14.02.2025

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Automobilwirtschaft

„2025 wird es noch schlimmer werden!“

Die Top-Entwickler sind weg, der Standort Deutschland zu teuer, die Kunden verunsichert, das E-Auto-Image miserabel – nur eine neue Politik könnte helfen

Peter Entinger
13.01.2025

Das Jahr 2024 war für die deutsche Automobilindustrie ein Desaster. Täuschen nicht alle Vorzeichen und liegen nicht alle Experten in ihren Einschätzungen daneben, dann wird das neue Jahr sogar noch miserabler. „Es wird noch schlimmer“, prognostiziert Automobil-Experte Helmut Becker. Er war 24 Jahre Chefvolkswirt bei BMW, leitet das Institut für Wirtschaftsanalyse und Kommunikation (IWK) und ist als Berater in der Auto-Branche tätig. „Seit der 2018 verschärften EU-Gesetzgebung schrumpft die Autoproduktion in Deutschland um rund ein Viertel. Das ist weg und kommt nicht wieder. Ohne Änderung in den politischen Rahmenbedingungen setzt sich dieser Prozess fort“, lautet seine Prognose.

Dabei sind die Probleme teilweise hausgemacht. Der Wegfall der E-Auto-Prämie in Deutschland hat die Nachfrage 2024 einbrechen lassen. Die Werke sind nicht ausgelastet, wegen der schärferen EU-Flottenziele für den CO₂-Ausstoß ab 2025 drohen hohe Strafzahlungen. Ein großes Problem sei dabei die Politik selbst, sagt Branchenexperte Frank Schwope, der Automobilwirtschaft an der Fachhochschule des Mittelstands in Köln und Hannover lehrt: „Das ewige Hin und Her bei der Elektromobilität verunsichert die Kunden.“

Vor allem die Zulieferer geraten in wirtschaftliche Schieflage
Ex-BMW-Manager Becker hält hauptsächlich das von der EU-Kommission verordnete Verbrenner-Aus für fatal. Er bezeichnet die herkömmlichen Motoren als einzigen Gewinnbringer: „Als ob die EU mit einem Anteil von acht Prozent am globalen CO₂-Ausstoß das Weltklima im Alleingang retten könnte. Das ist absurd.“

Die Probleme bei Volkswagen sind derzeit in aller Munde. Ohne Arbeitsplatzabbau wird es nicht gehen. Doch die ganz Großen in der Branche sind nach Expertenmeinung immer noch stark genug, um ein weiteres schlechtes Jahr aufzufangen. „Viel schlimmer sind die kleinen und mittleren Zulieferer dran, und das umso stärker, je mehr sie in ihrem Geschäftsmodell von Elektroautos abhängen“, sagt Becker. Man geht von Auftragseingangs- und Umsatzeinbrüchen von 40 Prozent aus. Die Deindustrialisierung des Autostandorts Deutschland werde 2025 ohne politische Notbremsung ungebremst fortschreiten. Beckers bitteres Fazit: „Das merkt halt keiner, außer die Betroffenen selbst.“ Hohe Standortkosten, eine viel zu starke Konkurrenz bei den E-Autos und vor allem die Absatzschwäche im chinesischen Markt sind die größten Probleme.

Doch die Manager in den Chefsesseln reagieren nicht, gehen weiterhin auf Kuschelkurs mit der Politik. Es ist wie immer den Betriebsräten und Gewerkschaften vorbehalten, gegen Stellenabbau und Werksschließungen zu protestieren. Doch an der grundsätzlichen Problematik ändert das nichts. Und es dürften weitere Schwierigkeiten dazukommen.

US-Strafzölle schaden Deutschland
Die vom designierten US-Präsidenten Donald Trump angekündigten Strafzölle auf Importe könnten die deutschen Autobauer dabei doppelt hart treffen. Zum einen auf die Fahrzeuge selbst, zum anderen aber auch bei der Lieferkette. Im schlimmsten Fall könnte Deutschland ein Mangel an Batterien drohen. „Es sieht nicht gut aus“, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Gründer des CAR-Institute in Bochum. Die aktuellen Quartalsergebnisse seien schlicht katastrophal. Derzeit sehe man, dass immer weniger Aufträge kommen. Zudem ist man bei der Elektromobilität einen Schlingerkurs gefahren, wobei sich die Hersteller nicht vehement genug gegen ein Verbrenner-Verbot gewehrt haben. Nun ist das beschlossene Sache und die Konkurrenz bei den E-Autos enteilt.

„Die deutsche Elektrophobie und die Phantomdebatte um die Technologieoffenheit treiben uns international immer mehr ins Abseits“, sagt Felix Kuhnert, Automobil-Experte bei der Wirtschaftsberatungsgesellschaft PwC Deutschland und Elektro-Lobbyist. Das „Know-how“, sprich Fachkräfte im Auto-Sektor, habe längst inzwischen das Weite gesucht. Für Entwickler ist Deutschland eben kein attraktives Land mehr. Dass man mit Autos aber nach wie vor Geld verdienen kann, beweisen nicht nur die Chinesen. Der japanische Hersteller Toyota blickt auf ein gutes Jahr zurück, und der französische Autobauer Renault hat Kleinwagen aufgelegt, die beim Volk gut ankommen.

Neue Rahmenbedingungen nötig
Immerhin: Der eine oder andere Konzern hat mittlerweile reagiert. So will BMW mit der sogenannten „Neuen Klasse“ Modelle auf den Markt bringen, die technologisch auf Augenhöhe mit der Konkurrenz aus China und gleichzeitig preislich wettbewerbsfähig sein sollen. Ex-BMW-Manager Becker ist jedoch skeptisch: „Ohne Änderung der politischen Rahmenbedingungen durch die neue Bundesregierung wird es nicht gehen!“


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