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Als Herrensitze in der SBZ erste Vertriebenenadresse waren

Im Roon-Schloss in Krobnitz wird eine Ausstellung zur Vertreibung vorbereitet – Dauerausstellung und Roon-Kabinett geplant

Chris W. Wagner
19.12.2023

Im kommenden Jahr eröffnet im Schloss Krobnitz bei Reichenbach im zur Bunderepublik Deutschland gehörenden Teil Niederschlesiens die Ausstellung „Nachkriegszeit im Spiegel. Schloss Krobnitz erzählt“. Diese Ausstellung, die im Rahmen des sächsischen Landesprogramms Sehnsucht nach Freiheit gefördert wird, wirft einen Blick auf Ende, Umbruch und Neubeginn in der Zeit von 1945 bis in die 50er Jahre.

„Krobnitz war in dieser Zeit nicht nur eine Stätte des Wandels, sondern auch eine Zufluchtsstätte, ein Ort, an dem Flüchtlings- und Vertriebenenfamilien eine neue Heimat fanden. Diese Menschen, beladen mit Hoffnungen und Träumen, mussten sich in einer ihnen fremden Umgebung zurechtfinden, während die ansässigen Krobnitzer mit ihren eigenen Problemen und dem Leben unter neuen, kommunistischen Machthabern rangen“, charakterisiert Sarah Kinsky, die Geschäftsführerin des Schlesisch-Oberlausitzer Museumsverbunds, die unmittelbare Nachkriegszeit.

Auch Fragen nach der Gestaltung des Zusammenlebens in einer Gemeinschaft, die lernen musste, unter veränderten Bedingungen zu existieren, will man in der Ausstellung thematisieren. Wie sah der Alltag aus, und wie wurde er von den Menschen organisiert und gelebt?

Rund 20 Familien fanden eine Bleibe
Etwa 20 Familien, die vor den Sowjets flüchteten oder aus ihren Häusern vertrieben wurden, kamen nach Krobnitz ins Schloss – in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) war dies typisch. Anwesen des in Ungnade gefallenen Adels mussten als erstes herhalten. In Krobnitz hatte Ilse Gräfin von Roon das Sagen, denn sie betrieb den Familienbesitz bis 1945. Im Mai mussten die Eigentümer vor der Roten Armee flüchten, Familie von Roon wurde enteignet. Für die Flüchtlinge und Vertriebenen wurden elf Wohnungen geschaffen. Später entstand im Schloss ein Kindergarten und ein Festsaal.

Schloss Krobnitz, von einem Landschaftspark umgeben, wurde Mitte des
18. Jahrhunderts von der Familie von Üchtritz als barockes Herrenhaus erbaut. 1873 kaufte es der preußische Kriegsminister und Generalfeldmarschall Albrecht Theodor Emil Graf von Roon und ließ es im neoklassizistischen Stil umbauen. Die Fassade ahme in ihrem Erscheinungsbild das Berliner Kriegsministerium nach, so Katja Haupt vom Schlesisch-Oberlausitzischen Museumsverbund. Graf von Roon, der 1803 in Pleushagen bei Kolberg in Pommern zur Welt kam, hatte als Kriegsminister wesentlichen Anteil am Erfolg Preußens in den Deutschen Einigungskriegen. Er gehört zu den bedeutendsten Heeresreformern seiner Zeit.

Auf Schloss Krobnitz verbrachte Roon seine letzten Lebensjahre und fand in der Familiengruft, die er im Schlosspark erbauen ließ, seine letzte Ruhe. Die Umfunktionierung des Schlosses 1945 in Wohnungen zerstörte die einstige Raumstruktur nahezu vollständig. Bis 1990 schritt der Verfall der Gesamtanlage trotz unterschiedlicher Nutzungen fort. 2002 begann unter der Ägide der Stadt Reichenbach/Oberlausitz die umfassende Sanierung von Gut, Schloss und Park. In der ehemaligen Schmiede sind ein Veranstaltungs- und ein Sonderausstellungsraum entstanden.

Im Schloss wird schrittweise eine Dauerausstellung zur Geschichte der Oberlausitz im 19. Jahrhundert sowie ein Roon-Kabinett aufgebaut. In der Galerie „Alte Schmiede“ präsentieren niederschlesische Künstler ihre Werke.

Schloss Krobnitz bietet viele Veranstaltungen an, am 17. Dezember wird das Kammerkonzert „Klänge des Tanzes“ – Musik für Flöte mit Jagoda Krzemińska-Chałupka und Akkordeon mit Przemysław Chałupka gespielt. Die Musiker stammen aus dem Oberschlesischen Kreuzburg [Kluczbork]. Am 14. Januar 2024 finden Liebhaber von Cello-Musik ihre Freude. Das Ensemble Cello-Metamorphosen führt durch die Klangwelten vom Barock über Melodien der Romantik bis hin zu moderner Musik. Eine große Aida-Opernaufführung ist dieses Jahr leider ausgefallen. Als Begründung wurde angegeben, dass zu viele Künstler des tschechischen Ensembles erkrankt gewesen seien.


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