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Während im Ukrainekrieg erstmals ein Frieden in Sicht scheint, offenbart sich die europäische Außenpolitik der letzten Jahre einmal mehr als Irrweg
Nach dreieinhalb Jahren Krieg könnte es nun schnell zu einem Frieden in der Ukraine kommen. Zwar sind nach einem Gipfel am Montag im Weißen Haus zwischen US-Präsident Trump und europäischen Vertretern – darunter Bundeskanzler Merz – sowie nach dem zuvor erfolgten Treffen Trumps mit seinem russischen Kollegen Putin in Alaska noch viele Details offen, doch ist zum ersten Mal seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine ein Prozess zur Suche einer politischen Lösung des Konfliktes erkennbar.
Dazu gehört unter anderem ein in Aussicht stehendes Treffen zwischen Putin und dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj. Bewegung gibt es auch in der Frage von Sicherheitsgarantien für die Ukraine, während der Stand in der Frage internationaler Friedenstruppen noch unklar ist. Ein gravierender Knackpunkt war bislang die Anerkennung russischer Territorialgewinne. Weigerte sich die Ukraine – aus verständlichen Gründen – bis dato, Gebietsabtretungen zuzustimmen, so scheint es jetzt nur noch um das Ausmaß der Geländeverluste zu gehen. Zumindest sagte Selenskyj, dass er über territoriale Fragen direkt mit Putin verhandeln wolle.
Dass ein Frieden in Sicht ist, zeigen auch die Reaktionen aus Moskau. Zwar gab es von russischer Seite zunächst keine Bestätigung der Aussagen des US-Präsidenten und der europäischen Verbündeten und stattdessen eine Klarstellung des Außenministeriums, dass Russland keine NATO-Truppen zur Friedenssicherung in der Ukraine akzeptieren werde, doch ist dies kein grundsätzliches „Njet“ zu dem in Washington skizzierten Prozess.
Und so zeigte sich denn auch der Bundeskanzler im Anschluss an das Treffen euphorisch, dass seine Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern sogar übertroffen worden seien. Auch in den Äußerungen der anderen europäischen Gipfelteilnehmer überwog die Zuversicht, wenngleich – etwa in Person des finnischen Präsidenten Stubb – nach wie vor Skepsis herrscht, ob Russland tatsächlich willens ist, fortan auf kriegerische Abenteuer zu verzichten.
Europa nur Zuschauer
Dass sich die europäischen Staaten weitgehend zufrieden mit dem Washingtoner Gipfel zeigen, kann indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie in diesen Tagen harte Lektionen in Realpolitik erhalten. So ging manchem Beobachter erst im Landeanflug Trumps und Putins in Alaska auf, dass sich gerade die Führer zweier externer Großmächte möglicherweise daran machten, das weitere Schicksal unseres Kontinents zu beschließen. Und die Kommentare zum Verhalten Trumps in Washington, der sowohl Selenskyj als auch die europäischen Verbündeten miteinbezog, hatten durchaus etwas von einem erfreuten Seufzer, dass sich diese Befürchtungen nicht erfüllten.
Dabei haben die Europäer die Rolle des Zuschauers selbst gewählt. Anders als nach der Annexion der Krim 2014, als es der damaligen Kanzlerin Merkel in Minsk gelang, den Konflikt einzufrieren, haben es die europäischen Nationen seit Ausbruch des Ukrainekriegs noch nicht einmal versucht, den Krieg auf irgendeine Weise politisch zu lösen. Stattdessen träumten sie davon, Russland auf dem Schlachtfeld besiegen zu können. Jedes Waffensystem, das den politischen Entscheidern – von denen kaum noch einer Wehrdienst geleistet hat – von militärischen Beratern vorgestellt wurde, wurde als „Gamechanger“ gefeiert, mit dem es nur noch eine Frage der Zeit sei, bis Moskau kapituliere.
Zu einer Symbolfigur europäischer Politik wurde EU-Kommissionspräsidentin v. der Leyen. Diese ist nicht nur verantwortlich für eine Sanktionspolitik, die selbst nach 18 Maßnahmepaketen nicht in der Lage war, Russland zu beeindrucken. Als 2024 der Ungar Orbán in seiner Funktion als EU-Ratspräsident einen Vermittlungsversuch unternahm – und dabei zunächst mit Kiew sprach und dann erst mit Moskau, Peking und Washington – wurde dieser von v. der Leyen regelrecht angefeindet. Offensichtlich ist „Brüssel“ das In-Schach-Halten der EU-Mitgliedstaaten wichtiger als die unvoreingenommene Suche nach einer Lösung des blutigen Krieges.
Unterstützt wurden die politischen Entscheider in ihrem Agieren von der Mehrheit der Medien. Etwa eine Woche nach Kriegsbeginn, als sichtbar wurde, dass die Ukraine nicht überrannt werden würde, ließen diese nur noch Stimmen zu Wort kommen, die die Erzählung von der unmittelbar bevorstehenden russischen Niederlage teilten. Dass sich die Lage auf dem Schlachtfeld tatsächlich in eine ganz andere Richtung bewegte, konnte all die „Experten“ nicht beirren.
Die Motive dafür sind vielfältig. Ein nicht ganz unwesentlicher Grund dürfte das Überlegenheitsgefühl sein, dass die westlichen Nationen nach dem Kalten Krieg gegenüber dem Osten erfasste. Russland galt nach dem Niedergang und Zerfall der Sowjetunion den meisten Beobachtern beiderseits des Atlantiks bestenfalls als zweitklassiger Gegner. Deshalb stellte sich die Frage, ob Moskau den Ukrainekrieg gewinnen könne und was dies für die westliche Sicherheitsarchitektur bedeuten würde, erst gar nicht.
Ein weiterer Grund für die westliche Haltung ist die Verschiebung des Fokus in der Außen- und Sicherheitspolitik. Diese sollte nicht mehr interessengeleitet, sondern „wertebasiert“ sein. Im Ukrainekrieg führte dies schnell zu einer Ideologisierung der eigenen Positionen und zu einer Dämonisierung des Gegners Russlands. Natürlich ist sowohl der russische Versuch, völkerrechtlich fixierte Grenzen gewaltsam zu verschieben, als auch die daraus hervorgegangenen Opfer an Menschenleben nicht zu rechtfertigen. Doch sorgte die Rhetorik Moskau gegenüber dafür, dass die Europäer auf dem Feld der Diplomatie aus dem Spiel waren.
Und so bleibt im Interesse unseres Kontinents zu hoffen, dass nicht nur der Ukrainekrieg in Kürze zu Ende geht – sondern auch, dass sich die europäischen Staaten wieder auf die Grundsätze ihrer einst erfolgreichen Außenpolitik besinnen.