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Im 19. Jahrhundert hat China große Territorien an westliche Imperien verloren. Den Anspruch auf diese Gebiete hat das Reich der Mitte jedoch nie aufgegeben, wie sich aktuell zeigt
Eine aktualisierte chinesische Nationalkarte, auf der russische Territorien als chinesische Gebiete mit chinesischen Namen eingezeichnet sind, hat in Russland für Aufsehen gesorgt. Die Insel Sachalin wird auf der Karte „Kuedao“ genannt, Blagoweschtschenksk heißt „Hailanpao“, aus Wladiwostok wurde „Haishenwei“, und aus Chabarowsk „Boli“. Der russische Südosten gehörte einmal zu China und es scheint, als markiere die Volksrepublik auf diese Weise ihren Anspruch auf einen bedeutenden Teil russischen Territoriums, was bei den Verantwortlichen der betroffenen Regionen Besorgnis auslöst.
In Chinas sozialen Netzwerken fordern nationalistische Kräfte schon länger, dass diese Regionen wieder ins Reich der Mitte zurückkehren. Dass sie sich damit nicht allzu weit von der Regierungslinie entfernen, mag das „Aigun Historical Museum“ versinnbildlichen. Es liegt im Stadtteil Aigun des Stadtbezirks Heihe gegenüber der Stadt Blagoweschtschensk des russischen Amurgebiets. Hier wurde 1858 Quing-China gezwungen, mit Russland einen der „ungleichen Verträge“ zu unterzeichnen, wodurch ein riesiges Territorium verloren ging, das China für sein ursprüngliches Land hält.
Das Museum, zu dem kein Russe Zugang erhält, erzählt von den schrecklichen Bedingungen, unter denen die schmachvollen Verträge geschlossen wurden. Olga R., eine Englischlehrerin, die in Heihe arbeitet, hat mehrfach versucht, in das Museum zu gelangen. Es gelang ihr kein einziges Mal. Von chinesischen Freunden weiß sie, dass im Museum China als Großreich dargestellt wird und an Russland verlorene Gebiete als chinesische dargestellt werden. Jeder neue Präsident der Volksrepu-blik, Touristen und Busladungen mit Schulkindern seien verpflichtet, dieses Museum zu besuchen.
Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tatsache, dass die Führung in Peking in Grenzregionen militärisch aufrüstet, entpuppt sich die viel beschworene chinesisch-russische Freundschaft als eine mit Risiken und Nebenwirkungen behaftete für Russland. Trotz sich verdichtender Hinweise, dass China sich seine Freundschaft teuer bezahlen lassen könnte, setzt Präsident Putin unbeirrt auf die guten Beziehungen mit dem Nachbarn.
Zweckbündnis statt Freundschaft
Bereits jetzt nutzt China Russlands kritische Lage aus, indem es vergünstigte Preise für russisches Gas und flexible Verpflichtungen verlangt sowie von billigen Ölimporten profitiert. Im Gegenzug unterstützt Peking die durch die westlichen Sanktionen unter Druck stehende russische Wirtschaft, indem es Güter liefert, die militärischen und zivilen Zwecken dienen. Der Handel zwischen China, und Russland erreichte im vergangenen Jahr einen Rekordwert von etwa 240 Milliarden US-Dollar.
China nutzt das Vakuum, das der Wegzug westlicher Firmen auf dem russischen Markt hinterlassen hat. Das Reich der Mitte überschwemmt den russischen Markt regelrecht mit Automarken aus chinesischer Produktion, aber auch mit dringend benötigter Verbraucherelektronik. Wie fragil diese Wirtschaftsbeziehungen sind und wie sehr die Chinesen dabei auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind, zeigt der Rückzug chinesischer Banken aus dem Russlandgeschäft, als Anfang des Jahres die USA mit Sanktionen drohten.
Russische Experten warnen vor einer zu großen Abhängigkeit Russlands von China und betrachten mit Sorge, wie chinesische Firmen und Bürger immer mehr nach Sibirien drängen. Die beiden Länder trennt eine mehr als 4000 Meter lange Grenze, die durch schwer kontrollierbare Gebiete verläuft. Kritische Stimmen warnen vor der chinesischen Aufrüstung in Grenzregionen, da China offenbar Ansprüche auf das Amurgebiet und große Teile Sibiriens erhebt. Gerät Moskau in größere Abhängigkeit von Peking, könnten ihm bei sinkender Wirtschaftsleistung angesichts des Ukrainekriegs und der Sanktionen ähnlich demütigende Verträge mit Gebietsabtretungen drohen wie China nach den Opiumkriegen.
Erste Anzeichen dafür, dass China sich die verlorenen Gebiete „auf leisen Sohlen“ zurückholt, gibt es bereits. So ist der Hafen von Wladiwostok vor einem Jahr quasi ein chinesischer Binnenhafen geworden, ohne dass im Westen viel Notiz davon genommen wurde. Für den innerchinesischen Handel sind die Zollbeschränkungen gefallen. Immer mehr russische Firmen verlassen die Stadt, und Chinesen kaufen deren frei werdenden Immobilien zu günstigen Preisen.
Entlang der sibirischen Grenze weichen zudem seit Jahren chinesische Bauern auf der Suche nach fruchtbarem Land in dünn besiedeltes russisches Gebiet aus, was die dortigen Behörden zwar aufmerksam beobachten, aber auch tolerieren. Am Baikalsee kaufen Chinesen Land und bauen Hotels.
Seit dem Zerfall der Sowjetunion hat China mehrfach Druck mit dem Ziel von Grenzverschiebungen auf seine nördlichen Nachbarn ausgeübt. 1995 hat Moskau umstrittene Inseln im Grenzfluss Ussuri an China zurückgegeben. 1994 war Kasachstan gezwungen, Grenzverschiebungen gegen chinesische Kredite zuzustimmen. Auch Kirgistan und Tadschikistan verzichteten auf Territorien gegen Schuldenerlass. China hat auf diese Weise mehr als 1200 Quadratkilometer Territorium gewonnen.
Max Müller am 27.06.24, 12:41 Uhr
Das dürfte Japan auch aufhorchen lassen.
Die Probleme mit exterritorialen Gebieten kennen wir ja seit Danzig zu genüge.