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Mit der Zahl der Zuwanderer steigen auch die Umfragewerte der AfD – während die Ampelparteien dramatisch an Zustimmung verlieren. Dabei könnte sich die Regierung von den Dänen abschauen, wie das Problem auch von links gelöst werden kann
Je fortschrittlicher sich dieses Ampel-Deutschland gebärdet, desto spießiger und kleinkarierter tritt es auf. Kaum hatte CDU-Chef Friedrich Merz in der vergangenen Woche seinen „Zahnarztgate“-Satz ausgesprochen, schon wurde der erwartbare Wirbel entfacht, in dem die üblichen Verdächtigen ihre Textbausteine in die Luft warfen. In einer Talkrunde mit den Parteiführern Lars Klingbeil (SPD) und Omid Nouripour (Grüne) beklagte Merz die Pull-Faktoren, die konkurrenzlosen Wohlfahrtsleistungen, mit denen Deutschland ein Viertel aller Asylsuchenden in der EU herbeilockt und damit das beliebteste Zielland in Europa ist.
300.000 Asylbewerber, so Merz, sind abgelehnt, würden aber nicht ausreisen, sondern „die vollen Leistungen bekommen. Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine.“
Damit war, mal wieder, das seit Jahren über Zuwanderer verhängte Tabu berührt, wonach jegliche Kritik an Missständen der Migrationsfront wahlweise als „rechtsextrem“, „rassistisch“, „menschenverachtend“, „ausländerfeindlich“, „sozialneidisch“ oder „AfD-nah“ stigmatisiert wird. Erstaunlicherweise funktionieren diese Reflexe so verlässlich wie die Fallgesetze. Diesmal war sogar von den Parteilinken in der Union in Gestalt des Vizechefs des CDU-Sozialflügels Christian Bäumler zu hören: „Viele CDU-Mitglieder schämen sich für ihren Parteivorsitzenden.“
Offensichtlich neigt der Ampel-Zeitgeist dazu, lieber über Tonalitäten und Regelverstöße zu debattieren, als konkrete Probleme anzusprechen, geschweige denn zu lösen. Die verklemmte Atmosphäre erinnert ein bisschen an den Habitus jener Hausfrau in den ersten Nachkriegsjahrzehnten, die sich, wenn das Telefon klingelte, noch mit flinken Fingern ihre Frisur gerichtet hat, ehe sie den Hörer abhob. Und gerade diese rhetorischen Ablenkungsmanöver, lieber über Zahnersatz als über Pull-Faktoren zu reden, zeigen, wie die Bundesregierung mit ihrer Migrationspolitik zunehmend unter Druck gerät.
Denn Friedrich Merz hat mit seinem Hinweis keineswegs Unrecht, wie sein Generalsekretär Carsten Linnemann erläutert: „In keinem anderen europäischen Land bekommt ein abgelehnter Asylbewerber nach 18 Monaten eine bessere soziale Leistung
als nach 17 Monaten. Deshalb ist es richtig, dass wir bei abgelehnten Asylbewerbern die Sozialstandards senken.“
Ein Land an der Belastungsgrenze
Es scheint Bewegung in die Flüchtlingsdebatte zu kommen. Nach den Migrationswellen anno 2015 und 2016 sind die Zahlen der Menschen, die in die Europäische Union drängen, wieder in die Höhe geschnellt. Allein im ersten Halbjahr 2023 kletterte die Zahl der Asylanträge in der EU auf 519.000, das sind 28 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Obendrein genießen in der Union aktuell rund vier Millionen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine vorübergehenden Schutz. Die meisten von ihnen kamen 2022 und müssen wegen einer Sonderregel kein Asyl beantragen.
Die mit Abstand meisten Asylanträge in der Europäischen Union werden in Deutschland gestellt, nämlich 30 Prozent. Das sind doppelt so viele wie in den nächstplatzierten Staaten Spanien (17 Prozent) und Frankreich (16 Prozent). Rund 218.000 Menschen stellten 2022 ihren Erstantrag in Deutschland – fast soviele wie im Zeitraum Januar bis August 2023 (220.116 Anträge).
Kein Wunder, dass die Länder und Kommunen mit ihren Aufnahme- und Versorgungskapazitäten längst ihr Limit erreicht haben. Manche Kommunen mussten die Neuankömmlinge bereits in Turnhallen und Zelten unterbringen, im nordrhein-westfälischen Odenthal soll die Trauerhalle des Friedhofs als Notunterkunft genutzt werden. Aktuell gehe es nur darum, „Obdachlosigkeit zu vermeiden“, so die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens (SPD), von Integration könne keine Rede mehr sein.
Spätestens seit Herbst vergangenen Jahres ignorierte die Bundesregierung die illegale Migration weitgehend und streitet bis heute den Pull-Faktor beharrlich ab, dass sich Menschen aus Afrika und dem Nahen Osten deshalb auf den Weg nach Deutschland machen, weil hier üppigere Sozialleistungen winken als in andere EU-Ländern. Unterdessen erreichte die AfD in Umfragen Rekordwerte. Derzeit steht die Protestpartei bundesweit bei 22 Prozent, sechs Punkte hinter der Union und sechs Punkte vor der Kanzlerpartei SPD.
Seltsamerweise scheint keine der anderen Parteien im Bundestag zu begreifen, dass die AfD von ihren Gegnern buchstäblich in die Höhe gepusht wird. Jeder Versuch, die Protestpartei aus dem demokratischen Diskurs herauszuhalten, sie als Naziclique und Gottseibeiuns-Truppe zu etikettieren, zu der eine Brandmauer gehalten werden muss, erweist sich als Wahlkampfunterstützung für die AfD. Denn solange die Parteien des selbstgezirkelten demokratischen Lagers das AfD-Personal als „Antidemokraten“ ausgrenzen, markieren sie diese Partei als einzige real existierende Opposition wider eine demokratische Allianz, die sich zusehends selbstverähnlicht.
Wer nämlich die dauergrünblinkende Ampelkoalition ablehnt, weil er mit der Migrationspolitik, der Energie- und Klimapolitik, dem elenden Gendern und anderen kulturellen Verflüssigungen nicht einverstanden ist, wird weder von der Union bedient noch von der Linkspartei. 64 Prozent der Deutschen sehen in der Migration „eher Nachteile“, ergab eine jüngste Erhebung von Infratest Dimap. Das sind zehn Prozentpunkte mehr als noch im Mai. Nur für ein gutes Viertel der Befragten überwiegen noch die Vorteile. Fast zwei Drittel der Bürger wollen weniger Zuwanderung. Was sollen diese Menschen wählen, um Gehör zu finden? Ist es verwunderlich, wenn sich einige von ihnen, wenn auch zähneknirschend, für die AfD entscheiden?
Vorbild Dänemark
AfD und Migration hängen eng miteinander zusammen. Beide Probleme – das erste vor allem eines der etablierten Parteien – könnten mit ziemlich naheliegenden Methoden gelöst werden. Im Nachbarland Dänemark machen es ausgerechnet die Sozialdemokraten vor. Die dänischen Genossen haben verstanden, dass alle Wohltätigkeit ihre natürlichen Grenzen hat und ein Sozialstaat nur überleben kann, solange seine Leistungen von der jeweiligen Nationalökonomie auch erwirtschaftet werden.
2021 sagte die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen: „Wir müssen sicherstellen, dass nicht zu viele Menschen in unser Land kommen, sonst kann unser Zusammengehörigkeitsgefühl nicht existieren.“ Damals hatte das dänische Parlament ein Gesetz verabschiedet, mit dem der gesamte Asylprozess in Drittländer delegiert werden sollte. Gespräche wurden mit Ruanda, Tunesien, Äthiopien und Ägypten geführt, um in Dänemark nur Menschen aufzunehmen, die in erster Instanz außerhalb Dänemarks einen positiven Asylbescheid bekommen.
Des Weiteren gilt in Brennpunktvierteln des Königreichs eine Quote von 30 Prozent für nichtwestliche Zuwanderer, um eine gute Durchmischung und Integration zu gewährleisten sowie Parallelgesellschaften nicht entstehen zu lassen. Asylbewerbern werden bis zu 5400 Euro für eine freiwillige Rückkehr gezahlt. Abgelehnte Bewerber werden in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und müssen sich in sogenannten „Rückkehrzentren“ aufhalten, solange eine Abschiebung wegen der Sicherheitslage in ihrem Heimatland nicht möglich ist. Bei der Einreise können Asylbewerbern Vermögensgegenstände abgenommen werden, um die Kosten zu decken. Bis zu 300 in Dänemark verurteilte Straftäter aus Drittländern sollen im Gefängnis in Kosovo untergebracht werden. Nach dem Haftende sollen sie direkt in ihre Heimatländer abgeschoben werden.
All diese Maßnahmen, die deutschen Sozialdemokraten die Haare zu Berge stehen lassen, dienen einem Zweck: Abschreckung. Die Dänen haben von den Deutschen gelernt und wollen vermeiden, für Asylbewerber und migrantische Glückssucher allzu attraktiv zu sein. Mit Erfolg: In den ersten fünf Monaten 2023 wurden in Dänemark gerade mal 1048 Asylanträge registriert, in Deutschland waren es bis Ende Mai 125.566 Erstanträge und 10.395 Folgeanträge. Unter den EU-Ländern liegt Dänemark bei den Asylanträgen auf Platz 18 – und Deutschland auf Platz 1.
Die rechtspopulistische Dänische Volkspartei konnte Frederiksen mit ihrer Politik bei den Parlamentswahlen 2022 auf marginale 2,6 Prozent drücken. Prinzipiell könnten auch die deutschen Sozialdemokraten die AfD aus den Parlamenten fegen, indem sie sich „rechte“ Themen links aneigneten und wieder zur wirklichen Volkspartei würden.
Ohnehin dürfte zu den Grundirrtümern der Berliner Republik die Annahme gehören, Migrationsskepsis sei ein genuin rechter Topos. Tatsächlich gibt es auch eine profunde Migrationskritik von links. Sie greift gleichsam das schmutzige Familiengeheimnis der Willkommenskultur an.
Zuwanderungskritik von links
Denn die Triebkräfte zur Aufnahme von Einwanderern waren schon immer wirtschaftliche Beweggründe, die mit humanitären Motiven bestenfalls maskiert wurden. Der österreichische Sozialhistoriker Hannes Hofbauer hat dies bereits 2018 in seinem Buch „Kritik der Migration. Wer profitiert und wer verliert“ beschrieben. Bemerkenswert ist Hofbauers Untersuchung deshalb, weil er eine linke Kritik an der Migration formuliert, und nicht, wie sonst üblich, von interessierter rechter Seite. Für ihn sind massenhafte zwischenstaatliche Wanderungsbewegungen ein „Ausdruck sozialer Missstände, und zwar sowohl in den Herkunfts- als auch in den Zielländern“.
Zu welchem Zweck aber dient die Aufnahme von Migranten? Hofbauer: „Für viele Unternehmensbranchen bedeutet Migration nichts anderes als die Mobilisierung von Arbeitskräften, die billig zu haben sind.“ Und wird nicht bis heute Gerhard Schröders Agenda 2010 von ihren neoliberalen Verteidigern wegen der Einführung des Niedriglohnsektors gerühmt, der jahrelang für neues Wirtschaftswachstum gesorgt haben soll?
Hofbauer beschreibt die Willkommenskultur als eine Verschleierungspropaganda zugunsten der Interessen des globalisierten Turbokapitalismus. „Kapitalvertreter würdigen Migration dementsprechend als positiv, begleitende Medien erfinden dazu eine passende Ideologie und sprechen von ,Weltoffenheit'.“ Als linker Kritiker stellt Hofbauer klar: „Sich dies einzugestehen, darf nicht gleichbedeutend mit einer migrantenfeindlichen Einstellung sein, sollte aber zu einer migrationskritischen Haltung führen.“
Eine restriktive Migrationspolitik nach dänischem Modell wird womöglich nur ein SPD-Kanzler hierzulande gesellschaftsfähig machen können. Rechte Projekte werden am besten von linken Politikern durchgesetzt – und umgekehrt. So, wie wohl nur ein Kanzler Schröder einst eine Arbeitsmarkt-Agenda 2010 vermitteln konnte und eine Kanzlerin Merkel eine Energiewende. Aber wann werden die Sozialdemokraten wieder einmal einen Kanzler von Format hervorbringen?
Holger Fuß ist freier Autor und schreibt für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften über Politik, Wissenschaft, Kultur und Zeit-
geschehen. 2019 erschien „Vielleicht will die SPD gar nicht, dass es sie gibt. Über das Ende einer Volkspartei“ (FinanzBuch Verlag).
www.m-vg.de
Peter Faethe am 15.10.23, 18:42 Uhr
Wer nicht will deichen,
der muss weichen.
Jürgen Enseleit am 13.10.23, 07:56 Uhr
Das hat nun wahrlich absolut gar nichts mit einem Qualitätsjournalismus zu tun!
Ursache und Wirkung - diesen Zusammenhang scheint es nicht zu geben! Es ist nicht der sogenannte Sozialstaat, der Menschen zu uns treibt! Ich möchte gerne noch einmal die Migrationswelle aus den NBL nach Westdeutschland erwähnen! Auch sie wurde verdammt!
Wenn ich das Narrativ des sogenannten erwirtschaften lese, dann verschlägt es mir die Sprache! Den Wohlstand eines großen Teils der Bevölkerung unserer Zivilgesellschaft erwirtschaften Menschen in ärmeren Ländern durch unsere Ausbeutung des Menschen durch den Menschen! LNG haben wir gerade den ärmeren Ländern geklaut - anders kann man das nicht bezeichnen!