26.06.2025

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Cyber-Kriminalität

Scammer – neue KI-gesteuerte Sklaven im Netz

In Asien ist eine riesige Betrüger-Szene entstanden, die global angreift und ihre Handlanger als Sklaven hält

Sascha Günther
26.06.2025

Völlige Macht über die Daten anderer weltweit im virtuellen Raum bei gleichzeitig völliger Ohnmacht und eigenem Eingesperrtsein im echten Leben – was wie eine düstere Zukunftsvision klingt, ist in asiatischen Sklavenfabriken Realität. Über Stellenangebote locken kriminelle Banden in Südostasien Menschen in ihre Tarnunternehmen. Wer sich im Callcenter einen Job erhofft, landet als Zwangsarbeiter in einem Netzwerk von Internetkriminellen, die Menschen zum Betrug an anderen zwingen. Eingesperrt und mit Gewalt bedroht, räumen die von Menschenhändlern Weggesperrten in Europa oder den USA private Konten leer.

Entkommene berichten von Elektroschocks, Schlägen und Folter. Im Raum Asien-Pazifik ist laut der Internationalen Organisation für Arbeit (ILO) die Gefahr der Verschleppung und Zwangsarbeit am größten. Besonders infolge der Corona-Pandemie sei eine verborgene, im digitalen Raum handelnde Mafia entstanden, die sich mit Onlinebetrug Gewinne ergaunert. Allein in Kambodscha gibt es laut Bericht der UN 100.000 solcher Zwangsarbeiter, in Myanmar 120.000. Hunderttausende üben demnach in Südostasien Kryptobetrug und illegales Glücksspiel aus. Die Adressaten der digitalen Straftaten sind global verteilt. Lücken in der Strafverfolgung und Clanstrukturen erlaubten es den Banden, in den letzten fünf Jahren eine echte Industrie aufzubauen.

Eine Reportage des NDR hat nun weiteres Licht in die Zusammenhänge weltweiten Onlinebetrugs mit dieser Sklavenarbeit gebracht. Nicht nur kriminelle Energien sondern gerade die neuen Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz (KI) erlauben es, Menschen weltweit zu täuschen. Mit Programmen (z.B. Chat GPT) oder Skripten täuschen die Eingesperrten, auch bekannt als „Scammer“, Identitäten vor. In vorgetäuschten Liebesdingen oder durch Abgreifen sensibler Daten gelangen sie an ihre Opfer, müssen aber dank KI immer weniger Einsatz und Aufwand betreiben.

So kann die KI Sprachbarrieren wegräumen, falsche Gewinne vorspiegeln oder helfen, Kryptowährungen zur Manipulation einzusetzen. Deutsche Polizisten berichten von täglichen Anzeigen mit hohen Schadenssummen – zurückzuführen auf Scammer im Ausland. Die Gefahr der KI liegt auch in der simplen Erstellung von Bildern und Deep-Fakes, also scheinbar realen Medieninhalten, die tatsächlich mit KI erschaffen oder verändert wurden. So lassen sich Bankseiten online leicht nachbauen, Anlässe für den Austausch mit möglichen Opfern auf der ganzen Welt als Köder mühelos auslegen – alles ohne großen Aufwand. Auch Prominente werden beispielsweise ohne ihr Wissen in Sozialen Medien zu Werbefiguren für dubiose Geldanlagen. Den Möglichkeiten sind kaum Grenzen gesetzt, da selbst Profis die KI-bearbeiteten Fälschungen nicht mehr schnell oder sicher erkennen können. Die KI braucht lediglich Bild-, Video- oder Wortvorgaben und setzt sie zu echt wirkenden, neuen Realitäten zusammen. So hilft die KI, die Stimme von Familienmitgliedern zu „Schockanrufen“ mit neu eingestellten Botschaften umzubauen, die Menschen zur Preisgabe von Bankdaten bewegen.


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