23.08.2025

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Öffentlicher Raum

Berlin kämpft mit seiner Vermüllung

Giftköder für Ratten, drastische Bußgelder für illegale Entsorgung – Nichts scheint wirklich zu fruchten

Hermann Müller
09.07.2025

Selbst glühenden Berlin-Fans kommt es nicht in den Sinn, die Spreemetropole als eine gepflegte und saubere Stadt zu bezeichnen. Üblich ist vielmehr das Bild, das der Musiker Peter Fox in seinem Stück „Haus am See“ von der Hauptstadt Deutschlands gezeichnet hat: „Guten Morgen Berlin, du kannst so hässlich sein, so dreckig und grau.“ Tatsächlich gehören ausrangierte Sofas, Matratzen, Autowracks und herrenlose Fahrräder, die einfach im öffentlichen Straßenraum entsorgt werden, ebenso seit Jahren zum Berliner Stadtbild wie Hundehaufen, Zigarettenkippen und anderer Abfall auf den Gehwegen. Auch in den Berliner Parks sind mit leeren Glasflaschen, Essensresten und Verpackungsmüll bedeckte Rasenflächen eher die Regel als die Ausnahme.

Aktuell sorgt in der Stadt eine massive Rattenplage auf dem Neuköllner Hermannplatz für Schlagzeilen. Vor allem in den Hochbeeten rund um den Platz haben sich die Nager eingenistet. Die bisherigen Maßnahmen, vor allem Giftköder, sind wirkungslos geblieben. Genutzt wird der Hermannplatz von Händlern, die hier von Montag bis Freitag an Ständen unter anderem Lebensmittel anbieten. Von Markthändlern kam denn auch der Vorwurf, der zuständige Bezirk Neukölln habe den Platz seit zwei Jahren sich selbst überlassen und „mache hier gar nichts“. Inzwischen hat der Bezirk angekündigt, endlich harte Maßnahmen gegen die Rattenplage zu ergreifen.

Senat will Bürger befragen
Für Berlins Regierenden Bürgermeister Kai Wegner scheint das Thema Sauberkeit in der Stadt nun sogar den Rang einer Chefsache zu haben: Wegner kündigte an, Berlin in eine saubere Stadt verwandeln zu wollen. Das sei „für die Vorgängerregierungen oft eine Nebensache“ gewesen. Der CDU-Politiker sieht aber auch alle, die in Berlin leben, in einer Mitverantwortung – für den eigenen Kiez, den Park, den Gehweg: „Der Müll auf den Gehwegen oder in den Grünanlagen fällt ja nicht vom Himmel, sondern immer aus einer Hand.“

Bislang sind die Versuche, die Stadt sauberer zu machen, nicht sonderlich erfolgreich gewesen. Schon 2019 hatte der damalige rot-grün-rote Senat unter dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) im Kampf gegen die Vermüllung der Stadt die Bußgelder deutlich erhöht. Wie die Senatsverwaltung für Umwelt später einräumte, waren trotz der Erhöhung der Bußgelder keine signifikanten Änderungen im Verhalten der Bürger festzustellen.

Im März hat der nunmehr schwarz-rote Senat erneut die Bußgelder für illegale Müllentsorgung drastisch angehoben. Seitdem kann das Wegwerfen einer Zigarettenkippe mit 250 Euro geahndet werden. Das gleiche Mindestbußgeld wird für das Wegwerfen von Plastiktüten oder Einwegbechern fällig. Die in einigen Stadtteilen sehr beliebte illegale Entsorgung von Sperrmüll auf öffentlichem Straßenland kann ertappte Sünder 4000 Euro kosten. Durchschlagenden Erfolg scheint der neue Bußgeldkatalog für Müllsünder bislang aber nicht gehabt zu haben. Seit dem 24. Juni sind die Berliner nun aufgefordert, in einer Online-Befragung Auskunft zu geben, wo für sie der Ärger über Schmutz und Verwahrlosung in der Hauptstadt am größten ist: „Wir wollen wissen, wo es in Berlin besonders dreckig ist – und wo wir besser werden müssen“, sagt Martina Klement, Staatssekretärin für Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung in der Senatskanzlei.

Andere Städte geben mehr Geld aus
Kommentator Gunnar Schupelius hat in der „B.Z.“ indes Zweifel am Sinn der Bürgerbefragung geäußert: Stadtreinigung und Ordnungsämter wüssten schließlich, „wo und wann der Müll herumliegt und weggeräumt werden muss“.

Tatsächlich spricht viel dafür, dass die Berliner Politik kein Erkenntnisproblem sondern mal wieder ein Umsetzungsproblem hat. Mit etwa 6300 Mitarbeitern scheint Berlins Stadtreinigung im Vergleich zu Hamburg mit rund 4000 Beschäftigten auf den ersten Blick personell gut aufgestellt zu sein. Allerdings hat Berlin auch doppelt so viele Einwohner. Noch entscheidender ist vermutlich, dass andere deutsche Großstädte mehr Geld für die Säuberung von Straßen und Grünflächen in die Hand nehmen.

Dazu kommt die starke Rolle der Bezirke. Sie entscheiden darüber, wie viel Geld aus ihren Haushalten beispielsweise für den Unterhalt und die Pflege von Grünflächen aufgewendet wird. Die Berliner Bezirke sind es auch, die über ihre Ordnungsämter letztendlich dafür sorgen müssen, dass Müllsünder auf frischer Tat ertappt werden. Drastische Geldbußen, die der Senat für illegale Müllentsorgung beschließt, zeigen kaum Wirkung, wenn die Ordnungsämter durch Personalmangel überlastet sind oder vorwiegend gegen Parksünder eingesetzt werden.


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Kommentare

sitra achra am 16.07.25, 17:00 Uhr

Vielleicht hängen diese unzumutbaren Zustände mit dem Sondermüll im politischen Bereich zusammen.

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