22.10.2025

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden

Parteienlandschaft

Die CDU bleibt bei ihrer erfolglosen AfD-Strategie

Trotz erster Stimmen für einen anderen Umgang hält insbesondere der Kanzler an der Brandmauer fest. Und verpasst womöglich eine historische Chance

René Nehring
22.10.2025

In Sachen AfD bleibt der Kanzler hart. Im Anschluss an eine Klausurt agung des CDU-Parteipräsidiums bekräftigte Friedrich Merz seinen klaren Abgrenzungskurs gegenüber der Konkurrenz von rechts. Anstelle einer Annäherung werde die AfD bei den Landtagswahlen im nächsten Jahr sogar als „Hauptgegner“ betrachtet.

Noch wenige Tage zuvor schien es, als würde die sprichwörtliche Brandmauer der Union zur AfD Risse bekommen. Im „stern“ hatten der frühere CDU-Generalsekretär Peter Tauber, der ehemalige Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und der einstige Vorsitzende der CDU-Grundwertekommission Andreas Rödder für einen neuen Umgang mit der AfD plädiert und damit für einiges Aufhorchen gesorgt.

Fakt ist, dass der Kanzler mit seiner bisherigen Strategie gescheitert ist. Als Merz 2018 in die Politik zurückkehrte, stand die AfD in Umfragen bei 16 bis 18,5 Prozent. Damals verkündete der Bewerber um den CDU-Vorsitz, dass er sich zutraue, die Wählerstimmen der Wettbewerber halbieren zu können. Heute, in Zeiten Merzscher Kanzlerschaft, steht die AfD bei 26 bis 27 Prozent – und ist damit sogar stärkste politische Kraft. Insofern erinnern die oben erwähnten Beschwörungen des Kanzlers an das geflügelte Wort, wonach die Erwartung, trotz immer gleichen Handelns andere Ergebnisse zu erzielen, als Definition von Wahnsinn gilt.

Hochmut gegenüber den Wählern
Bedenklich klingen auch die – nicht nur in den Reihen der Union zu vernehmenden – Aussagen, dass man den Wählern nur deutlicher erklären müsse, welch furchtbare Folgen sie zu erwarten hätten, sobald die AfD Regierungsverantwortung übernehmen würde. Dies unterstellt nicht nur, dass die Bürger zu dumm sind zu erkennen, wofür welche Partei programmatisch steht. Sondern es unterschlägt, dass die Wähler der AfD – immerhin mehr als ein Viertel aller Deutschen – sich ganz bewusst von den etablierten Parteien abgewandt haben, weil sie mit deren Politik der letzten Jahre nicht zufrieden sind.

Womit die CDU-Spitze durchaus recht hat, ist, dass die programmatischen Unterschiede zwischen Union und AfD alles andere als gering sind. Auf zahlreichen Feldern wie der Außen- und Sicherheitspolitik gibt es sogar erhebliche Differenzen. So lehnt die Führung der AfD gerade jede Positionierung zur Wehrpflicht ab, obwohl selbst die Mitglieder der Partei zu rund drei Vierteln für deren Wiedereinführung sind. Zur Begründung heißt es, man wolle „keine Wehrpflicht für fremde Kriege“. Dabei wurden Wehrdienstler weder zu Zeiten der alten Wehrpflicht für Auslandseinsätze der Bundeswehr zwangsverpflichtet, noch ist dies in den Plänen für eine Neuaufstellung der Streitkräfte vorgesehen. Was die Frage aufwirft, ob die AfD überhaupt gewillt ist, ihre bisherige Oppositionsrolle zu verlassen und Verantwortung für Deutschland – die oft auch unbequem ist – zu übernehmen.

Doch sind derlei kindlich-alberne Manöver ein Grund, Bündnisse mit der AfD komplett auszuschließen? Grundlegende inhaltliche Differenzen hat die Union auch gegenüber anderen Parteien (zumindest hatte sie diese, bevor sich die CDU in der Ära Merkel dem grünen Zeitgeist anpasste). Auch die SPD befand sich in den ersten zehn Jahren nach Gründung der Bundesrepublik auf einem fundamental anderen, marktwirtschaftliche Ansätze ablehnenden Kurs, bevor sie 1959 in ihrem Godesberger Programm regierungsfähig wurde. Ähnlich war es bei den Grünen, die in ihren Anfängen noch offen einen Systemsturz forderten und heute in ihrem Habitus oft spießiger auftreten als die bürgerlichen Parteien.

Einbindung statt Ausgrenzung
Generell ist das bisherige Dreivierteljahrhundert Bundesrepublik eine Geschichte permanenter Integration. Auf die vertriebenen Landsleute aus dem deutschen Osten und die Flüchtlinge aus der DDR folgten die Gastarbeiter aus Griechenland, Italien, Spanien und der Türkei sowie später die „Boatpeople“ aus Vietnam und die Bürgerkriegsflüchtlinge aus Jugoslawien. Nach der Einheit von 1990 wurden selbst die sich mehrfach häutenden Kommunisten der SED/PDS/Linkspartei in das parlamentarische System integriert.

In Sachen AfD muss sich die CDU den Vorwurf gefallen lassen, noch nicht einmal den Versuch unternommen zu haben, wenigstens die Pragmatiker in deren Reihen für ein gemeinsames politisches Handeln zum Wohle unseres Landes zu gewinnen. Gerade in ihren Anfangsjahren wurde die AfD von ehemaligen Mitgliedern und Anhängern der Union geprägt, die sich deshalb von der CDU abgewandt hatten, weil diese unter Merkel von zahlreichen alten Grundsatzpositionen abgerückt war. Doch statt eines nüchternen Abklopfens etwaiger Gemeinsamkeiten setzte die Union schnell auf Ausgrenzung der AfD, einschließlich der Verweigerung von Posten und staatlichen finanziellen Zuschüssen. Damit verpasste sie nicht zuletzt die Gelegenheit, den Wählern zeigen zu können, dass auch die AfD nur mit Wasser kocht und auf vielen Politikfeldern keineswegs Wunder bewirken kann.

Geholfen hat der CDU das alles nicht. Im Gegenteil erwies sich die Strategie der Brandmauer nicht nur als Konjunkturprogramm für die AfD, sondern auch als eine Art Gefängnismauer für die Union, da diese nun vom Wohlwollen von Grünen und/oder Sozialdemokraten abhängig ist und somit den versprochenen Politikwechsel nicht einläuten kann.

Bislang hatte die CDU die Chance, eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit mit der AfD aus einer Position der Stärke heraus zu versuchen. Doch nun steht die Konkurrenz in bundesweiten Umfragen immer häufiger vor der Union. In manch östlichem Bundesland wie Sachsen-Anhalt, wo im nächsten Jahr ebenfalls gewählt wird, sind es derzeit sogar 40 Prozent für die AfD und 26 Prozent für die CDU. Es könnte also sein, dass die Union den richtigen Zeitpunkt für eine Öffnung zur AfD bereits verpasst hat.


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS