24.10.2025

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Führen den Protest der 18 „jungen Wilden“ aus der CDU-Fraktion an: Johannes Winkel (l), Bundesvorsitzender der Jungen Union, und Pascal Reddig, stellvertretender JU-Vorsitzender
Bild: picture alliance/dpa/Sebastian WillnowFühren den Protest der 18 „jungen Wilden“ aus der CDU-Fraktion an: Johannes Winkel (l), Bundesvorsitzender der Jungen Union, und Pascal Reddig, stellvertretender JU-Vorsitzender

Rentenstreit

Ein Riss geht durch die Union

18 junge Christdemokraten gefährden die Koalitionsmehrheit im Bundestag

Peter Entinger
24.10.2025

Innerhalb der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag bahnt sich ein Konflikt um das geplante Rentenpaket der Bundesregierung an. Viele stellen sich daher die Frage, ob es nur eine verbale Kraftprobe ist, oder ob die „jungen Wilden“ endlich einmal Profil zeigen. Denn das wäre für Unionsverhältnisse tatsächlich etwas Neues. 18 Unionsabgeordnete drohen derzeit damit, das milliardenschwere Renten-Gesetz im Bundestag zu blockieren.

Ihre Sprecher gehören der „Jungen Gruppe“ an, einem informellen Kreis von Parlamentariern unter 35 Jahren. Lange hat die Union einheitlich abgestimmt – nun äußern junge Abgeordnete öffentlich Zweifel und ihren Unmut am Kompromiss. Pascal Reddig, Vorsitzender des Zusammenschlusses, kritisierte in der vergangenen Woche, Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) habe im Koalitionsausschuss ein Paket durchgesetzt, das über das im Koalitionsvertrag Vereinbarte hinausgehe. Er mahnte: „Das Rentenpaket ist das teuerste Sozialgesetz dieses Jahrhunderts und eine dauerhafte Milliardenlast auf den Schultern der jungen Generation, was nicht hinnehmbar ist.“

Kein Refinanzierungs-Konzept
Nach internen Berechnungen würden dadurch allein für die Jahre 2032 bis 2040 Mehrkosten von über 115 Milliarden Euro anfallen. Im Koalitionsvertrag war ursprünglich nur die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent bis 2031 vereinbart. Nun sieht der Entwurf vor, das Niveau auch nach 2031 hochzuhalten. Und das sorgt für Kritik: Nach Auffassung der „Jungen Gruppe“ würde der Bundeszuschuss zur Rente langfristig massiv steigen, ohne dass Gegenmaßnahmen festgelegt wären. Schon heute beanspruchen die Zuschüsse rund ein Viertel des Bundeshaushalts, warnen sie. Jede weitere Belastung lehnen sie daher ohne ein notwendiges Refinanzierungs-Konzept ab.

Der versprochene Nachhaltigkeitsfaktor würde durch das Paket faktisch ausgehebelt, monierten die jungen Unionisten weiter. Zudem sollte eine Rentenkommission nach dem Kabinettsbeschluss über weitere Schritte entscheiden – konkrete Eckdaten tauchen jedoch jetzt schon auf. Zum Beispiel enthält der Entwurf eine Ausweitung der Mütterrente, die rund fünf Milliarden Euro pro Jahr kostet. Die jungen Abgeordneten fordern deshalb, dass ohne Parlamentsbeschluss keine dauerhafte Mehrbelastung eingeführt wird.

Der Protest richtet sich auch gegen die Union-Spitze: Die Abgeordneten werfen Kanzleramt und Fraktionsführung vor, sie nicht rechtzeitig informiert zu haben. Insbesondere Fraktionschef Jens Spahn gerät ins Kreuzfeuer. Der konterte mit dem Hinweis, das Papier sei lange bekannt gewesen. Fraktionsgeschäftsführer Steffen Bilger versucht zu vermitteln: „Ich habe schon Verständnis für die Kritik, die die ,Junge Gruppe' äußert.“ Er erinnert daran, dass im Koalitionsvertrag nur bis 2031 verbindliche Festlegungen getroffen wurden. Nun werde man in den weiteren Beratungen alle Fragen mit der SPD klären. Die bestehenden Vereinbarungen behielten aber weiterhin Vorrang.

Bundeskanzler Friedrich Merz bemüht sich, die Wogen zu glätten. Er wies darauf hin, dass bislang erst der erste Teil der Rentenreform beschlossen worden sei. Ab 2032 sei die weitere Entwicklung „offen“, und viele Entscheidungen müsse eine Rentenkommission treffen, die im nächsten Jahr tage. Die Unionsspitze mahnt zugleich, den Koalitionsfrieden nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen.

SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt reagierte bereits scharf: Sie warf den jungen Unionspolitikern „Generationentäuschung“ vor. „Heute Beiträge zahlen, morgen weniger Rente bekommen“, empört sie sich. Die Jungen wollten zwar nach eigener Aussage das Rentenniveau sichern, aber nicht auf dem Rücken der jungen Beitragszahler, so Schmidt. „Das ist nicht nachhaltig – das ist unsozial.“

Koalition auf dem Prüfstand
Die SPD-Spitze appelliert an die Union, den Rentenbeschluss mitzutragen; ein Scheitern ginge allein auf die Kappe der Christdemokraten. Union und SPD haben zusammen nur eine hauchdünne Mehrheit im Bundestag von zwölf Stimmen. Die 18 Abgeordnete könnten also das Paket zu Fall bringen. Kritiker warnen, ein Scheitern könne nicht nur die Regierung, sondern auch die Partei vor eine Zerreißprobe stellen. Fraktionsmanager Bilger ist daher bemüht, Brücken zu bauen. „Die ,Junge Gruppe' hat schon einen Punkt, wenn sie sagten, der Entwurf gehe über das hinaus, was im Koalitionsvertrag vereinbart ist.“ Ohne Gegenplan müssten etwa 15 Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr in die Rentenkasse fließen.

Kritiker betonen, dass damit zentrale Elemente der Koalitionsvereinbarungen auf den Prüfstand gerieten: Union und SPD hatten geplant, das Paket noch in diesem Jahr zu verabschieden – ein Scheitern wäre politisch somit kaum verkraftbar. Merz und Spahn werden intern nach Lösungen suchen müssen, um den Streit schnellstens beizulegen. In Koalitionskreisen heißt es, die Union müsse jetzt ihren Hausfrieden wiederherstellen, um die Reform nicht aufs Spiel zu setzen. SPD-Politiker unterstreichen, dass die Alterssicherung oberste Priorität habe; sie fordern nachdrücklich, dass die Union ihre Basis einbinde. Der Ball liege nun bei der Union. Der Streit solle zwar keinen Schaden anrichten, aber die SPD-Vizefraktionschefin ließ schon mal die verbalen Muskeln spielen: „Wir bestehen darauf, dass dieser Gesetzentwurf an dem Punkt so bleibt, wie er ist.“ Zugleich verwies sie darauf, dass „Merz das im Kabinett mitbeschlossen hat“.


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