Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Entspannt von Gutshof zu Gutshof und einigen inseltypischen Überraschungen
Willkommen auf der Insel Rügen! – So steht es weiß auf blau an der Ziegelgrabenbrücke. Über die verläuft die Bundesstraße 96a. Alle Radfahrer benutzen sie, um von Stralsund auf Deutschlands größte Insel zu gelangen. Und es werden immer mehr, sogar jetzt im Herbst. Zu Recht, denn der „Indian Summer“ entfaltet jetzt seine ganze Farbenpracht.
Als häufiger Rügen-Radler und Hansestädter möchte ich einen landschaftlich schönen und wenig befahrenen Rundkurs von rund 60 Kilometern Länge vorstellen, der leicht, trotz einiger Moränenhügel, in gut vier Stunden zu bewältigen ist.
Das neue sehenswerte Seebad Altefähr hebt man sich nach der Sundüberquerung für später auf und fährt weiter parallel zur 96 auf dem Radweg. Den verlässt man hinter Scharpitz und biegt nach links ab auf die Europäische Route Backsteingotik mit dem Kürzel E 10. Hinter dem Gutshof Breesen öffnet sich das Gesträuch und der Blick schweift weit über die Felder. Im Nordosten glitzert silbrig die blaue Fläche des flachen Kubitzer Boddens. Die Luft ist erfüllt vom schrillen Trompeten unzähliger Kraniche, auf den Äckern picken hunderte ihrer Artgenossen in dem abgeernteten Maisfeld nach Kraftfutter für ihren langen Flug gen Süden. Kommt man den scheuen Tieren jedoch zu nahe, fliegen sie vielstimmig protestierend auf.
Von Wasser gesäumt
Gut Grabitz, mal als Reiterhof geplant, ist nur noch eine hübsche Investruine. Durch Rambin und Drammendorf rollt man über die Feldflur zum Gut Rothenkirchen, an dem vorbei wieder auf den Radweg der „Schwedenstraße“ 96a. Die verlässt man mit der nächsten Brückenüberführung Richtung Götemitz – ohne h und mit ö. Linker Hand überragt die Ernst-Moritz-Arndt-Buche das eiszeitlich-hügelige Terrain. Versteckt am Wegesrand die Töpferei „Rügener Fayence“, schließlich der alte Gutshof ehemals derer von Kathen, wo 1772 der dichtende Pfarrer Ludwig Gotthard Kosegarten auch mal Hauslehrer war.
Von den zahlreichen Obstbäumen am Wegesrand wie auch anderswo kann man sich noch vitaminreiche Marschverpflegung in Form von Birnen und Äpfeln einstecken. Das verträumte Datzow ist das nächste Ziel. In der Ferne überragt bereits der Kirchturm von Poseritz die Bäume. Am Ortseingang links hinter Glas ein privates Motorrad- und Mopedmuseum mit Beständen aus DDR-Zeiten. An der Kreuzung kann man sich entscheiden: entweder nach Norden Richtung Samtens und dann rechts in Groß Stubber zum tiefen, waldumschlossenen sehr idyllischen Kreidesee abzubiegen, oder die Deutsche Alleenstraße Richtung Garz weiterzuradeln. Die verläuft übrigens auf der alten Trasse der Rügen´schen Kleinbahn, an die in Poseritz ein Haltestellen-Hinweis erinnert. Pause, denn auf dem früheren Bahnsteig verlocken Hallimasch-Pilzgruppen zum Pflücken fürs Abendbrot. Neben der Strecke erinnern einen Schlehenbüsche mit ihren reifen Früchten an Säfte und mehr. Auch hier lohnt ein Sammelstopp.
Noch ein paar Kilometer und rechts zweigt der Weg ab – links liegt Swantow mit seiner Konzertkirche Sankt Stephanus von 1469 – nach dem aus hübschen Reetdachhäusern bestehenden Feriendorf Puddemin. Der kleine Sportboot-Hafen liegt am Ende der Puddeminer Wiek, einem schmalen Arm östlich des Strelasunds. Im Hafenrestaurant lässt sich gut und günstig einkehren bei lokalen Spezialitäten. Weiter nach Osten steht man plötzlich in Groß Schoritz vor dem Geburtshaus von Ernst Moritz Arndt.
Greifswald und Stralsund im Blick
Wir strampeln dann wieder den bereits bekannten Weg E 10 entlang Richtung Mellnitz mit seinem weißen Gutshaus, das mit Ferienwohnungen auch zu Übernachtungen einlädt, und reetgedeckten Sommerhäusern. Der weitere Weg ist jetzt für ein paar Kilometer beidseitig von Wasser gesäumt. Am Ende der sich rechts erstreckenden Mellnitz-Üselitzer Wiek – ein künstlicher See, geschaffen als Ausgleichsmaßnahme für die 2007 fertiggestellte Rügenbrücke – blitzt das weiße wie auf einer Insel liegende Herrenhaus Üselitz durch die hohen Bäume, über denen ein Seeadlerpaar majestätisch kreist. Entsprechend kann man sich hier als „hochherrschaftlicher“ Feriengast einmieten, mit endlosem Blick über Felder, Wälder und Gewässer. Weiter über Glutzow Siedlung und Glutzow Hof, wo nach links abgebogen wird. In der Ferne blinkt der Strelasund, den man vom Ortseingang Venzvitz aus nach einem erneuten Linksabbieger erreicht. Am asphaltierten Weg gibt es kein Hinweisschild auf das Wasser mit seinen kleinen, einsamen Stränden, verborgen im Schilf am Goldberger Haken. Hier dann die große Überraschung, eine Kegelrobbe steckt ihren Kopf neugierig aus dem Sundwasser.
Der Weg führt über einen Hügel und endet abrupt am Rand einer Ackers. Von hier aus kann man sogar den Turm des Greifswalder Doms und die himmelblaue Stralsunder Volkswerft-Halle erkennen. Zurück auf dem E 10 und damit der Kleinbahnstrecke, die 1967 stillgelegt wurde, radeln wir über ein weites Feld, passieren Gut Sissow, rollen durch ein Wäldchen, queren Weiden und erreichen beim Gutsdorf Gustow die Deutsche Alleenstraße. Parallel durch die Natur führt der Radweg zum Rügendamm. Womit sich der Kreis wieder schließt.