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Salvador Dalí als Schöpfer religiöser Bildwelten – Kunsthaus Apolda präsentiert die „Biblia Sacra“ des spanischen Surrealisten
Den im Juni anstehenden 30. Geburtstag des Kunsthauses Apolda Avantgarde will man mit drei besonderen Projekten feiern. Im Jubiläumsjahr gibt es Ausstellungen über Salvador Dalí, Pablo Picasso und Jean Cocteau sowie Paris als Metropole der Unterhaltung und der Plakatkunst. Den Anfang macht die Dalí-Schau „Biblia Sacra“. Sie zeigt den spanischen Surrealisten Salvador Dalí als ganz speziellen Bibelinterpreten.
„Dalí war weit mehr als nur Provokation und Inszenierung“, heißt es seitens der Kuratoren. Er habe sich in seinen Werken das Wesen der Zeit erschlossen. Dabei verband er in seiner Kunst das Interesse an Wissenschaft mit tiefgründiger Philosophie und erreichte mit seiner religiösen Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben einen offenkundigen Schaffenshöhepunkt. Kunsthistorisch gelten seine 105 Bilder der „Biblia Sacra“, die eine exakte Kenntnis der Evangelien beim Künstler verraten, als ein Höhepunkt in der christlich-religiösen Kunst des 20. Jahrhunderts.
In den Werken des 1904 in Figueras in Katalonien geborenen Künstlers lassen sich Einflüsse der italienischen Futuristen, der Metaphysischen Malerei des italienischen Künstlers Giorgio de Chiricos und des Kubismus erkennen. Auf späteren Italienreisen übernahm er zudem Anregungen der Renaissance und des Barock. Daraus resultierte in der Spätphase eine altmeisterliche Malmethode mit realistischen Elementen und Traumphantasien. Sein umfangreiches Schaffen umfasst Buchillustrationen, Schmuckgestaltungen, Porträts, Ballettszenarien, religiöse Bilder und theoretische Publikationen, in denen er seine „Methode zur Eroberung des Irrationalen“ erläutert.
Die aktuelle Dalí-Schau im Kunsthaus Apolda wagt keinen Spagat über die ganze Schaffensbreite. Sie beschränkt sich auf die Bibelinterpretation, die er ab 1963 in anderthalb Jahren mit 105 Gouachen vollbrachte. Die als Lithographien erschienenen Werke gewinnen dabei dem Bibeltext neue Aspekte ab. Auf der bildnerischen Suche nach dem Sinn des Lebens geriet er kurz danach allerdings in eine Lebenskrise. Der Künstler, der mit Gala, der Liebe seines Lebens, verheiratet war, musste nach zahlreichen Affären seiner Frau deren ruinöse Spielsucht und die Affäre mit einem 20-jährigen Amerikaner hinnehmen. Das zerrte an den Nerven des Exzentrikers. Die vorherige Beschäftigung mit der Bibel gab ihm wohl Halt.
Jetzt können Kunstfreunde im Kunsthaus die bildhafte Dalí-Verarbeitung der Bibeltexte auf sich wirken lassen. Da möchte im Erdgeschoss Moses Gott gern ins Angesicht sehen. Doch die Theologie reagiert darauf ungehalten. Dalís Erkenntnis: „Der Mensch kann Gott an sich nicht erkennen, nur hinterher sehen.“
Mit dem „Leuchtenden Antlitz des Mose“ will Dalí sagen: „Wenn Gottes Liebe verkündet wird, gibt das den Menschen Kraft und Freiheit.“ Kritisch merkt er an: „Wenn aber das Leben der Menschen überwacht wird, werden die guten Gebote Gottes pervertiert.“ Es folgen mit „Ruth“ Doppel- und Dreifachbilder, die das Schicksal gezeichneter Frauen verdeutlichen. Im „Sündenfall“ verstecken sich Adam und Eva im Garten, und der „Turmbau zu Babel“ wartet mit einer Botschaft auf. Der verlassene Turm mit bröckelndem Putz verkörpert die Vergangenheit. Der Brückenbau rechts unten im Bild deutet auf die Aufgaben der Gegenwart.
Die Bildreihe im nächsten Ausstellungsraum reicht vom Bild „Ester und Artaxerxes“, wobei sich die flatternden Haare der Frau mit den Barthaaren des Großkönigs vermischen, über das Bildnis „Lass dich nicht verführen“ mit nackten Mädchen und schwarzen Strichmännchen, die eine Erektion haben. Es folgt eine Darstellung von „David und Goliath“ mit dem blutenden Riesen. Die Bildfolge an den Wänden wird in einer Vitrine ergänzt durch einen übergroßen Original-Bibelband des Mailänder Verlages Rizzoli von 1967, der parallel zu den Bibeltexten Dalís Lithografien enthält.
Die Räume in der nächsten Ausstellungsebene beherbergen weitere Bibelinterpretationen. Zu sehen sind etwa die „Bergpredigt“ oder das Bildnis „Jesus und die Ehebrecherin“ mit der bekannten Aufforderung: „Wer unter euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.“ In „Maria mit dem Jesuskind“, einem Hauptwerk von Dalí, blickt Maria in einem warm-blauen Mantel mit dem sprichwörtlichen Lächeln der Mona Lisa auf ihr Jesuskind, das im Stil der Renaissance gemalt ist und mit seinen kleinen Händen nach oben und unten zeigt. Das hat Symbolkraft und soll Himmel und Erde verbinden. Im Hintergrund ist Bethlehem zu sehen.
Alle Bilder sind mit der Symbolhaftigkeit Dalís behaftet. Im Bild „Die Heiligen drei Könige“ begleiten riesige Elefanten auf überlangen Stelzen den Zug. Einen letzten Höhepunkt bilden in der Schau die „Offenbarung des Johannes“ mit „Maria Magdalena unter dem Kreuz“ und ein „Blick ins Grab“.
Die Ausstellung wird durch ein Begleitprogramm mit Vorträgen und öffentlichen Führungen ergänzt. Am 11. Mai heißt es dann „Feliz cumpleaños, Salvador!“: Am 121. Geburtstag des Künstlers feiert man das Ausstellungsende.
Kunsthaus Apolda, Bahnhofstraße 42, 99510 Apolda, geöffnet: täglich außer montags von 10 bis 17 Uhr, Eintritt: 8 Euro. Der Ausstellungskatalog (156 Seiten) kostet 20 Euro www.kunsthausapolda.de