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Langhans-Kirche von Giersdorf entfaltet wieder ihre einzigartige Aura
Zwischen den niederschlesischen Städten Bunzlau [Bolesławiec] und Löwenberg [Lwówek Śląski] lockt ein einzigartiges Kulturdenkmal: die ehemalige evangelische Kirche von Giersdorf [Żeliszów]. Dieser architektonischen Perle wurde neues Leben eingehaucht.
Am vergangenen Sonnabend füllte sich die Kirche mit Musikfreunden, denn die polnisch-griechische Sopranistin und Kulturmäzenin Eleni Ioannidou vom Verein Ars Augusta e.V. (arsaugusta.org) lud zum Konzert ein. Am Flügel saß die deutsch-bulgarische Pianistin Doriana Tchakarova, die Jan-Henrik Witkowski – ein Bass mit oberschlesischen Wurzeln – gesanglich begleitete. Beide gewannen letztes Jahr den Publikumspreis des von Ioannidou ins Leben gerufenen „Bolko-von-Hochberg-Liedwettbewerbs“.
Das Motto des Giersdorfer Konzertes war „Was reitest du einsam durch den Wald? Geschichten aus nah und fern“. Dem nahezu ausschließlich polnischen Publikum wurde der Erlkönig von Carl Loewe, das Waldesgespräch vom Königsberger Adolf Jensen und der Wanderer von Franz Schubert zu Gehör gebracht. Es ertönten Verse, wie: „Wo bist du, mein geliebtes Land? Gesucht, geahnt und nie gekannt. Das Land, das Land so hoffnungsgrün, Das Land, wo meine Rosen blühn ...“
Eleni Ioannidou berichtet, dass sie das Giersdorfer Gotteshaus vor acht Jahren in einem Zeitungsartikel entdeckt habe. „Ich dachte: ‚Unglaublich – das ist ein Opernhaus!' Obwohl es noch eine Ruine war, bin ich sofort verzaubert worden und wollte unbedingt helfen“, sagt sie. Seit damals sind Ioannidou und ihr Ehemann und Musikproduzent Heinz Müller auf der Suche nach Sponsoren in Deutschland für die Rettung der Perle von Giersdorf. Gewinnen konnten sie bislang die Stiftung Preußisches Kulturerbe, die Gelder für die Erneuerung der Emporen und die neuen Fußbodenplatten im Inneren der Kirche förderte. Weitenteils liegt unterhalb der Klappstühle zunächst jedoch Sand.
Ferner fördert die Deutsch-Polnische Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz, die Gelder für die Sanierung des Kirchturms zur Verfügung stellte, oder die Erika-Simon-Stiftung, welche die Sanierung der Holztäfelung sowie einige neue Türen spendete. Der Konzertflügel in der Kirche stamme aus einem Kloster in Rzeszów und sollte entsorgt werden, sagt Ioannidou: „Wir haben ihn gerettet und hierhergebracht. Er ist über 100 Jahre alt, funktioniert aber sehr gut.“ Gelder für die Sanierung flossen auch seitens des Marschallamtes der Woiwodschaft Niederschlesien sowie von deutschen und polnischen Privatpersonen. Auch wenn die „Giersdorfer Perle“ noch viele Zeichen des Verfalls zeigt, so sei sie bereits gerettet, sagt Wilk Korwin-Szymanowski. Der Warschauer ist Sprecher der Stiftung Dein Erbe [Fundacja Twoje Dziedzictwo], der die Giersdorfer Perle seit 2013 gehört. Auf dieses Objekt habe ihn die Stiftungsgründerin, Thinloth Korwin-Szymanowska, 2012 aufmerksam gemacht. Seit damals lässt Giersdorf die beiden nicht mehr los und sie pendeln zwischen der polnischen Hauptstadt und dem niederschlesischen Ort. „So ein Objekt muss leben. Damit es überleben kann, muss es ein Publikum haben, eine Funktion. Und die natürliche Funktion dieses Objekts mit seinem Grundriss eines Amphitheaters – dem doppelten Oval außen und innen – eignet sich perfekt für kulturelle Veranstaltungen: Theateraufführungen, Konzerte, Ausstellungen. Das ist das neue Leben für dieses Gebäude!“, schwärmt Korwin-Szymanowski.
Damit die Veranstaltungen Zulauf haben, werden sie kostenfrei angeboten, doch man lasse gerne einen Klingelbeutel durch die Reihen wandern. Am 26. Juli um 18 Uhr wird eine Modenschau mit Jazzmusik in Giersdorf geboten. Am 22. August tritt der Polnische Nationale Jugendchor aus Breslau auf und für den 7. September bereitet Eleni Ioannidou mit Ars Augusta erneut einen Musikabend vor.
Die klassizistische Giersdorfer Kirche wurde 1796–97 errichtet. Ihren Entwurf verdankt sie dem preußisch-schlesischen Architekten Carl Gotthard Langhans, dem Schöpfer unter anderem des Brandenburger Tores in Berlin. 1872 wurde das Bauwerk in Giersdorf um einen Sandsteinturm ergänzt, entworfen vom Bunzlauer Architekten Peter Gansel.