23.10.2025

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Aufmerksame Zuhörer: Gefiederte Fans beim Johann Strauss-Denkmal im Wiener Stadtpark
Bild: imago/skataAufmerksame Zuhörer: Gefiederte Fans beim Johann Strauss-Denkmal im Wiener Stadtpark

Kunst

Ein Wiener Exportschlager

Weltstar auf Reisen – Vor 200 Jahren wurde der Walzerkönig Johann Strauss Sohn geboren, der seine Musik weltweit vermarktet hat

Helga Schnehagen
23.10.2025

Der damals einflussreichste Musikkritiker Eduard Hanslick meinte zum 40. Geburtstag von Johann Strauss Sohn: „Seine Popularität ist geradezu unermesslich: In allen Weltteilen erklingen Strauß'sche Melodien und in unserem Weltteile fast aus jedem Hause.“ Noch 160 Jahre später ist der von ihm komponierte Donauwalzer eines der weltweit meistgespielten Musikstücke überhaupt.

Johann Strauss Sohn wurde am 25. Oktober 1825 in St. Ulrich bei Wien, heute Teil des Wiener Stadtgebiets, geboren. Als erfolgreichster Spross der österreichischen Walzerdynastie avancierte er schon jung zum internationalen Star. Allerdings ohne den Segen des Vaters. Johann I. hatte für Johann II. eine Laufbahn als Beamter vorgesehen und schickte den Sohn zunächst aufs Polytechnikum.

Unterstützung fand er bei der Mutter. Anna kannte das Musikgeschäft und setzte alles daran, ihrem begabten Sohn eine musikalische Ausbildung zu ermöglichen, um es erfolgreich fortzusetzen. Eine existenzielle Entscheidung. Denn Vater Strauss hatte sein privates Glück bei der jüngeren Modistin Emilie Trampusch gefunden und in bachscher Vermehrungsfreude binnen 21 Jahren mit beiden Frauen 14 Kinder gezeugt. Sohn Johann dagegen blieb in drei Ehen kinderlos.

Als ältester legitimer Spross gründete er mit 19 Jahren eine eigene Tanzkapelle. Gleich der erste Auftritt am 15. Oktober 1844 wurde ein Riesenerfolg. Vater und Sohn waren jetzt Rivalen und die mächtige Konkurrenz des Vaters für Johann II. in Wien deutlich spürbar. Daher ging er auf Reisen und setzte 1845 in Graz, dann 1846 in Pest (Budapest) und Ofen und weiter in Richtung Balkan, in Preßburg, Neusatz, Belgrad und Bukarest, seinen Erfolg fort.

Als der Vater 1849 starb, vereinigte Sohn Johann beide Orchester und startete mit 24 Jahren voll durch. Zunächst spielte er in Warschau auf, wo gerade Nikolaus I. von Russland und Kaiser Franz Joseph zusammentrafen, und knüpfte royale Kontakte. Marketing und Networking, wie man heute sagt, lagen in der Familie.

Begonnen hatte es der Vater. Johann Strauss I. war der erste reisende Unterhaltungsmusiker. Johann Strauss II. übernahm das Geschäftsmodell und reiste mit seinem Orchester durch die ganze musikalische Welt. Auf seinen umjubelten Konzerten wurden vorwiegend Walzer, Märsche und Polkas gespielt. Fleißig wie er war, vernachlässigte er dabei das Komponieren nicht. Zahlreiche Uraufführungen fanden auf den Konzertreisen statt. Nachfolgend ein kleiner Einblick in Strauss Sohns bewegtes Leben.

In Russland gastierte Strauss besonders gerne und oft. Alleine elf Sommer zwischen 1856 und 1869 im Auftrag der Direktion der Zarskoje-Selo-Eisenbahngesellschaft jeweils von Mai bis Oktober in Pawlowsk in einem Pavillon in der Nähe des Bahnhofsgebäudes. Der Ort 30 Kilometer südlich von St. Petersburg war Endpunkt der ersten russischen Eisenbahnlinie. Dabei fanden zahlreiche Uraufführungen statt, so die der „Pizzicato-Polka“, die Johann mit seinem jüngeren Bruder Joseph komponiert hatte.

In Deutschland war Strauss schon im Oktober 1852 in Dresden, Leipzig, Berlin und Hamburg aufgetreten, 1876 erneut in Berlin und Leipzig. 1883 kam es in Berlin bei der Premiere seiner Operette „Eine Nacht in Venedig“ zum Skandal. Beim Gesangstext „Nachts sind die Katzen ja grau, nachts tönt es zärtlich miau“ fing das Publikum an zu miauen. Strauss musste abklopfen. Als er das Lied erneut anstimmte, ging der Wirbel von vorne los. Bei der Wiener Premiere sechs Tage später war der Text umgeschrieben und „miau-frei“: „Ach wie herrlich zu schau'n sind all die herrlichen Frau'n.“

Dirigent von 1000 Musikern
Zur Uraufführung des „Kaiser-Walzers“ trat Strauss 1889 nochmals in Berlin ans Dirigentenpult. Das Werk trug ursprünglich den Titel „Hand in Hand“ in Anspielung auf die Freundschaft der Herrscherhäuser Preußen und Österreich.

Auch Frankreich und England lagen ihm zu Füßen. 1867 reiste der Komponist und Dirigent erstmals nach Paris. Bei der Pariser Weltausstellung gab er Konzerte, bei denen ihn der Prince of Wales, der spätere König Eduard VII., gesehen haben soll. Noch im selben Jahr wurde Strauss die Leitung der Tanzmusik bei 63 Londoner Promenadenkonzerten im Covent Garden Theatre übertragen. In seinen dort entstandenen Werken „Erinnerung an Covent-Garden op. 329“ und „Festival-Quadrille op. 341“ zitiert Strauss populäre englische Lieder.

1875 war Strauss wieder in Paris, wo „La Reine Indigo“, die französische Bearbeitung seiner ersten Operette „Indigo und die vierzig Räuber“ drei Jahre erfolgreich lief. 1877 leitete er Maskenbälle in der Pariser Oper und dirigierte „La Tzigane“, die Umarbeitung der „Fledermaus“. Am 28. März 1877 wurde er zum Ritter der französischen Ehrenlegion ernannt.

Auch Italien stand auf dem Programm. 1874 unternahm Strauss mit der Wiener Weltausstellungs-Kapelle eine Tournee durch das Bel Paese. Im Teatro Regio in Turin brachte er seinen Walzer „Wo die Citronen blühn op. 364“ unter dem Titel „Bella Italia“ zur Erstaufführung.

Strauss' wichtigste Reise war sein Trip in die USA: Sie machte ihn zum ersten globalen Superstar der Musikgeschichte. 1872 hatte er in Boston beim Weltfriedensfest innerhalb von drei Wochen an 16 von insgesamt 23 Konzerten teilgenommen. Vor schätzungsweise 50.000 Besuchern dirigierte er zusammen mit Sub-Dirigenten ein 1000 Mann starkes Orchester in dem eigens für das Musikfest erbauten „Kolosseum“. Im Anschluss ging er für drei Konzerte nach New York. Zum Abschiedskonzert in der New Yorker Academy of Music steuerte er die „Manhatten Waltzes“ bei.

Johann Strauss Sohn starb 1899 mit knapp 74 Jahren in Wien. Seine Heimatstadt würdigte den Musikstar mit einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof.


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