19.04.2024

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Karl V.

Aufbruch zur Eroberung der Welt unter einer gekauften Krone

Am 23. Oktober 1520 wurde der „erwählte Kaiser des Heiligen Römischen Reiches“ im Kaiserdom zu Aachen durch den Kölner Erzbischof Hermann V. von Wied gekrönt

Klaus J. Groth
20.10.2020

Die Kaiserkrone war gekauft. Mit dem Geld von Jakob Fugger konnte der spätere Karl V. seinen aussichtsreichsten Konkurrenten, den französischen König Franz I., ausstechen. Der hatte ihm mit feiner Ironie geschrieben: „Sire, wir beide werben um dieselbe Dame.“ Die „Dame“ war das Heilige Römische Reich. Karl setzte dem Geschacher zwischen den Bewerbern und den sieben Kurfürsten ein Ende, indem er den Wahlmännern 851.918 Gulden zukommen ließ.

Das Verfahren war nicht unüblich, wohl aber die Höhe der Summe. Karl begab sich damit in die politische Abhängigkeit der Fugger. 1521 betrugen seine Schulden 600.000 Gulden. Er beglich einen Teil davon, indem er dem Fugger den Ertrag von Silber- und Kupferminen überließ. Als die Reichsstände beim Reichstag von Nürnberg die Monopole von Firmen, vor allem einer in Augsburg, beschneiden wollten, schrieb Jakob Fugger an den Kaiser: „Es ist auch wissentlich und liegt am Tage, das Eure Kaiserliche Majestät die römische Krone nicht ohne mein Zutun hätte erlangen können.“ Damit war das Thema vom Tisch.

Karl V. trug bereits seit seiner Jugend mehrere ererbte Kronen. Er war Herzog der Burgundischen Niederlande, als Carlos I. König von Spanien (Kastilien) und Erzherzog von Österreich. Nach seiner Krönung wurde die Liste seiner Titel und Besitztümer immer länger. Er nannte sich Herr über Germanien, Kastilien, Ungarn, Kroatien, Burgund, Mallorca, Schwaben und schließlich auch Friesland. Diese Fülle der Macht genügte ihm nicht. Sein Ziel war eine Universalmonarchie, in welcher der Kaiser über allen Königen stand. Er verstand sich als Schutzherr des Abendlands vor den anstürmenden Osmanen und Verteidiger des römisch-katholischen Glaubens.

Als Sohn von Philipp I. (dem Schönen) und Johanna (der Wahnsinnigen) wurde er am 24. Februar 1500 am Prinzenhof von Gent geboren. Seine Verwandte Margarete, Regentin in Burgund, ließ das Kind von Gelehrten erziehen – die Eltern hielten sich zur Wahrung ihrer Thronansprüche in Spanien auf. Karl wird als würdevoll beschrieben und tapfer in Turnieren, aber scheu und kränkelnd. Seine Habsburger Unterlippe, ein infolge von Inzucht deformierter Unterkiefer, behinderte ihn beim Sprechen. Die Porträts von Tizian zeigen ihn im schwarzen Gewand oder im Harnisch mit einem rötlichen Spitzbart, der die Entstellung seines Gesichts kaum kaschiert.

Bekämpfung der Reformation

Die Regierungszeit des Kaisers war bestimmt von tiefgreifenden Veränderungen. Die Konquistadoren sprengten die Grenzen der bis dahin bekannten Welt, und die Reformation brachte die Bastion der römisch-katholischen Kirche ins Wanken. Bald nach seiner Krönung reiste Karl nach Worms, um 1521 am Reichstag teilzunehmen. 80 Fürsten, 130 Grafen und Abgesandte ausländischer Könige mit ihrem Gefolge waren erschienen. Höhepunkt war der Auftritt Martin Luthers. Der Kaiser legte ihn in die Reichsacht und verbot seine Schriften mit dem Wormser Edikt. Die Ausbreitung der Reformation konnte er nicht verhindern.

„Non plus ultra“, sinngemäß „Hier nicht weiter“, diese Inschrift stand in der griechischen Mythologie auf den Säulen des Herakles, die am Austritt des Mittelmeers das Ende der Welt markierten. Karl V. wandelte den Spruch um. „Plus ultra“, „Immer weiter“, wurde seine Maxime. Sie symbolisierte die Aufbruchstimmung dieser Epoche. Im Auftrag Karls segelten spanische Schiffe über die Meere, um „Inseln und Festländer zu entdecken, reiche Gewürzvorkommen und andere Dinge“, so der Wunsch des Kaisers. Hernán Cortés eroberte mit der Huld „Allerhöchstdero“ Mexiko und Francisco Pizarro Peru im Westen, Fernando Magellan entdeckte in Südostasien ein Gewürzparadies ohnegleichen, die Philippinen, benannt nach Karls ältestem Sohn. Der Kaiser konnte mit Recht von sich behaupten, dass in seinem Reich die Sonne nicht untergehe.

Kolonialisierung Amerikas

In Mittel- und Südamerika fanden die Spanier das sagenumwobene Dorado. Sie versklavten die Azteken und Inkas und ließen sie in den Gold- und Silberminen schuften. Unter dem Vorwand, die Heiden zum Christentum zu bekehren, duldete der Kaiser die brutale Kolonialisierung seiner „neuspanischen“ Gebiete. Der Bischof Bartolomé de Las Casas verurteilte die Ausbeutung der Einheimischen aufs Schärfste und dokumentierte die Verbrechen der Spanier in seinen Schriften. Um sein Gewissen zu beruhigen und Kritiker zum Schweigen zu bringen, verfügte Karl, dass Indios, die sich bekehren ließen, nicht mehr versklavt werden dürften und für ihre Arbeit in den Minen bezahlt werden sollten.

Doch die Anordnung stieß bei seinen Statthaltern in den Vizekönigreichen in Mexiko und Peru auf wenig Gehör. Die schwere Arbeit und die eingeschleppten Krankheiten rotteten das Volk der Azteken und der Inka aus. Ihr Gold brachte auch den Menschen in Europa Tod und Verderben. Ohne den ständigen Nachschub hätte Karl seine Kriege nicht finanzieren können. Der Kaiser, der angetreten war, Frieden zu schaffen, führte fast ununterbrochen Krieg, gegen Franz I. und dessen Nachfolger Heinrich II., die den Anspruch des Habsburgers auf Italien nicht anerkennen wollten, gegen die Osmanen zur Eroberung von Tunis, gegen den Schmalkaldischen Bund der protestantischen Fürsten.

Immer mehr Landesherren bekannten sich zur Lehre Luthers und düpierten ihren Kaiser. Der Augsburger Reichs- und Religionsfrieden 1555 erkannte gegen dessen Willen das Luthertum an. Die Fürsten konnten die Konfession für ihr Land selbst wählen. Der Kaiser stand vor seinem „Non plus ultra“. Zum Rückzug gedrängt begab er sich ins Kloster Yuste (Extremadura), in dem er am 21. September 1558 starb. Als sein Nachfolger wurde sein Bruder Ferdinand zum Kaiser gekrönt. Die Säulen des Herakles mit Karls Wahlspruch „Plus ultra“ schmücken noch heute das Wappen und die Flagge Spaniens.


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