30.09.2025

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Zweiter Weltkrieg

Die letzten Tage der Schlacht um Berlin

Henrik Schulze, ehemaliger Stadtchronist von Jüterbog, hat die Truppenbewegungen rund um die Reichshauptstadt kurz vor Kriegsende untersucht und Schauplätze selbst kleiner Orte in einer Chronik aufgeführt

Karlheinz Lau
30.09.2025

Henrik Schulze ist Stadtchronist der Stadt Jüterbog südlich von Berlin. Er beschäftigt sich mit Militärgeschichte vornehmlich in seiner Heimatregion. Im Mittelpunkt seines Buchs „Unbekannt 1945“ stehen die letzten Tage der Schlacht um Berlin, die Ereignisse südöstlich von Berlin mit dem späteren Soldatenfriedhof Halbe, der einer der größten in Deutschland ist. Er liegt nahe der Autobahn Berlin-Dresden.

Der vorliegende erste Band beginnt mit einer Beschreibung der militärischen Ausgangslage im Januar 1945 mit der „Weichsel-Oder-Operation der Roten Armee als Grundlage zur Einnahme Berlins“. Und auf derselben Seite steht eine wichtige Erkenntnis, die eigentlich als Resümee am Ende der Gesamtdarstellung beider Bände stehen müsste: „Der Krieg war eigentlich schon entschieden. Und trotzdem sollte das Völkermorden noch einige Wochen weitergehen“.

Hieran knüpfen die Fragen nach der Motivation der deutschen und der sowjetischen Soldaten an. Schulze findet Antworten: Trotz der materiellen und personellen Überlegenheit der sowjetischen Seite kämpften deutsche Landser, um ein weiteres Vordringen der Sowjets zu verhindern – zu stark wirkten die Berichte über Gräueltaten an der Zivilbevölkerung im Osten Deutschlands, aber auch der Wunsch nach einem schnelleren Vordringen der Westalliierten, die als weniger grausam eingeschätzt wurden. Die Soldaten der sowjetischen Seite wollten die Grausamkeiten rächen, welche die Deutschen beim Vordringen und beim Rückzug in Russland an Menschen und Material begangen hatten.

Ergebnis jahrelanger Recherchen
Wichtig für das Verständnis der folgenden Darstellungen ist eine Übersicht über die Gliederung der Truppen zu Beginn der Offensiven im Januar 1945: Die deutsche Wehrmacht mit Unterstützung durch SS-Verbände sowie die Luftwaffe und die Rote Armee. Erwähnung findet auch das Nationalkomitee Freies Deutschland, ein Zusammenschluss gefangener deutscher Soldaten und Offiziere, die auf sowjetischer Seite die deutschen Truppen von der Aussichtslosigkeit des Krieges zum Beispiel durch Lautsprecher an der Front zu überzeugen versuchten.

Im Zentrum des Buches steht die Chronik der Kampftage ab 16. April 1945. Insgesamt 460 Seiten werden für neun Tage gebraucht. Dieser Teil nötigt größten Respekt ab, es ist das Ergebnis jahrelanger Recherchen: persönliche Aufzeichnungen, Tagebücher, Bodenfunde von Soldaten – Russen wie Deutsche-, Zeitzeugen, Zeitungen, Literatur – ein Verzeichnis folgt im zweiten Band.

Der Autor hat so viel wie möglich auch sowjetische/russische Quellen genutzt. Viele Fotos führender Militärs beider Seiten und Alltagsszenen sowie zahlreiche Skizzen sind wichtige Ergänzungen zu den Texten, ebenso erhalten gebliebene Originaldokumente der deutschen Seite. Aus der Summe dieser Materialien war es Schulze möglich, jeden Kampftag mit seinen Truppenbewegungen beider Seiten aufzuzeigen unter Nennung der Schauplätze und selbst der kleinsten Ortschaften. Auch heutige Bewohner von Wriezen, Halbe, Teupitz, Müllrose Frankfurt/Oder und Spremberg können feststellen, wie die Gefechtslage am 17. oder 23. April sich entwickelt hat. Das Ortsregister umfasst nahezu vollständig alle Namen im Raum südöstlich von Berlin.

Die hier dargebotenen Fakten waren für alle damals Beteiligten grausame Realität. Unabhängig davon, wie man die Lektüre durchführt, in Gänze oder in einzelnen Abschnitten, es bleibt ein bedrückender Eindruck. Ein Leserkreis wird sich finden mit Interessierten aus der Region oder an dieser Phase des Krieges. In jedem Fall ist es ein wichtiges schriftliches Denkmal und gleichzeitig Teil der Geschichte des Zweiten Weltkrieges.

Henrik Schulze: „Unbekannt April 1945“ – Chronik der Kriegsereignisse vom 16. April bis zum 8. Mai 1945 und die Geschichte des Soldatenfriedhofs Halbe. 1. Band 16. bis 24. April 1945“, Eigenverlag, Jüterbog 2025, gebunden, 544 Seiten, 40 Euro


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