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Der Wochenrückblick

Alles nur gefühlt

Wie Ursula von der Leyen um ihren Lebensstil kämpft, und wie Ricarda Lang uns die Augen öffnet

Hans Heckel
27.07.2024

Das ist ja gerade noch mal gutgegangen. Mit einem Ergebnis, das sogar besser war als beim letzten Mal, haben die Abgeordneten des Europaparlaments Ursula von der Leyen im Amt der EU-Kommissionspräsidentin bestätigt. Applaus!

Die CDU-Politikerin gab sich kurz vor dem Wahlgang betont kämpferisch: „Ich werde niemals akzeptieren, dass Demagogen und Extremisten unsere europäische Lebensart zerstören“, schrieb sie ihren Gegnern ins Stammbuch. „Unsere“ Lebensart? Wen sie mit „uns“ wohl meint? Also uns, die wir hier schreiben oder lesen, sicher nicht. Denn wir können uns die „Lebensart“ einer spitzenverdienenden Polit-Funktionärin mit Personenschutz und allen erdenklichen Privilegien gar nicht vorstellen.

Allerdings reicht unsere Phantasie aus, um uns auszumalen, dass sich so eine Existenz recht komfortabel anfühlt. Daher haben wir vollstes Verständnis dafür, dass Frau von der Leyen sich das nicht „zerstören“ lassen will. Und muss sie ja auch nicht, was insbesondere dem emsigen Wirken ihrer engagierten Unterstützer zu verdanken ist. Daniel Caspary, Chef der deutschen Unionsabgeordneten im EU-Parlament, ging richtig in die Vollen: „Wenn Ursula von der Leyen scheitert, dann scheitert nicht nur Ursula von der Leyen, dann scheitern auch nicht nur wir Christdemokraten. Sondern ich meine, dann scheitern alle Demokraten in Europa. Dann haben wir Chaos in Europa.“

Starker Tobak! Das heißt ja nichts anderes, als: Entweder die Parlamentarier tanzen strikt nach unserer Pfeife, oder hier bricht alles zusammen. Alles!

Musste er hier denn gleich so deftig draufhauen? Ja, musste er, weil ihm eine viel einfacheren Formulierung nicht mehr zur Verfügung stand, mit der er die Sache sanfter hätte kommunizieren können. Früher hätte Caspary einfach ausgerufen: „Die Wahl Ursula von Leyens ist alternativlos. Punkt.“ Da hätten alle gedacht: Ja, wenn das so ist, dann muss es wohl sein – und die Debatte wäre durch gewesen.

Leider entpuppte sich die Behauptung der „Alternativlosigkeit“ später oft als Stück aus dem Märchenbuch der politischen Propaganda, etwa im Falle der Eurorettung, der Grenzöffnung oder des Atomausstiegs. Heute wissen wir, dass man das alles auch ganz anders hätte handhaben können, was bei sehr vielen Leute ziemlich ungute Gefühle hinterlassen hat.

Bei den Gefühlen muss uns geholfen werden, hat Ricarda Lang daher entdeckt. Der Co-Chefin der Grünen ist nämlich aufgefallen, dass ihre Truppe, die eben noch umschmeichelt wurde wie keine andere, zur unbeliebtesten Partei nach der AfD abgestiegen ist. Warum? Weil die Deutschen falsch „fühlen“, deshalb will Lang jetzt genau da ran.

Auf einer Videokonferenz mit der Parteibasis hat sie angekündigt, den Menschen das „Gefühl“ des Kontrollverlustes bei Asyl und Einwanderung nehmen zu wollen. Ist das nicht reizend von ihr? Es geht also darum, uns darüber aufzuklären, dass wir uns die unkontrollierte Einwanderung, die regelmäßig scheiternden Abschiebungen, die Welle an Messerattacken oder die Ausbreitung des radikalen Islams in Deutschland nur vorgaukeln.

Das will Lang aufklären. Wie bei kleinen Kindern, die man bloß mit der Erkenntnis erleuchten muss, dass die Gespenster unter ihrem Bett nur in ihrer dunklen Phantasie existieren. Danach werden sie wieder ruhig und friedlich schlafen – statt ins Zimmer der genervten Eltern zu stürmen und Terror zu verbreiten wie nervöse Wahlbürger.

Immer noch besser als mit Trump
Was aber, wenn sich dann plötzlich eine blitzende Messerklinge durch die Matratze bohrt? Da könnten die Leute doch auf die Idee kommen, dass mehr unter ihrem Bett lauert als die kruden Kreaturen ihrer Einbildung. Genau das passiert jeden verdammten Tag, wenn wieder mal jemand „gemessert“ oder zu Tode geprügelt wird und wir anschließend lesen müssen, dass der Täter als „geflüchteter Schutzsuchender“ ins Land gekommen ist, und zwar fast immer aus denselben Regionen dieser Welt.

Da könnte man schon ins Grübeln kommen, ob Ricarda Lang mit ihrem Rezept der Seelenmassage an den Kern des Problems vordringen und den Wählern ihre „Ängste“ nehmen kann. Grübeln liegt aber nicht in der Natur der Ampelpolitiker. Deshalb denken sie gar nicht daran, an der unkontrollierten Zuwanderung zu rütteln, ganz im Gegenteil.

Innenministerin Nancy Faeser von der SPD verschanzt sich hinter den Regeln der EU, die eine zuverlässige und dauerhafte Kontrolle der deutschen Grenzen nicht zuließen, basta! In den Gefilden des Baerbock-Ministeriums geht man just zur gleichen Zeit den entgegengesetzten Weg, um am Ziel der weiterhin unkontrollierten Einwanderung festzuhalten: Man schiebt die Gesetze – siehe „Visa-Affäre“ – mit leichter Hand beiseite. Diese enorme Flexibilität der Akteure im Umgang mit der Gesetzeslage ist wirklich bemerkenswert.

Dabei ist es ja nicht nur die Einwanderungspolitik, die bei den Deutschen jene von Frau Lang beklagten „Gefühle“ auslöst. Auch die Straßen und das Schienennetz „fühlen“ sich marode an, der Wohnungsmangel bedrückend, der wirtschaftliche Niedergang bedrohlich, die Energieversorgung wackelig und immer teurer, die Bürokratie immer niederschmetternder und die Bundeswehr wehrlos.

Ganz nach der „Methode Lang“ sind die Ampelleute zwar unentwegt dabei, uns Zuversicht einzuflößen, indem sie behaupten, all diese Probleme mit Schmackes angehen zu wollen. Doch in Wirklichkeit betreiben sie das exakte Gegenteil. Mit neuen Klimavorschriften verschärfen sie die Krise im Wohnungsbau, lassen die Infrastruktur verrotten, die Bundeswehr verhungern und blasen die Bürokratie im Eiltempo immer weiter auf.

Nun wollen wir aber nicht alles schwarz in schwarz malen. Es gibt auch Lichtblicke, zumal, wenn man ins Ausland blickt und sich vor Augen führt, was den armen Menschen dort draußen blüht, etwa in den USA. Wenn Trump wieder Präsident wird, dann droht der Wirtschaft eine „Achterbahnfahrt“, warnt ein Experte. Da sind wir doch deutlich besser dran. Statt uns auf eine unkalkulierbare Achterbahnfahrt zu schicken, lenkt unsere Politik die deutsche Wirtschaft auf einen absolut geradlinigen, steilen Pfad nach unten, den sie mit viel Hingabe Stück für Stück immer noch breiter und steiler ausbaut.

So will die EU unter ihrer Kommissionspräsidentin von der Leyen, dass ab 2030 alle neuen Gebäude „klimaneutral“ sein müssen. Unser Klimaminister Habeck ist begeistert. Was das in der Praxis bedeutet, kann man absehen: Bauen wird noch erheblich teurer und sozialer Wohnungsbau erst recht nicht mehr realisierbar, womit die Politik in Brüssel und Berlin der Wohnungsnot weiteren Schwung gibt.

Sprich: Während die Amis mit „Trump 2“ keinen Schimmer hätten, wohin die Reise geht, haben unsere Mächtigen immerhin einen klaren Kurs. Da fühlt man sich doch gleich viel besser, oder?


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Kommentare

Bea Lehner am 04.08.24, 06:55 Uhr

Von der Leyen und Lebensstil, geht nicht zusammen, oder?

Valentina Selge am 29.07.24, 18:23 Uhr

Keine Alternative zu Leyen, keine zu Trump? Keine Alternative gegen die Zersetzung Europas und seiner Errungenschaften? Traurig. Schauen wir weiter.
Keine Alternative zu Putin? Keine Alternative zu Erdogan, keine Alternative zu Selenskij, keine Alternative zu Netanjahu?
Schauen wir weiter, den Rekord hat Teodoro Obiang Nguema in Äquatorialguinea, dann folgt Kamerun, Congo-Bazarille, Kambotscha und Uganda.
Unganda hat das keinen Frieden gebracht, in Äquatorialguinea gibt es Putschversuche. Also bequem wird die Amtszeit von den obengenannten nicht.

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