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Ein Gespräch zum 500. Jubiläum des Herzogtums Preußen
Vor 500 Jahren entstand mit dem Herzogtum Preußen der erste lutherische Staat der Welt. Dieses Jubiläum wurde in der Bundesrepublik kaum gewürdigt, umso mehr aber in den Republiken Polen und Litauen. Der litauische Radiosender XFM in Wilna widmete aus diesem Anlass dem geistigen und kulturellen Erbe der „Kleinlitauer“ – jener litauischsprachigen Protestanten, deren Geschichte eng mit Ostpreußen verknüpft ist – eine Sendung. Gesprächspartner waren die Journalistin und Reiseführerin Aurelija Arlauskienė und der Fotograf Valentinas Juraitis. Moderiert wurde die Diskussion von Kęstutis Pulokas, dem Vorsitzenden des Rates für die Angelegenheiten Kleinlitauens.
Im Mittelpunkt des Gesprächs stand zunächst Stanislovas Rapolionis (Rapalionis), eine zentrale Figur der litauischen Reformation. Um 1490 nahe Eišiškės geboren, trat er zunächst als Franziskanermönch in Wilna auf, bevor er sich unter dem Einfluss der Reformation vom Klosterleben abwandte.
Nach dem Verbot der neuen Lehre durch König Sigismund dem Alten floh Rapolionis 1542 nach Preußen, promovierte in Wittenberg – in Anwesenheit Martin Luthers – und wurde Mitbegründer der protestantischen preußischen Albertus- Universität (Albertina) in Königsberg, deren erster Theologieprofessor er wurde.
Mitbegründer der Albertus-Universität
1545 veröffentlichte er das Werk „De ecclesia et eius notis“ („Über die Kirche und ihre Merkmale“) und wirkte auch an Martynas Mažvydas' (Martin Mosvid) „Katechismus“, dem ersten litauischen Buch, mit. Rapolionis starb im selben Jahr in Königsberg. Auf seinem Grab im Dom steht: „Hier ruht ein großer Mann, der Ruhm des litauischen Volkes.“
„Ich habe Rapolionis während meiner Arbeit als Reiseleiterin entdeckt“, so Arlauskienė. „Vor 15 Jahren plante ich eine Tour durch den Bezirk Šalčininkai und erfuhr, dass auf Gut Gornostajiškės der Freiheitskämpfer, Kirchenreformer und frühere Verbannte Bronius Skiauterė (1924–2013) lebte, der 1986 beschloss, Rapolionis ein Denkmal zu errichten.“ Die von Konstantinas Bogdanas geschaffene Bronzebüste wurde während der politischen Umbrüche 1990 zerstört; heute steht nur noch der Granitsockel am ehemaligen Herrenhaus. „Wenn ich mit Besuchern dorthin fahre“, so Arlauskienė, „legen wir Blumen nieder – zum Gedenken an Rapolionis und an den Mut von Skiauteré.“
Der Fotograf Valentinas Juraitis, Mitglied des Rates für Kleinlitauen, dokumentiert seit Jahren das protestantische Erbe in Ostpreußen. „Viele wissen kaum, dass hier auch die Wurzeln der litauischen Schriftsprache liegen“, sagte er. In seiner Arbeit zeigt er Kirchen, Friedhöfe und Schulhäuser, die einst Zentren litauischer Kultur waren – viele davon sind heute zerstört oder zweckentfremdet. „Ich habe etwa 15 Jahre lang für Zeitschriften und eigene Projekte fotografiert“, berichtete Juraitis. „Viele der Orte, die ich damals aufnahm, existieren heute nicht mehr. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die litauisch-preußischen Bewohner vertrieben oder ermordet – ihr Erbe verschwindet.“ Bis zum Beginn des Ukrainekrieges führten ihn Studienreisen regelmäßig nach Königsberg, Tilsit und Tolmingkehmen, wo das Donelaitis-Museum an den großen Dichter erinnert. „Heute ist das alles unerreichbar geworden“, sagte Juraitis. „Kleinlitauen, das geistige Herz der Reformation, liegt hinter Grenzen – doch sein kulturelles Gedächtnis lebt fort.“ Die Ausstellung „Das Erbe der Litauischen Preußen im Königsberger Gebiet“ (Lietuvininkų paveldas Karaliaučiaus krašte) von Juraitis ist derzeit im Tuskulėnai-Memorial in Wilna (Žirmūnų g. 1F) zu sehen.