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Polnische Heimatfreunde schließen Lücken der Geschichte des Isergebirges
Mitten in der Nacht auf die Tafelfichte [Smrek] im niederschlesischen Isergebirge zu wandern, um auf dem Gipfel den Sternenhimmel zu betrachten und am Morgen den Sonnenaufgang zu genießen – das ist durchaus möglich. Denn eine Gruppe von Wander- und Geschichtsfreunden, die sich in der erst im Januar gegründeten Lokalen Touristischen Isergebirgsorganisation [Izerska Lokalna Organizacja Turystyczna, ILOT] zusammengeschlossen haben, bietet genau solch eine erlebnisreiche Tour.
Das Ziel der Gruppe um Rafał Wróblewski, Bartosz Kijewski, Arkadiusz Lipin und Marcin Wawrzyńczak ist, jenseits ausgetretener Pfade, historische Persönlichkeiten, Orte und Denkmäler wieder sichtbar zu machen. Sie haben dabei ein Vorbild: Adolf Traugott von Gersdorff. Der hatte eine solche Mitternachtswanderung auf die Tafelfichte am 15. September 1802 unternommen und diese dann detailliert beschrieben. Der aus Warschau stammende Verleger und Übersetzer Wawrzyńczak hatte kürzlich die Tagebücher von Gersdorffs transkribiert und ins Polnische übersetzt.
Von Gersdorff wurde am 20. März 1744 westlich der Neiße in Niederrengersdorf (heute Kodersdorf) geboren und starb am 16. Juni 1807 in Meffersdorf, später Wigandsthal [Pobiedna], im Kreis Lauban [Lubań]. Er war Mitbegründer der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften und beschäftigte sich als Aufklärer mit Mineralogie, Geographie, Meteorologie und vor allem mit der Astronomie.
Obendrein war er fasziniert von den Themengebieten Elektrizität, Licht und Zeit. Für seine Beobachtungen des nächtlichen Himmelszelts wählte von Gersdorff die Tafelfichte und den Dresslerberg [Czerniawska Kopa]. Von dort aus beobachtete er die Sonnenfinsternis am 5. September 1787. Und am 5. September, sechs Jahre später, verfolgte er die Sonnenflecken am 14. Mai 1794. Er errechnete den Zeitunterschied zwischen der Umlaufbahn des Jupiters und dessen Satelliten, was wiederum zur Bestimmung der Meridiane verhalf.
Dunkle Verwechselungsgefahr
Bei einer seiner Nachtwanderungen zusammen mit seinen Begleitern, dem Lausitzer Karl Andreas Meyer-Knonow und dem Schlesier Christoph Nathe, landete von Gersdorff beinahe im Gefängnis. Von einer kaiserlichen Patrouille angehalten, sorgten die Nachtwanderer für Verwirreng, denn für Schmuggler waren sie zu gut gekleidet. Und wer sonst sollte nachts mit Ferngläsern und Schreibutensilien durch die Berglandschaft streifen? Für die Bergwacht waren es eindeutig Spione. Schließlich konnten die drei Wissenschaftler ihre Expedition auf die böhmische Seite inhaltlich erläutern und so ihre Beobachtungen schließlich durchführen. Darüber berichtet Arkadiusz Lipin auf der Internetseite Góry Izerskie (Isergebirge) goryizerskie.pl, dessen verantwortlicher Chefredakteur er ist. Für ihn ist von Gersdorff der wahre Vorläufer des Astronomie-Tourismuses.
Zusammen mit seinen Mitstreitern dokumentiert Lipin historische Pfade, Wanderrouten, Grenzverläufe und ehemalige Siedlungsstrukturen. Dazu gehört Schloss Meffersdorf in Wigandsthal [Pobiedna], der Besitz von Gersdorffs.
Gegründet und übersetzt
Sie entwickelten ein Geländespiel in Bad Flinsberg [Świeradów Zdrój], initiierten einen Obelisken am Schloss in Wigandsthal, sanierten Gersdorffs Grabstein und erarbeiteten Konzepte für den Wiederaufbau und die Nutzung des dortigen Aussichtsturms.
Marcin Wawrzyńczak, der seit 17 Jahren in Ludwigsdorf [Chromiec] im Isergebirge lebt, nahm sich als erstes der nicht mehr existenten Michelsbaude an, deren Geschichte er beschrieb und damit ins polnische Bewusstsein transportierte. Seitdem widmet er sich alten Reiseberichten, die er ins Polnische übersetzt und publiziert.
Wawrzyńczak gründete den Verlag Wielka Izera und gab, in Zusammenarbeit mit dem Schlesienreferat des Schlesischen Museums zu Görlitz, die deutsch-polnische Anthologie „Wanderer im Riesen-Gebirge“ („Podróżnicy w Górach Olbrzymich“) heraus.