Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Bürokratie, unfaire Konkurrenz, Steuern – MKS: Berliner Woche von Problemen der Bauern überschattet
Im Jahr 1938 fiel die Grüne Woche wegen der seinerzeit grassierenden Maul- und Klauenseuche (MKS) aus. Nur kurz vor der Eröffnung der diesjährigen Grünen Woche ist die hochansteckende Tierseuche nun bei einer Herde von Wasserbüffeln im Berliner Umland festgestellt worden. Der betroffene Agrarbetrieb liegt nur knapp eine Autostunde vom Messegelände entfernt.
In Deutschland war MKS letztmalig im Jahr 1988 in Niedersachsen aufgetreten. In Europa war die Krankheit zuletzt 2011 in Bulgarien festgestellt worden. Um den aktuell von MKS betroffenen Tierbetrieb in Hönow bei Berlin wurde ein Sperrkreis errichtet. Alle elf Tiere der Herde werden getötet.
Anders als in den 1930er Jahren wurde die Agrarmesse wegen der Maul- und Klauenseuche aber nicht abgesagt. Wegen der Seuchengefahr fehlen in diesem Jahr auf dem Messegelände am Berliner Funkturm allerdings Rinder, Schafe, Ziegen und andere Paarhufer. Hintergrund ist die Sorge, die Tierseuche könnte sich über die Grüne Woche mit ihren 1400 Ausstellern aus fast 60 Ländern flächendeckend ausbreiten: MKS ist hochansteckend. Die Seuche überträgt sich über die Atemluft, Dung, Milch und Speichel. Selbst eine indirekte Übertragung durch Tiertransporter oder Kleidung ist möglich.
Zum Glück nur ein Fall
Derzeit geben die Verantwortlichen im Hinblick auf den betroffenen Landkreis Märkisch-Oderland allerdings vorsichtig Entwarnung: „Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es weiterhin keine Hinweise auf eine Ausbreitung der MKS“, so Brandenburgs Landwirtschaftsministerium einen Tag vor Beginn der Grünen Woche. Laut dem Deutschen Raiffeisenverband hat die Tierseuche allerdings schon jetzt immense wirtschaftliche Folgen. Obwohl die Krankheit nur bei drei Tieren einer einzigen Herde festgestellt wurde, hat Deutschland insgesamt seinen Status als „seuchenfrei“ verloren.
Folge sind Handelsbeschränkungen. Südkorea, Mexiko und Großbritannien haben die Einfuhr von Schweinefleisch aus Deutschland verboten. Bis Deutschland wieder als seuchenfrei gilt und Handelsbeschränkungen wieder aufgehoben werden, vergehen selbst im günstigen Fall drei Monate. Nach den Belastungen durch die Afrikanische Schweinepest sind dies Nachrichten, die eine ohnehin angeschlagene Agrarbranche treffen.
Vor einem Jahr hatte die Grüne Woche noch vor dem Hintergrund massiver Proteste von Landwirten stattgefunden. Anlass war der Plan der Bundesregierung, auch für Landwirtschaftsfahrzeuge eine Kfz-Steuer einzuführen und die steuerliche Belastung von Agrardiesel drastisch zu erhöhen. Die massiven Proteste zwangen die Ampel-Regierung, ihre Pläne im Agrarbereich teilweise zurückzunehmen oder zeitlich zu strecken.
Aus Sicht des Präsidenten des Deutschen Bauernverbands Joachim Rukwied haben die Landwirte mit ihren Protesten vor einem Jahr „ein Stück weit den Nerv der Bevölkerung getroffen“. Gegenüber dem „Münchner Merkur“ sagte Rukwied, die Bauernproteste hätten der Ampel-Regierung den ersten Riss zugefügt.
Rukwied nutzte den Auftakt der diesjährigen Grünen Woche, um politische Forderungen zu formulieren. Ein großes Thema für die Landwirte ist die Flut von Vorschriften: „Die Bürokratie nimmt uns die Luft zum Atmen“, so der Bauernpräsident. Rukwied nannte als Beispiele, dass bei Düngevorgaben und in der Tierhaltung doppelt dokumentiert werden müsse. Auch die sogenannte Stoffstrombilanz sei „ein Papier für die Tonne“.
Fehlender Wille statt „Vollgas“
Laut Rukwied bestehen viele Möglichkeiten zur Bürokratieentlastung, allerdings würden nur wenige umgesetzt. Mit Blick auf das Bundeslandwirtschaftsministerium sprach der Bauernpräsident vom fehlenden Willen, Vorschläge zur Bürokratieentlastung umzusetzen. Dabei hatte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) noch im Juni 2024 „Vollgas“ beim Bürokratieabbau für Landwirte angekündigt. Özdemir dürfte bei der Eröffnung der diesjährigen Grünen Woche vermutlich einen der letzten großen Auftritte in seiner Funktion als Bundeslandwirtschaftsminister gehabt haben. Der Grünen-Politiker kandidiert nicht mehr für den Bundestag, stattdessen will er in die Landespolitik von Baden-Württemberg wechseln.
Nach der Bundestagswahl werden sich sein Nachfolger und auch die gesamte nächste Bundesregierung vermutlich sehr schnell mit Forderungen der deutschen Landwirte konfrontiert sehen. Neben der immer weiter ausufernden Bürokratie sorgt der Agrarteil des EU-Handelsabkommens mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten für viel Unmut bei den Bauern. Bauernpräsident Rukwied nennt das Abkommen „schlichtweg inakzeptabel“ und fordert Nachverhandlungen. Hierzulande werden Agrarprodukte unter hohen Standards hergestellt, dagegen wirtschafte die Landwirtschaft in Südamerika „zu den Standards des letzten Jahrhunderts“, so der Bauernpräsident.