19.11.2025

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Zeigt in vielen Grundsatzfragen einen unklaren Kurs: Die AfD-Führungsspitze aus Alice Weidel und Tino Chrupalla
Bild: picture alliance/Flashpic/Jens KrickZeigt in vielen Grundsatzfragen einen unklaren Kurs: Die AfD-Führungsspitze aus Alice Weidel und Tino Chrupalla

Leitartikel

Bedingt regierungsfähig

René Nehring
19.11.2025

Wir wollen regieren!“ Mit diesen, zu verschiedenen Anlässen geäußerten Worten bringen die beiden AfD-Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla seit geraumer Zeit unmissverständlich das gewachsene Selbstvertrauen ihrer Partei zum Ausdruck.

Schaut man sich die aktuellen Umfragewerte der AfD an, in denen die Partei regelmäßig mit der Union um den ersten Platz ringt, erscheint die Ansage des Führungsduos durchaus plausibel. Doch wenn man die Frage stellt, welche Politik die Deutschen im Falle einer Regierungsbeteiligung der größten Oppositionspartei konkret erwarten dürfen, erscheint hingegen vieles mehr als unklar.

So ist die AfD beim wohl wichtigsten außenpolitischen Thema unserer Zeit – dem Ukrainekrieg und damit dem Verhältnis zu Russland – in ihrer Haltung völlig uneins. Während Weidel offen ihr Unverständnis über umstrittene Sotschi-Reisen von Abgeordneten ihrer Fraktion äußert, verteidigt Chrupalla diese ebenso offen und zeigt zudem eine völlige Distanzlosigkeit zur Kreml-Führung (etwa „Putin hat mir nichts getan“ bei „Markus Lanz“).

Auch in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik, vor allem hinsichtlich des Verhältnisses zur NATO und zur Bundeswehr, gibt es innerparteilich massive Differenzen. So wird nicht nur die Forderung, die deutschen Streitkräfte wieder in einen verteidigungsfähigen Zustand zu versetzen, kontrovers diskutiert. In der Grundsatzfrage der Wehrpflicht sind die Lager sogar so weit auseinander, dass die Parteiführung derzeit jede Positionierung dazu komplett meidet.

Höchst unterschiedliche Ansichten gibt es auch über den wirtschaftspolitischen Kurs. Während das Lager um Weidel für klassische ordnungsliberale Ansichten steht und versucht, die Partei damit für Unternehmer und Manager attraktiv zu machen, proklamieren andere einflussreiche Kreise offen einen „sozial-patriotischen“ Kurs, was sicher nicht nur zufällig wie „nationalsozialistisch“ klingt.

Generell unklar ist noch immer die grundsätzliche strategische Ausrichtung der AfD. Sprich: Soll die Partei auf politische Wettbewerber zugehen und mit diesen Koalitionen anstreben? Oder soll sie hinter der Brandmauer in einer Fundamentalopposition verharren und von den Misserfolgen der anderen profitieren?

In diesen und weiteren Themen zeigt sich, dass die AfD vor allem als Dagegen-Partei gegründet und groß wurde: gegen die „Euro-Rettung“ der Regierung Merkel, gegen die unkontrollierte Massenzuwanderung, gegen den links-grün-woken Zeitgeist. Doch wenn sie tatsächlich eines Tages regieren will, wird die AfD sowohl ihren Wählern als auch potentiellen Partnern erklären müssen, wofür sie steht. Ansonsten ist sie vielleicht regierungswillig – aber noch lange nicht regierungsfähig.


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