01.08.2025

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Zu Komplex

Berlins Nahverkehr droht der totale Kollaps

Was einst ein weltweites Vorbild war, wird nun zunehmend zum absoluten Problemfall

Hermann Müller
01.08.2025

Mit der bereits von der preußischen Eisenbahnverwaltung in Auftrag gegebenen Ringbahn und dem Bau des Nord-Süd-Tunnels in den 1930er Jahren galt Berlins S-Bahn früher als das Vorbild schlechthin für effizienten, durchdachten Nahverkehr. Inzwischen ist Berlins Nahverkehrssystem für Berliner und Hauptstadtbesucher immer öfter die Ursache für blank liegende Nerven, Frustration und Verspätungen. Die Tageszeitung „B.Z.“ stellte unlängst sogar die Frage: „Steht Berlins Nahverkehr vor dem Kollaps?“

Und diese Frage ist mehr als berechtigt. Tatsächlich scheint das System von Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) und Berliner S-Bahn in der Millionenstadt mittlerweile einen Grad an Komplexität erreicht zu haben, der es extrem störanfällig macht. Berufspendler sind inzwischen fast regelmäßig mit Phänomenen wie Signalstörungen, defekten Fahrzeugen oder Zugausfällen aufgrund von Personalmangel konfrontiert.

Auch Polizeieinsätze und Einsätze von Rettungssanitätern in Zügen oder auf Bahnhöfen sind keine Seltenheit. Die regelmäßige Folge ist, dass der Zugverkehr auf den betroffenen S-Bahn-Strecken zum Erliegen kommt. Bis der reguläre Betrieb wieder in Gang kommt, verlassen S-Bahnen die Bahnhöfe nicht oder bleiben mitten auf der Strecke stehen. Geduld ist auch gefragt, wenn vom Zugpersonal Durchsagen wie „Gegenstände auf dem Gleis“ oder „Der Zugverkehr ist wegen Personen im Gleisbereich zeitweise unterbrochen“ kommen.

Selbst für Vielnutzer der S-Bahn hatte die Begründung Neuheitswert, die ihnen für den massiv eingeschränkten S-Bahn-Verkehr im Berliner Südosten am Wochenende des 19. und 20. Juli geliefert wurde. Wie die S-Bahn auf ihrer Internetseite mitteilte, konnte das Stellwerk Schöneweide am Sonnabend und Sonntag aufgrund eines kurzfristigen, krankheitsbedingten Personalausfalls nicht besetzt werden.

Ersatzverkehr mit Frustpotential
Ergänzend klärte die Deutsche Bahn die ahnungslosen Fahrgäste noch auf: „Zugverkehrssteuerer benötigen spezifische Technik- und Streckenkenntnisse, weshalb ein Ersatz nicht so einfach möglich ist.“ Durch das unbesetzte Stellwerk verkehrten fünf S-Bahn-Linien nur noch verkürzt, die S85 stellte den Betrieb sogar ganz ein. Fahrgäste mussten teilweise auf einen Ersatzverkehr mit Bussen sowie einen Pendelverkehr im 20-Minuten-Takt ausweichen.

Während der Berliner Sommerferien hat die S-Bahn nun umfangreiche Bauarbeiten angekündigt – auch hier ist schon reichlich Frustpotential programmiert. Und der angebotene Ersatzverkehr mit Bussen ist erfahrungsgemäß oft mit langen Umwegen, mitunter aber auch mit völlig überfüllten Fahrzeugen und nicht selten mit einer kryptischen Kommunikation seitens der überfordert scheinenden Berliner S-Bahn verbunden.

Die störanfällige S-Bahn ist zudem nur ein Teil des Berliner Nahverkehrssystems. Auch die U-Bahnen und die BVG-Straßenbahnen sorgten immer wieder für zeitraubende Verkehrsstörungen, Ausfälle oder wochenlange Streckensperrungen durch Bauarbeiten. Mit etwas Pech geraten Fahrgäste bei einer Fahrt durch das Stadtgebiet so mitunter von einem Ausnahmezustand in den nächsten.


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