01.03.2025

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Memoiren

Seit dem Jahr 1985 auf Sendung

In seinen flott geschriebenen Erinnerungen zieht der RBB-Reporter Ulli Zelle Bilanz seines Wirkens in Berlin – mit vielen unbekannten Details

Patrick O’Brian
01.03.2025

Fassungslosigkeit am 9. November 1989. Keiner konnte es glauben: Die DDR-Machthaber öffnen die Berliner Mauer. Mittendrin: Reporter Ulli Zelle vom Sender Freies Berlin (SFB), dem Vorgänger des heutigen RBB. Nachdem er alle noch geschlossenen Grenzübergänge mit einem Kamerateam abgefahren war, schickte Zelle seine Mitarbeiter in den Feierabend. Auf dem Heimweg schaute er nochmal an der Bornholmer Brücke nach – und siehe da: Die Grenze ging doch auf. „Wahnsinn! Und ich hatte in diesem Moment kein Kamerateam dabei“, so schildert er diesen Moment. Zelle arbeitete dann mit einem anderen Kamerateam die Nacht durch. Viele der Bilder aus dieser Nacht werden heute immer noch gezeigt.

Zuschauer der täglichen Nachrichtensendung „Abendschau“ kannten ihn damals bereits seit Jahren. Zelle war seit 1985 beim Fernsehen und bald eines der bekanntesten Gesichter des Senders. Dabei ist der Moderator gar kein echter Berliner, aber vielleicht machte ihn gerade das zu einem so guten Journalisten, weil ja auch viele Berliner Zugezogene sind.

Zelle stammt aus Niedersachsen und kam 1974 in einem VW Käfer als Student nach Berlin. Er schildert in seinen flott geschriebenen Memoiren sehr anschaulich das damalige Lebensgefühl in der geteilten Stadt – von linken Studentenkneipen bis hin zur schon damals schwierigen Situation auf dem Immobilienmarkt. Als freier Journalist, Werbevermarkter und Schauspieler schlug er sich durch, bis er 1984 zum SFB kam. Erst arbeitete er beim Hörfunk, dann wurde er zum Fernsehen geholt. Im Schnelldurchlauf nennt Zelle die wichtigen Ereignisse in Berlin und vermengt diese mit seinen privaten Erlebnissen. So erfährt der Leser Dinge, die selbst der aufmerksame Zuschauer kaum wusste. Etwa, dass sein Vater als Kriegsgefangener vorübergehend auf den Rheinwiesen ausharren musste. Oder, dass seine Mutter aus Oberschlesien geflohen war, weil sie die polnische Herrschaft nicht ertrug.

Zelle arbeitete als Redenschreiber für den langjährigen Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Heinz Galinski. Als Reporter erhielt er die Chance, Prominente wie Helmut Kohl, Michael Gorbatschow oder auch Mick Jagger zu interviewen.

Im letzten Kapitel rechnet er auch noch mit der früheren Intendantin Patricia Schlesinger ab. Während Schlesinger und ihre Entourage gehen mussten, blieb Zelle dem RBB als beliebtes Gesicht auch über die normale Pensionsgrenze hinaus erhalten und ist mit 73 Jahren immer noch auf Sendung.

Ulli Zelle: „Mein Berlin, mein Leben“, Nicolai Verlag, Berlin 2024, gebunden, 240 Seiten, 26 Euro


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