23.08.2025

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Raumfahrt

Von alten und neuen NASA-Projekten

Christoph Seidler klärt auch über die weniger romantischen Seiten der Apollo-Missionen auf

Wolfgang Kaufmann
23.08.2025

Am 14. Dezember 1972 starteten die beiden US-Astronauten Eugene Cernan und Harrison Schmitt mit ihrer Landefähre „Challenger“ von der Mondoberfläche, um zur Erde zurückzukehren.

Seither hat kein Mensch mehr den kosmischen Begleiter unseres blauen Planeten betreten.

Heute, über ein halbes Jahrhundert später, steht nun allerdings die bemannte Rückkehr zum Mond bevor, wobei das Ganze ein zweites Mal in einen ungleichen Wettlauf zu münden scheint. Während des ersten Rennens zum Mond waren die USA der Sowjetunion bald ein deutliches Stück voraus, weil sie über die besseren Trägerraketen verfügten, und diesmal werden die Vereinigten Staaten wohl vor ihrem jetzigen Hauptkonkurrenten China auf dem Mond landen, denn im Bereich der Raumfahrt hat die Volksrepublik trotz aller Mühen noch Nachholbedarf. Über das vergangene und aktuelle Geschehen im All informiert das Buch „Armstrongs Erben. Was der neue Kampf der Supermächte um den Mond für uns bedeutet.“

Dessen Verfasser Christoph Seidler zählt zu den profiliertesten Raumfahrtreportern Deutschlands. Deswegen kann er nicht zuletzt auch kenntnisreich über die Mondflüge der USA während der 1960er und 1970er Jahre berichten, in deren Verlauf Neil Armstrong am 21. Juli 1969 als erster Mensch den Mond betrat.

Andererseits gehört Seidler aber dem Team der Wochenzeitung „Der Spiegel“ an, deren journalistisches Niveau in den letzten Jahren stark abgesunken ist, wovon beispielsweise die Relotius-Affäre zeugt. Das erklärt möglicherweise, warum das Buch neben Stärken etliche Schwächen aufweist. Positiv zu erwähnen ist die über weite Strecken spannende und detailreiche Schilderung des ersten Wettlaufs zum Mond, der mit Armstrongs berühmtem „kleinen Schritt für einen Menschen, aber großen Sprung für die Menschheit“ endete, was auf einen klaren Sieg der USA hinauslief.

Spannender Wettlauf zum Mond
In anderen Veröffentlichungen liest man oft kaum etwas über all die profanen, aber dennoch bemerkenswerten Aspekte des Fluges zum Mond und des Aufenthaltes auf dessen Oberfläche. So ließen die Astronauten von „Apollo 11“ bis „Apollo 17“ eben nicht nur US-Flaggen, Gedenkplaketten, wissenschaftliche Instrumente und drei Mondautos auf unserem Erdtrabanten zurück, sondern auch 96 prallgefüllte Beutel mit Fäkalien. Des Weiteren sind Mondspaziergänge gleichfalls deutlich weniger romantisch als es scheint, weil der allgegenwärtige Mondstaub dazu führt, dass die strahlend weißen Raumanzüge binnen kürzester Zeit aussehen, als hätten deren Träger bergeweise Kohlen geschaufelt.

Seidler kennt sich darüber aber auch mit den aktuellen Programmen aus, durch die wieder Menschen auf den Mond gebracht werden sollen – allen voran das „Artemis“-Programm der NASA, das unter anderem dem Zweck dient, bis 2027 zwei US-Astronauten, und zwar eine weibliche und eine farbige Person, in der Südpolarregion unseres Erdtrabanten abzusetzen.

Viele der „Artemis“-Planungen der staatlichen US-Weltraumbehörde NASA sind jetzt freilich hinfällig geworden, weil Präsident Donald Trump das NASA-Budget kürzlich um ein Viertel zusammengestrichen hat. Dem fiel beispielsweise die von Seidler ausgiebig beschriebene, um den Mond kreisende Raumstation Lunar Orbital Plattform-Gateway (LOP-G) mit europäischer Beteiligung zum Opfer.

Ebenso wird die völlig überteuerte und technisch veraltete Schwerlastrakete Space Launch System (SLS) von Boeing und Northrop Grumman mit der gleichermaßen antiquierten Raumkapsel Orion von Lockheed Martin und Airbus an der Spitze nur ganze zwei Mal bemannt in Richtung Mond abheben. Danach treten höchstwahrscheinlich die wiederverwendbaren Trägerraketen und innovativen Raumfahrzeuge des Privatunternehmens SpaceX von Elon Musk an deren Stelle.

Spitzen gegen Elon Musk
Das konnte Seidler zum Zeitpunkt der Fertigstellung seines Buches noch nicht in diesem Umfang wissen. Jedoch zeugt es angesichts der schon seit Längerem bekannten Tatsache, dass ein SLS-Start ungefähr 40-Mal mehr Geld verschlingt als der Flug einer SpaceX-Schwerlastrakete, kaum von journalistischer Weitsicht, ständig unterschwellig abwertend über den Raumfahrtkonzern von Elon Musk zu berichten.

Aber der Milliardär zählt eben nicht gerade zu den Lieblingen der linken Presse, zu der inzwischen definitiv auch der „Spiegel“ gehört. Seine Abneigung zeigt Seidler unter anderem, indem er dem Raumfahrtpionier und unbestrittenen Branchenprimus Musk pauschal unterstellt, „über die Jahre ... zunehmend viel Unsinn gesagt und getan“ zu haben.

Typisch ist des Weiteren, dass in „Armstrongs Erben“ gegendert wird, was das Zeug hält. Wenn Seidler sich in seinem Buch auf das generische Maskulinum beschränkt hätte, statt ständig von „Raumfahrerinnen und Raumfahrern“ zu schreiben, dann wäre das Werk wohl um einiges kürzer geworden – mit positiven Auswirkungen auf den Papierverbrauch und die Umweltbilanz des Verlages.

Außerdem stört auch der streckenweise kindliche Tenor, wenn es um Erklärungen rund um die Astronomie beziehungsweise Raumfahrt geht. Aber vielleicht ist das Publikum heutzutage ja teilweise wirklich schon so infantil und unwissend, dass derart simplifizierende Darstellungen nötig sind. Auf einen durchschnittlich gebildeten Leser wirken solche Passagen jedenfalls befremdlich.

Simplifizierende Darstellung stört
Darüber hinaus wurde das 332-Seiten-Buch lediglich mit zwölf, und manchmal auch noch ziemlich nichtssagenden Schwarz-Weiß-Fotos bebildert. Das hätte der Verlag anders handhaben können, weil es unzählige wundervolle und in-struktive Farbfotos von den Apollo-Missionen und dem Raumfahrtgerät von heute gibt.

Dennoch kann das Buch von Seidler Interessenten an den Mondflügen und deren technischen, wissenschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und völkerrechtlichen Aspekten zur Lektüre empfohlen werden, denn etwas Besseres zur Thematik in deutscher Sprache existiert derzeit nicht. Und auch das Preis-Leistungs-Verhältnis kommt trotz der
genannten Schwächen insgesamt akzeptabel daher.

Christoph Seidler: „Armstrongs Erben. Was der neue Kampf der Supermächte um den Mond für uns bedeutet“, Piper Verlag, München 2025, gebunden, 332 Seiten, 22 Euro


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