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Wenig spricht dafür, dass Homo sapiens bis zum Ende unseres Planeten existieren wird. Wissenschaftler spekulieren daher schon jetzt über das Aussehen einer posthumanen Welt
Der Mensch wird vermutlich nicht ewig über die Erde wandeln, sondern das Schicksal fast aller übrigen Bewohner unseres Planeten teilen. Bislang sind bereits 99,9 Prozent aller jemals existierenden Arten ausgestorben – sei es wegen plötzlicher katastrophaler Ereignisse wie Asteroideneinschläge, sei es infolge langsamer Veränderungen der Umwelt oder den Lauf der Evolution. Im Durchschnitt liegt die Lebensdauer einer irdischen Spezies ohne dramatische Einwirkungen von außen bei maximal zehn Millionen Jahren.
Die Abspaltung des Menschen vom Affen begann vor rund sieben Millionen Jahren. Also nähert er sich allein schon deshalb dem möglichen Ende seines Werdegangs. Dazu kommen etliche Gefahren aus dem All sowie aufgrund der Natur der Erde, welche ständige geologische, biologische und atmosphärische Veränderungen durchmacht. Außerdem sägt der Homo sapiens auch selbst an dem Ast, auf dem er sitzt, so beispielsweise durch die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen, die Verschmutzung der Umwelt oder das vielversprechende, aber eben auch nicht risikolose Heranzüchten einer Künstlichen Intelligenz. Angesichts dessen stellt sich die Frage, wie die Erde ohne den Menschen aussehen könnte.
Auf jeden Fall würde das sonstige Leben auf unserem Planeten zunächst weiter bestehen, denn die Sonne scheint noch mindestens eine Milliarde Jahre auf die heute übliche Weise, bevor ihre Strahlkraft in den darauffolgenden fünf Milliarden Jahren kontinuierlich zunimmt, woraufhin die Erde am Ende komplett ausglüht. Verschwände der Mensch, sähen Wälder nach 500 Jahren wieder so aus wie vor dem Beginn der großen Rodungen, und die zwangsregulierten Flüsse hätten in ihr altes Bett zurückgefunden. Das ginge einher mit dem Verschwinden aller menschlichen Bauwerke.
Viele Spezies sind weitaus robuster
Die längste Lebensdauer wäre dabei wohl unterirdischen Anlagen oder den für die Ewigkeit gedachten Hinterlassenschaften aus der Vergangenheit wie den Pyramiden beschieden. Und selbstverständlich fände eine Erholung der Tierbestände im Wasser, zu Lande und in der Luft statt. Im Laufe der Zeit gäbe es dann allerdings weitere Auslöschungsschübe, für die unsere Art nicht mehr verantwortlich zeichnet. So droht bereits durch die anhaltende Kontinentalverschiebung und den Vulkanismus ein Fortgang des Artensterbens.
Gleichzeitig dürfte die Evolution unter diesen Bedingungen gänzlich neue Formen der Flora und Fauna hervorbringen, die dann den einzig verbleibenden Superkontinent Novopangea und den umliegenden Weltozean prägen. Und möglicherweise beginnt auch der Siegeszug einer Spezies, welche in der posthumanen Welt die gleiche vorherrschende Rolle spielt wie der Homo sapiens jetzt. Von den Affen wird sie aber wohl nicht abstammen, denn diese dürften aufgrund ihrer großen Ähnlichkeit mit unserer Art das Schicksal des Menschen teilen.
Dahingegen gibt es extrem robuste Lebewesen wie die mikroskopisch kleinen Bärtierchen, die fast jede kosmische oder irdische Katastrophe vom tödlichen Gammablitz aus dem All bis zum Atomkrieg oder der Vereisung des gesamten Planeten überstünden. Deutlich widerstandsfähiger als Menschen sind auch Küchenschaben und Wespen. Letztere halten beispielsweise eine 200-fach höhere radioaktive Strahlung aus als wir. Darüber hinaus entwickeln Insekten verblüffend schnell Resistenzen gegen schädliche Umwelteinflüsse.
Andererseits stehen sie ähnlich den Bärtierchen noch auf einer relativ niedrigen Stufe der Evolution, weshalb sie den Wettkampf um das Erbe des Homo sapiens als „Herrscher über die Welt“ wohl kaum gewinnen werden. Das Gleiche gilt für bestimmte Vogelarten wie Raben, Krähen und Papageien, die sich als durchaus intelligent erwiesen haben und auch soziale Wesen sind.
Es gibt einen Nachfolge-Kandidaten
Denn ihnen fehlen die für den Aufbau einer Zivilisation erforderlichen feinmotorischen Fähigkeiten. Mit einem Schnabel oder Flügeln lassen sich keine komplexen Maschinen bedienen. Ebenso taugen die Delphine, welche aufgrund ihrer bemerkenswerten kognitiven Fähigkeiten mittlerweile als „nichtmenschliche Personen“ gelten und dem Menschen in puncto Intelligenz weitgehend das Wasser reichen können, wegen ihrer sonstigen biologischen Gegebenheiten nicht sonderlich gut als dessen Nachfolger. Das größte diesbezügliche Potential besitzt vermutlich ein anderes Wassertier: der Oktopus. Wissenschaftler wie der Biologieprofessor Tim Coulson von der Universität Oxford halten den achtarmigen Kraken, von dem es über einhundert Unterarten gibt, für den wahrscheinlichsten Zivilisationsgründer in einer posthumanen Welt. Und tatsächlich ist die Feinmotorik der Oktopusse extrem gut ausgebildet.
So können sie unter anderem mühelos Gläser mit Schraubverschlüssen öffnen. Dazu kommt ihre hoch entwickelte neuronale Struktur: Kraken besitzen in jedem Fangarm ein dezentrales Gehirn zur Steuerung der Bewegungen sowie zusätzlich noch ein ringförmiges Haupthirn. Das befähigt sie zu überraschenden Leistungen. Welch komplexes Denk- und Vorstellungsvermögen die Tiere besitzen, zeigte sich schon bei mancherlei Gelegenheit. Erinnert sei hier an den Kraken Inky, der 2016 auf spektakuläre Weise aus dem neuseeländischen Nationalaquarium ausbrach, indem er durch diverse Tanks und unübersichtliche Abwasserrohre bis ins 50 Meter entfernte Meer kroch.
Außerdem können Kraken Rätsel lösen, reale von virtuellen Objekten unterscheiden, vielschichtige Gefühle entwickeln und ein breites Spektrum an Kommunikationsmöglichkeiten nutzen. Deshalb halten Coulson und manche von dessen Fachkollegen es für möglich, dass die Weichtiere im Laufe der nächsten Jahrmillionen „eine riesige atlantisähnliche Zivilisation unter Wasser aufbauen“ und schließlich auch mit technischen Hilfsmitteln das Land erobern. Allerdings müssten sie dazu ihr momentan noch ausgeprägt eigenbrötlerisches Wesen ändern. Darüber hinaus würden die Oktopusse den Menschen natürlich nur dann beerben, wenn der Homo sapiens sie nicht zuvor noch absichtlich oder aus Unachtsamkeit ausrottet.