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Der Wochenrückblick

Auf Kurs Schwarzes Loch

Warum wir unseren „Dregg alleene“ machen müssen und viele Ehen kürzer sind als eine Kanzlerschaft

Klaus J. Groth
07.08.2021

Allmählich wird es Zeit, das Zentimetermaß herauszukramen. Eines, von dem man Tag für Tag einen Zentimeter abschnippeln kann. Wer noch zu Zeiten der Wehrpflicht gedient hat, der kennt das Verfahren. Je näher das Ende der Dienstzeit kam, desto kürzer wurde das Zentimetermaß. Da hatte man das Ende der Zeit förmlich vor Augen.

Bis zur Wahl eines neuen Bundestages sind es noch 51 Tage. Damit ist das halbe Zentimetermaß schon mal weg. Die Amtszeit der Bundeskanzlerin Angela Merkel ist so gesehen nur noch 51 Zentimeter kurz.

Dabei hatte es mal so ausgesehen, als wolle deren Amtszeit gar nicht enden. 16 Jahre werden es am letzten Tag gewesen sein. So lange regierte nur Helmut Kohl. Konrad Adenauer schaffte lediglich 14 Jahre.

Wer in diesem Jahr seinen 16. Geburtstag feiert, also ausweispflichtig wird, endlich ein leichtes Motorrad fahren oder bis 24 Uhr als unbegleiteter Jugendlicher in die Disco darf, der kennt keine Zeit ohne „Mutti“. „Mutti“ war für 16-jährige Teens immer da. Um die Zeit der langsamen Reife richtig zu würdigen: Mit 16 ist die Ehefähigkeit erreicht. Daran gemessen, sind 16 Jahre eine recht lange Zeitspanne.

Um das an einem anderen Beispiel zu verdeutlichen: In Deutschland hält eine Durchschnittsehe keine 16 Jahre. Da kommt die Trennung von der Liebe des Lebens schneller als die Trennung von einer nicht immer von jedem und allen geliebten Kanzlerin. Ganze 14,8 Jahre hält aktuell der Ehebund im Bundesdurchschnitt. Und dabei sind die Eheleute wieder anhänglicher geworden. Zehn Jahre zuvor ging die Liebe deutlich früher zu Bruch.

Es hilft nichts, nun geht es ans Abschiednehmen. Lange genug konnten wir uns darauf vorbereiten. Endlich einmal jemand, der nicht über ein Plagiat stolpert, der immer im Originalton sagte, was Sache ist. Oder zumindest ohne Duldung von Widerspruch es so sagte, dass die Sache alternativlos wurde: „Wir schaffen das!“ oder „Sie kennen mich!“

Oder durften sie kennenlernen. So wie jener FDP-Abgeordnete, der in Thüringen die Frechheit hatte, sich mit Hilfe der AfD zum Ministerpräsidenten wählen zu lassen. Bei einem Staatsempfang in Südafrika nannte Merkel den Vorgang „unverzeihlich“, das Ergebnis müsse rückgängig gemacht werden.

Wurde es dann auch. Merkel hat sich eben durchgesetzt, auch wenn sie zur äußersten Drohung greifen musste: „... dann ist dies Land nicht mehr mein Land.“ Ganz so wie einst der letzte König von Sachsen, der, zur Abdankung gezwungen, resignierte: „Macht euren Dregg alleene.“

Die Abschiedstournee hat also begonnen. Für alles gibt es ein erstes Mal und ebenso ein letztes Mal. Wir schlagen das Kapitel „Ein letztes Mal“ auf. Ein letztes Mal Tändelei in Washington, ein letztes Mal viele Worte um wenig bei der Bundespressekonferenz, ein letztes Mal – ja, was eigentlich? Wer genau hingehört hat in der vergangenen Woche, der hat eigentlich nichts gehört. Nicht einmal zu der beliebten Corona-Kakophonie, zu der eigentlich jeder einen ganz furchtbar maßgeblichen Beitrag beisteuern kann.

Sollen wir ganz allmählich auf das Schweigen der Amtsträgerin vorbereitet werden? Hat die Entwöhnungstherapie schon begonnen? Zeichnet sich schon dieses Vakuum ab, auf das wir so unerbittlich zusteuern wie auf ein Schwarzes Loch? Die Kanzlerin lässt uns allein mit unserer wachsenden Unsicherheit. Was wird kommen, wenn sie nicht mehr die Welt lenkt? Nur noch 51 Tage trennen uns vom Schwarzen Loch. Vielleicht war es doch keine ganz gute Idee, die Tage erwartungsvoll vom Zentimetermaß abzuschnippeln.

Es scheint „Mutti“ egal, wie es mit uns weitergeht. Sie verrät uns nicht einmal, was sie weiterhin vorhat. So ganz persönlich, wenn sie ohne Amt ist. Immerhin verriet sie, sie wolle nicht gleich die nächste Einladung annehmen, weil sie Angst habe, niemand wolle sie mehr. Aber vielleicht die übernächste? Dann wolle sie darüber nachdenken, was sie „so eigentlich interessiert“. Dazu habe sie in den vergangenen 16 Jahren viel zu wenig Zeit gehabt. Das können wir ihr ohne Zögern abnehmen. Das Ergebnis dieses Nachdenkens könnte wirklich interessant werden.

Vielleicht hat sie das politische Gedöns in Berlin in Wahrheit niemals interessiert? Vielleicht war ihr das politische Hickhack in Wahrheit eine Qual? Verständlich wäre es.

Und dann, verrät die scheidende Kanzlerin weiter, „werde ich versuchen, was zu lesen, werden mir die Augen zufallen, weil ich müde bin, dann werde ich ein bisschen schlafen, und dann schauen wir mal“. Sprach die Großmutti. Allerdings kündigt sie an: Es geht weiter, nach ein bisschen Schlaf „schauen wir mal“.

Am Rande bemerkt: Die Plagiate von Annalena Baerbock und das jüngst entdeckte Plagiat von Armin Lascht werden vermutlich nicht zu der Lektüre gehören, bei denen Großmutti die Augen zufallen. Obgleich ihr Laschets Buch „Die Aufsteigerrepublik. Zuwanderung als Chance“ gefallen haben dürfte. Für das erkannte Plagiat hat Laschet sich schleunigst entschuldigt.

Die Trophäensammlung der Plagiatsjäger, einst auch Ghostbusters oder Geisterjäger genannt, wird immer umfangreicher. Und zugleich bescheidener. Verteidigungsminister Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, das war noch ein kapitaler Bock. Auch die liebe Freundin der Kanzlerin, Annette Schavan, gehörte zu den größeren Kalibern. Franziska Giffey säuselte sich im kleineren Format von der Bundesbühne. Ob Annalena Baerbock und Armin Laschet jemals einen Platz in der Trophäensammlung finden, wird sich zeigen.

Das Buch von Armin Laschet wurde 2009 veröffentlicht. Es hat sehr lange gedauert, bis das Plagiat entdeckt wurde. Ausgerechnet jetzt im Wahlkampf. Zufälle gibt es! 2009 ahnte noch niemand, was im Jahr 2015 geschehen würde, als die „Zuwanderung als Chance“ für Deutschland so tüchtig genutzt wurde. 2009 sorgte sich Laschet um Zuzügler „die schon etwas länger hier leben“ (Definition des deutschen Staatsbürgers durch die Kanzlerin), aber noch nicht angekommen sind. Für die abgeschriebene Textpassage hat sich Laschet entschuldigt, für die gewagte Fehlkonstruktion in seinem Werk nicht.

Darin fordert Laschet eine „dritte deutsche Einheit“. Aussage: Nach der Eingliederung der Vertriebenen und der deutschen Vereinigung stehe aktuell die Integration der Zuwanderer auf der Tagesordnung. Flucht und Vertreibung aus den deutschen Ostgebieten und den Zuzug der Migranten zu einem Paar Socken zu verstricken, ist eine besondere Kunst. Wahrscheinlich kann nur jemand diese Maschen aufnehmen, der im äußersten Westen der Republik aufgewachsen ist. Darüber nachzudenken lohnt.

Nachdenkliches steuert auch Jan Hofer bei. Der einstige Chefsprecher der „Tagesschau“ wechselt zum privaten Fernsehsender RTL. Und hofft auf den Zauber, der jedem Anfang innewohnt. Die neue Redaktion, wünscht sich der ehemalige „Mr. Tagesschau“, werde „ohne Schere im Kopf“ arbeiten. Wie kommt Hofer nach 36 Jahren bei der „Tagesschau“ bloß auf so etwas?


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Kommentare

Tom Schroeder am 10.08.21, 18:45 Uhr

Der CDU Wahlkampf ist eine einzige Katastrophe - statt die grün-linke Diktatur an die Wand zu malen, denn die ist real, ähnlich wie die rote Socken-kampagne, fährt man im Schlafwagen in die Regierung oder auch nicht - hatte Soeder recht mit seinem Spruch? Der einzige, der's bringt ist Fritze Merz, der kann's immer noch ist aber alleine auf weiter Flur.

Michael Holz am 07.08.21, 16:16 Uhr

Mein lieber Herr Groth,
Sie haben mir wieder das Wochenende gerettet. Dafür dankt Ihnen einer der letzten Preussen (Oder sollte es noch mehr lebende Landsleute geben?)
Als die kinderlose "Mutti" mit ihrem Staatsstreich begann, war ich schon viele Jahre außerhalb "Kartoffelstan". Der "Boss der Bosse" hatte dem Ausschlag gegeben, die alte Heimat zu verlassen. Ich konnte den Kerl nicht riechen, obwohl mich etwas mit diesem persönlich verband.
Wie können Sie vermuten, dass "Mr. Tagesschau" eine Schere im Kopf habe? Nein, dem Mann fehlt nach 36 Jahren ARD einfach nur das Stammhirn - und er passt zu diesem Verblödungs-TV-Sender.
MfG

Siegfried Hermann am 07.08.21, 09:40 Uhr

Ob das Zentimetermaß wirklich abreißt, wer weiß!? In der Gerüchteküche hält sich hartnäckig die Version von einen comeback der schwarzen Witwe.

Im Grunde ist es doch heute scheixxegal wer den NGO-Kasperle spielt, die haben nach Drehhofer doch sowieso nix zu sagen.
Mal schaun was der August noch so bereit hält???
Flutleichen, Kokolores-Notstand, Klima-Untergang, neue "Flüchtlings"-Flutung via Minsk....
aber erst mal Olympia bis zum Abwinken. Datt is aba auch nich mehr. Warum??? Guck Euch mal den deutschen Medaillenspiegel von 1936, 1972 (BRD u. DDR zusammenzählen, gelle) und heute und die letzten 16 Jahre an!
Danach könnte es richtig Dampf im Kessel kommen und im Sept. ein paar Tage vor Wahl explodieren. Länger hält das Gedächtnis des Michels sowieso nicht mehr.

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