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Erstmals regt sich Protest gegen Asylzuwanderung – Die linke Sinn Féin-Partei brach in Umfragen ein
Um das Zentrum von Dublin herum liegt ein alter Kanal. Seit diesem Frühjahr haben Hunderte Asylbewerber die Ufer des Grand Canal mit Zelten in Beschlag genommen. Afrikaner, Iraker und Afghanen traten aufgeschreckten Spaziergängern entgegen. Die Polizei rückte an, Zelte wurden abgerissen – und wenig später standen sie wieder da. Der Zuzug von Asylanten hat auch in Irland massiv zugenommen. In der ersten Jahreshälfte stieg die Zahl um 94 Prozent an, für das Gesamtjahr erwartet die Regierung 22.000 Asylmigranten.
Für die kleine Inselrepublik mit fünf Millionen Einwohner ist das viel. Die Regierung mietete Hotels als Unterkünfte an, auch alte Fabriken und Kasernen wurden umfunktioniert. Gemessen an der Bevölkerungszahl ist der Asylzuwanderungsdruck nun in etwa so hoch wie in Deutschland. Die Situation ist auch deshalb schwierig, weil zuvor schon 100.000 Ukrainer seit dem Ausbruch des Krieges nach Irland zogen. Die Zuwanderung verschärft die Wohnungskrise. Und damit wurde die Migrationsfrage zu einem Thema, das in den Wahlen eine größere Rolle spielte. Zuvor hatte die Regierung stets vermieden, die hohe Zuwanderung negativ zu erwähnen. Vor einem Jahr kam es aber in Dublin zu gewaltsamen ausländerfeindlichen Protesten, nachdem ein nordafrikanischer Zuwanderer vor einer Schule ein Kind mit einem Messer abgestochen hatte. Spätestens da wurde klar, dass das Thema sozialen Sprengstoff birgt.
Zuwanderung und Wohnungskrise sind die Hauptthemen bei der Parlamentswahl, die am Freitag, den 29. November stattfindet. Noch zu Beginn dieses Jahres sah es so aus, dass die linksgerichtete republikanische Partei Sinn Féin (Wir selbst) erstmals stärkste Kraft werden könnte. Die Partei von Mary Lou McDonald führte in den Umfragen mit deutlich mehr als 30 Prozent. Weil Sinn Féin früher politischer Arm der irisch-republikanischen Terrororganisation IRA war, wird sie von den anderen Parteien gemieden. Nun machte sie sich Hoffnung, erstmals an die Regierung zu kommen.
Doch dann brach Sinn Féin ein. Schon bei den Europawahlen im Juni kam die Enttäuschung. Die sich zuspitzende Asylproblematik machte den Linkspopulisten einen Strich durch die Rechnung. Denn Sinn Féin, die mit der deutschen Linkspartei befreundet ist, hat sich stets für offene Grenzen und Willkommenskultur stark gemacht. Viele Wähler aus der Arbeiterschicht wandten sich nun ab.
Die jüngste Ipsos-Umfrage zeigt die bürgerliche Partei Fine Gael von Regierungschef Simon Harris mit 25 Prozent vorne. Harris ist seit dem überraschenden Rücktritt des Liberalen Leo Varadkar in diesem Frühjahr Ministerpräsident. Auf Platz zwei liegen die mitregierende liberal-konservative Partei Fianna Fáil und die oppositionelle Partei Sinn Féin mit jeweils 19 Prozent. Weit abgeschlagen sind die bislang mitregierenden Grünen, die nur noch auf drei Prozent kommen. Möglicherweise braucht Harris einen neuen Koalitionspartner.
Auffällig ist, dass in Irland bislang keine Partei rechts der beiden zentristischen Hauptparteien aufgekommen ist. Fine Gael und Fianna Fáil wechseln sich seit hundert Jahren an der Regierung ab. Beide bezeichnen sich als Parteien der Mitte, Fine Gael (eine Schwesterpartei der CDU/CSU) sogar als „progressive Mitte“. Beide sind schrittweise nach links gerückt. Rechts wäre viel Raum frei. Doch anders als in den meisten europäischen Ländern hat es in Irland keine Rechtspartei vermocht, sich zu etablieren. Allerdings könnten mehr als 20 Prozent der Stimmen und der Sitze im Parlament, dem Dáil, an „Independents“ gehen. Viele dieser unabhängigen Kandidaten gelten als konservativ und deutlich immigrationskritischer als die etablierten Parteien.