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Wie die Bolivianer ihre Sozialisten verdampft haben, und wie wir uns gegen so etwas wappnen können
Das hatte noch gefehlt: Nicht nur, dass Argentinien nach der Regierungsübernahme durch Javier Milei nicht in die Katastrophe gestürzt ist, wie es das linke Lager prophezeit hatte. Ganz im Gegenteil erholt sich das Land selbst für Milei-Fans überraschend schnell von jahrzehntelanger roter Misswirtschaft und den Zumutungen der wirtschaftsliberalen Rosskur unter Milei (siehe S. 7). Das ist schon enttäuschend genug für die Anhänger des Sozialismus. Aber nun springt das Milei-Virus zudem über auf die Nachbarschaft.
Beim nördlichen Anrainer Bolivien haben beim ersten Durchgang der Präsidentschaftswahlen drei Kandidaten des rechten Lagers, ein Christdemokrat, ein Konservativer und ein wirtschaftsliberaler Unternehmer, zusammen locker 80 Prozent der Stimmen abgesahnt. Derweil sind die seit zwei Jahrzehnten herrschenden Sozialisten auf fast unsichtbare drei Prozent verdampft. Auch bei den parallel stattgefundenen Parlamentswahlen gingen die Roten komplett unter. Noch 2020 stolzierten sie als Sieger aus dem Wahltag. Im Oktober konkurrieren der Christdemokrat und der Konservative in der Stichwahl um das Präsidentenamt.
Als sie an die Macht kamen, verstaatlichten die Sozialisten als erstes die florierende Erdgasindustrie des ansonsten armen Landes. Anführer war Evo Morales, 2006 der erste bolivianische Präsident mit indianischen Wurzeln, was ihn schon an sich zum neuen Stern am Firmament der globalen „antikolonialistischen“ Bewegung aufsteigen ließ.
Das viele Geld aus dem Gassektor pumpten die Genossen in Sozialprogramme, was die Armut reduzierte und großen Anklang fand. Als die Gasindustrie dann hinlänglich heruntergewirtschaftet war und die Inflation durch die Decke schoss, brach das marxistische Traumschloss erwartungsgemäß zusammen. Nun haben wir den Salat: Die Bolivianer blicken voller Anerkennung auf den „Anarcho-Kapitalisten“ in Buenos Aires, wollen das auch bekommen, was Milei gemacht hat, und haben entsprechend gewählt.
Und es könnte noch schlimmer kommen: Im kommenden Jahr wird auch in Brasilien, Chile, Kolumbien und Honduras gewählt, alle vier bislang links regiert. Fortschrittlichen Beobachtern fröstelt's bei der Aussicht auf eine konservative Welle, die den ganzen Kontinent überrollen könnte. Das hat man nun davon, dass man das Volk einfach abstimmen lässt, wer regieren darf. Die Genossen in Havanna und Caracas haben diese Gefahr rechtzeitig erkannt. Die kubanischen Sozialisten regieren seit Machtantritt Anfang 1959 schon diktatorisch, und die venezolanischen Kampfgefährten haben die dortige Demokratie nach und nach erdrosselt. Die jüngsten Wahlen in Venezuela konnten deshalb ohne Probleme in Grund und Boden gefälscht, Bürgerproteste mit Schmackes in den Staub getreten werden.
So überleben die Regime in den beiden Ländern auch ihre wirtschaftliche Bilanz: Vor Jahren schon erreichte uns die bizarre Nachricht, dass mit Venezuela das erdölreichste Land der Erde unter Benzinknappheit leide. Jetzt hören wir, dass die Zuckerinsel Kuba nur noch 30 Prozent des eigenen Zuckerbedarfs aus heimischer Produktion decken kann und in diesem Jahr nicht einmal zwei Prozent der Menge ernten wird wie 1958, dem letzten Jahr vor der roten „Revolution“. Sie können es halt!
Wenn zwei das Gleiche tun ...
Von solchen Zuständen sind wir in Deutschland noch meilenweit entfernt. Allerdings kann man der Berliner Politik der vergangenen Jahre nicht den Vorwurf machen, dass sie sich keine Mühe macht, auch unser Land in Richtung Ruin zu regieren. Die Rezepte schmecken sogar schon ein wenig venezolanisch-kubanisch: Während dort die Zucker- und Ölbranche an die Wand dirigiert wurde, stürzte man sich hierzulande auf den Automobilsektor und andere industrielle Kerne – mit durchaus beachtlichem Erfolg, wenn wir uns die jüngsten Zahlen zu Insolvenzen und Stellenabbau ansehen.
Auch beim Vergraulen der Qualifizierten und Wohlhabenden scheinen die roten Palmenparadiese Vorbild zu sein: Obwohl die Bundesrepublik schon eine globale Spitzenstellung bei Steuern und Abgaben einnimmt, meint Finanzminister Klingbeil, dass man da noch draufsatteln sollte. Die Alternative wäre schließlich, den verfetteten Staat abzuspecken oder gar den Archipel linksfreundlicher NGOs von den Steuermilliarden abzunabeln.
Ersteres geht schon aus Prinzip nicht, und die NGOs werden immer unverzichtbarer beim Machterhalt. Sie leisten wertvolle Arbeit beim Ersticken oppositioneller Regungen, die ärgerlicherweise immer mal wieder vorkommen. Und obwohl wir eigentlich gar keine Lust mehr haben, hier schon wieder von der AfD zu reden, bleibt uns leider nichts anderes übrig, weil die Regierenden ja auch immerzu über diese Partei sprechen.
Brandenburgs Innenminister René Wilke, (früher Linkspartei, heute parteilos, aber offenkundig immer noch stramm auf Linie) hat schlagende Gründe vorgestellt, warum er die Blauen „einstufen“ will: Die AfD habe sich als extremistisch entlarvt, weil sie einen „kulturellen Gemeinschaftsraum erzeugt“, in dem man sich verbunden fühle wie mit einem Fußballklub, dazu noch mit eigenen Informationsblasen, in denen man sich homogen fühle als Teil von etwas. So seien aus Wählern Anhänger gemacht worden, weshalb es sich bei der AfD nicht mehr nur um ein politisches Angebot handele, sondern um ein emotionales Zuhause. Aus diesen Gründen sei die Partei „gesichert rechtsextremistisch“, schließt der Minister.
Kurzum: Wilke wirft der AfD vor, was jeder Politikberater jeder beliebigen Partei ans Herz legt: Bindet eure Wähler eng an euch, schafft eigene Kommunikationswege zu den Anhängern und sorgt dafür, dass sich eure Gefolgschaft bei euch zu Hause fühlt. Die alten Parteien der Bundesrepublik haben das jahrzehntelang erfolgreich praktiziert, die SPD besser als alle anderen – auch daher die bemerkenswerte Festigkeit der Stammwählerschaften, die so lange das Parteiengefüge der Bonner Republik prägte. Waren das deshalb alles Rechtsextremisten, die SPD voran?
Ach was, natürlich nicht! Wilke geht es nur darum, allen deutlich zu machen, dass Oppositionsparteien eben nicht (mehr) das Gleiche dürfen, was regierenden Gruppierungen selbstverständlich erlaubt und sogar dringend angeraten ist. Das fühlt sich dann in der Tat schon ein klein wenig venezolanisch an.
Andererseits spricht auch ein Funken Verzweiflung aus Wilkes wirren Worten. Verzweiflung möglicherweise darüber, dass es manch etablierter Partei eben nicht mehr gelingt, ihre Wähler zu halten oder gar wie einst aus Wählern Anhänger zu machen. Weil das nicht mehr so klappt, möchte man die Demokratie möglicherweise soweit zurechtstutzen, dass der Wählerwille ein wenig ausmanövriert wird, damit man auch ohne Rückendeckung des Volkes weiterregieren kann. Dann müsste man nämlich keine Angst mehr haben, in die Wüste geschickt zu werden wie die armen bolivianischen Sozialisten.