandene. Der Engel umfasst ihr Handgelenk, um sie ins Himmelreich zu befördern.

www.freiberger-dom.de 


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