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Vor allem Schiffseigner sehen sich vielen neuen Widrigkeiten ausgesetzt und reichen die Kosten letztendlich an die Verbraucher auf der ganzen Welt weiter
Bis zu vier Millionen Arbeitsplätze sind in Deutschland von Seltenen Erden abhängig, schätzen McKinsey-Unternehmensberater. Die begehrten Rohstoffe sind zugleich der neueste Zankapfel im Handelskrieg USA gegen China. Eine Million deutscher Jobs sind dadurch direkt und drei Millionen indirekt bedroht, wenn keine Seltenen Erden mehr importiert werden.
China ist Hauptlieferant der Metalle, und die Entscheidung Pekings, den Export der Rohstoffe noch stärker zu kontrollieren, löste nun neue US-Zölle aus. Eine neue Zollspirale setzt ein: Zoll – Gegenzoll. Chinas Programm neuer Hafengebühren im Gegenzug zu ähnlichen US-Abgaben ist nun seit dem 14. Oktober in Kraft. Berichte schätzen, dass 13 Prozent der Rohöltanker, elf Prozent der Containerschiffe und 15 Prozent der Öltanker global betroffen sein könnten.
Abhängigkeit zu China ignoriert
Reedereien klagen, dass sie Schiffe teuer umleiten müssen und hohe Rechnungen aus China erhalten. Chinas Hafengebühren treffen dabei ebenso stark die Ölbranche. Besitzer von Tankern sehen sich viel Papierkrieg und überhöhten Gebühren ausgesetzt. Doch durch die Vernetzung des Welthandels bleiben auch Europas Verbraucher nicht ungeschoren. Darüber hinaus erhalten US-Schiffseigner sowie auch Chinas Konsumenten am Ende die Rechnung. Und der Papieraufwand in Chinas Häfen verzögert zudem die Schiffsanläufe aus Europa.
Ein Streit um Seltene Erden und ein entsprechender Exportrückgang aus China bringen auch deutsche Chiphersteller in Bedrängnis, allen voran in Sachsen. Selbst Magnete sind von dem Zollkonflikt betroffen. Und über die Preise der begehrten Rohstoffe kommt weiter Druck auf deutsche Produzenten zu. Zu lange haben Märkte sich auf billige Angebote aus China verlassen und haben Staaten wenig in den eigenen Rohstoffabbau investiert, obwohl alte Tagebaugebiete in Deutschland potentiell geeignet wären.
Umladungen auf hoher See
Die Größen in der Welt der Containerschiffe ziehen indes Konsequenzen. Die deutsche Reederei Hapag-Lloyd leitete unmittelbar die „Potomac Express“ um. Ein Zwischenstopp in Ningbo, China, wurde gestrichen, es ging direkt nach Busan in Südkorea. Auch die dänische Reederei Maersk entlud die für China eigentlich bestimmte Fracht teils in Korea. Die Ladung, die in China an Bord gehen sollte, wurde stattdessen auf die Maersk Luz umgeleitet. Die beiden Schiffe sollen sich am 24. Oktober in Kwangyang, Südkorea, treffen, wo die Container je nach Verfügbarkeit und Kapazität auf die Potomac Express umgeladen werden. Das zeigt die enge Verknüpfung der Routen, die nun durcheinander geraten. Schon die Frage, welche Schiffe sich anteilig oder ganz überhaupt in US-Besitz befinden, lässt sich schwer beantworten. Die Eigner der an der New Yorker Börse gelisteten Firmen sind global verstreut, deren Staatsbürgerschaft ist kaum ermittelbar. In der Praxis droht damit Willkür, die auch Firmen jenseits der USA trifft.
Einige von ihnen – mit mehr als 25 Prozent US-Anteilseignern – laufen übliche China-Häfen nicht mehr an. Logistik mit US-Bezug über China wird teuer. Der Markt der Frachtschiffe in der globalen Handelsflotte spaltet sich in eine Klasse, die ins Reich der Mitte fahren kann und die anderen. Schiffe laden ihre Fracht teils auf See von Schiff zu Schiff um. Für Supertanker kommen rund sechs Millionen US-Dollar durch die chinesischen Gebühren pro Schiff und Fahrt hinzu. Was von der Neuorganisation der Routen, Abgaben und neuen Marktpreisen anteilig am deutschen Verbraucher hängenbleibt, lässt sich noch nicht beziffern.
Ein wildes Rennen hat begonnen
Die Frachtkosten ganzer Schiffsklassen steigen: Großtanker mit weltweit knapp 900 Einheiten agieren mit schwer kalkulierbaren Kosten. Das treibt wiederum die Kosten am Gesamtmarkt hoch. Die Preise dort sind schon in Reaktion auf die Geschehnisse spürbar gestiegen. Auch die höheren Charterkosten für die Riesentanker landen am Ende anteilig auf den Rechnungen europäischer Verbraucher.
Die großen, an US-Börsen notierten Schiffseigner können allerdings ein Stück weit aufatmen, da sie in der Regel viele in China gebaute Schiffe besitzen, die von Pekings neuen Abgaben befreit sind. Ein Wettkampf um die beste Bauentscheidung für Schiffe setzt ein.
Insgesamt aber wird durch die enge Vernetzung die Weltflotte wegen Umgehungsstrategien ineffizienter, Fracht für alle teurer. Eigner können mit geschickten Winkelzügen noch mehr Profit einfahren. Ein wildes Rennen, neue Regeln zu verstehen und ihren Schaden zu begrenzen, ist auf den internationalen Bühnen der Schiffseigner und Betreiber zu verfolgen. Nachteile für die deutsche Wirtschaft treten als Kollateralschäden der neuen Handelskriege auf. In den Häfen geht die neue Angst vor schrumpfendem Wachstum um.