Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Nebel, Schnee und eisige Kälte machten den Wettbewerb zu einer lebensgefährlichen Herausforderung
Ursprünglich sollte der dreitägige Ostpreußenflug des Deutschen Luftfahrtverbandes in Gemeinschaft mit der Gruppe Ost vom 17. bis 19. Februar 1929 stattfinden. Der Start wurde aber wegen extremer Minustemperaturen um 14 Tage und dann erneut vom Sonntag, den 3. März auf Montag, den 4. März wegen starken Schneetreibens und ungünstiger Wettermeldungen aus den anderen Provinzstädten verschoben. Schon damals hatte die Sicherheit der Piloten absoluten Vorrang.
Zugelassen zu diesem Flug wurden nur in Deutschland gebaute Flugzeuge bis maximal 400 Kilogramm Rüstgewicht und obendrein mit bestandener technischer Leistungsprüfung. Folgende beiden deutschen Flug-Asse nahmen letztendlich an der waghalsigen Veranstaltung, dem Ostpreußenflug 1929, teil:
Pilot Theodor „Theo“ Jakob Croneiss aus Fürth mit einem BFW Tiefdecker „M 23c“ der Bayerischen Flugzeug-Werke AG Augsburg und Flugbeobachter Fitzeck, Pilot Friedrich „Fritz“ Wilhelm Siebel aus Stuttgart mit einem Klemm Tiefdecker „L 25 I“ der Klemm GmbH Böblingen und Flugbeobachter Habemeier. Siebel gründete immerhin in den 1920er Jahren die Firma Körner und Siebel in Berlin und beteiligte sich 1927 an dem Leichtflugzeugbau Klemm in Böblingen. Später übernahm er als Kommanditist das Flugzeugwerk Halle und nannte es in Siebel Flugzeugwerke um.
Ein weiteres gemeldetes Flugzeug der Akademischen Fliegergruppe Darmstadt wurde zwar von Experten in Sachen Leistungsvermögen hoch gehandelt, bestand vermutlich aber nicht die technische Leistungsprüfung, ohne die ein Start nicht zulässig war.
Bei widrigen Winden, Schneetreiben und mangelnder Sicht starteten die Flugzeuge am 4. März vom Flugplatz Devau zur ersten 383 Kilometer langen Tagesetappe mit Zwischenlandungen in Marienburg und Allenstein und dem finalen Ziel Königsberg. Die Wendemarken in Elbing, Marienwerder, Deutsch Eylau, Osterode und Bartenstein wurden in einer Höhe von 50 Metern vorschriftsmäßig umrundet. Erreichte Siebel noch Marienburg als Erster, wurde er in der Nähe von Marienwerder aber von Croneiss überholt und verlor zu allem Überfluss auf dem Weg nach Allenstein Karte, Mütze und Flugbrille. In Allenstein konnte er sich eine Skizze der von Croneiss verwendeten Karte anfertigen. Croneiss landete mit 38 Minuten Vorsprung in Königsberg.
Die zweite und mit 484 Kilometern längste Tagesetappe führte dann von Königsberg mit den Wendemarken Bartenstein und Rastenburg zur Zwischenstation Allenstein über Marienburg zum nächsten Zwischenhalt Danzig. Auf dem Rückweg nach Königsberg mit Flug über Elbing setzte jedoch heftiges Schneegestöber ein. Erneut landete Croneiss, diesmal mit 18 Minuten Vorsprung, als Erster nach Königsberg.
Mit der letzten über 466 Kilometer langen Strecke von Königsberg über Tilsit, Rastenburg, Allenstein und Elbing fand der Ostpreußenflug in Königsberg seinen krönenden Abschluss. Wegen dichten Nebels konnte Siebel den Tilsiter Flugplatz jedoch nicht finden und musste schließlich in der Nähe der Stadt auf einem zugefrorenen Teich notlanden. Wegen ebenfalls aufkommenden Nebels flog der in Elbing mit über eine Stunde im Rückstand liegende Siebel in geringer Höhe an der Bahnstrecke Elbing–Königsberg entlang, musste jedoch infolge der schlechten Witterung bei Grunau in der Nähe von Heiligenbeil notlanden und erreichte mit knapp zwei Stunden Rückstand Ostpreußens Hauptstadt Königsberg.
Croneiss und Siebel erhielten für den restlos durchgeführten Streckenflug je 2500 Mark und jeweils eine Sonderprämie von nochmals 6000 Mark. Der Sieger und ab April 1942 Vorstandsvorsitzender der Messerschmitt AG Croneiss wurde mit dem Ehrenpreis des Deutschen Luftfahrtverbandes und den Preisen der Städte Marienburg und Tilsit ausgezeichnet, während Siebel die Preise der Städte Danzig und Insterburg erhielt. Auch die beiden Beobachter Fitzeck und Hagemeier wurden mit Preisen bedacht.
Der Ostpreußenflug war aufgrund seines Schwierigkeitsgrades, aber auch wegen seiner Schönheit berühmt und berüchtigt.