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Der Berliner Bankierssohn Eduard Magnus hatte statt Geld nur die Leinwand vor Augen – Vor 150 Jahren starb der Portraitmaler
Die Berliner Behrenstraße beginnt am Bebelplatz und verläuft in Berlin-Mitte über rund 1200 Meter bis zur Ebertstraße. Die südlich zur Prachtmeile Unter den Linden parallel verlaufende Straße wurde Ende des 17. Jahrhunderts angelegt, gehörte mit repräsentativen Bauten bald zum exklusiven Bankenviertel und war auch die gefragte Adresse einiger berühmter Persönlichkeiten. Das reichte vom Künstler Daniel Chodowiecki und der Salonnière Rahel Varnhagen von Ense über Preußens Bildungsreformer Wilhelm von Humboldt bis hin zur Bankiersfamilie Magnus im Haus Nr. 46.
Der Hausbesitzer Immanuel Meyer Magnus stammte ursprünglich aus Schwedt, hatte eine jüdische Herkunft und konvertierte mit seiner Familie 1807 zum evangelischen Glauben. 1809 gründete er als Johann Matthias Magnus in Berlin das Bankhaus Magnus mit Sitz in der Behrenstraße. Von den sechs Söhnen des Bankiers Magnus wurden Carl Adolf und Friedrich Martin ebenfalls Banker. Sohn Gustav dagegen wurde ein berühmter Physiker. Einer der Enkel gehörte zum Gründungskomitee der Deutschen Bank.
Eine Sonderrolle nahm Sohn Leopold Eduard Samuel ein. Beruflich galt er als schwarzes Schaf der Bankiersfamilie und wurde Künstler. In seinem Atelier in der Behrenstraße 46 entwickelte er sich später jedoch zu einem der erfolgreichsten deutschen Portraitmaler. Der optische Eindruck, den wir heute von dem Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy haben, geht maßgeblich auf sein Ölportrait von 1846 zurück.
Von anderen Persönlichkeiten können wir uns kein Bild mehr machen, da ein Großteil seiner Bilder seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen ist. Der erhalten gebliebene Rest zählt dagegen zum kostbaren Bestand von privaten und öffentlichen Sammlungen in aller Welt. Das reicht von der Alten und Neuen Berliner Nationalgalerie über die Eremitage in St. Petersburg und das Thorvaldsen- Museum in Kopenhagen bis hin zur National Portrait Gallery in London. 150 Jahre nach seinem Tod besitzen seine Bilder eine besondere Anziehungskraft für Kunstfreunde und einen kaum zu beziffernden Stellenwert auf dem Kunstmarkt.
Magnus wurde am 7. Januar 1799 geboren und durfte wie seine Brüder seinen Neigungen folgen. Er offenbarte früh seinen Hang zur Kunst und konnte sich parallel zum Schulbesuch zum Maler weiterentwickeln mit seinem eigenen Atelier in der ersten Etage des Hauses in der Behrensstraße 46.
Die Mutter bildete den Mittelpunkt der Familie, führte ein offenes Haus mit prominenten Besuchern aus dem Geistes- und Geschäftsleben und erzog ihre Kinder zur christlichen Wohltätigkeit. Sohn Magnus besuchte die Aktklasse der Kunstakademie, fand im Mal-Professor Jacob Schlesinger einen einfühlsamen Lehrer und Berater und unternahm mehrjährige Studienreisen, die ihn nach Frankreich, Spanien, Ägypten und Italien führten.
Magnus lebte mit Unterbrechungen insgesamt acht Jahre in Rom, begeisterte sich zunächst für die Malweise der Nazarener und war Mitglied des Deutschen Künstlervereins. Einige seiner frühen römischen Arbeiten gehören inzwischen zur Sammlung der 1913 durch eine Stiftung der deutschen Mäzenin Henriette Hertz gegründeten Bibliotheca Hertziana in Rom, die heute eine kunstgeschichtliche Forschungseinrichtung der Max-Planck-Gesellschaft ist.
Nach seiner Rückkehr nach Berlin bezog Magnus sein Atelier im Elternhaus und etablierte sich bald als aufstrebender Berliner Maler. Nach frühen Genrebildern mit südländischen Themen im Stil der Nazarener vollzog der Künstler eine stetige Weiterentwicklung. Er wurde Mitglied der Kunstakademie und angesichts seines künstlerischen Durchbruchs zum Professor ernannt. Aus dem Nazarener wurde zunächst ein Romantiker, der dann Einflüsse des Realismus übernahm, viele Berliner Persönlichkeiten portraitierte und die Bilder auf Ausstellungen präsentierte.
Zur Palette seiner Prominentenportraits gehörten die Bildnisse seiner Künstlerkollegen Adolf Menzel, Ludwig Schwanthaler, Bertel Thorvaldsen und Christian Daniel Rauch. Vor seiner Leinwand standen ferner Mathilde Gräfin zu Lynar, die Salonnière Ernestine von Wildenbruch und Felix Mendelssohn Bartholdy, mit dem er verwandt war und dessen ganze Familie er ins Bild setzte.
Besonders die Portraits der Opernsängerinnen Jenny Lind und Henriette Sontag verschafften dem Portraitisten der großbürgerlichen Berliner Gesellschaft viel Ansehen. Mit diesem Erfolg wurde der Künstler in den Senat der Akademie berufen, war an zahlreichen gutachterlichen Entscheidungen beteiligt, erhielt einige Auszeichnungen wie den Roten Adlerorden und äußerte sich auch öffentlich zu theoretischen Kunst- und politischen Tagesfragen.
Doch im Alter befiel ihn ein Leiden, das für einen Maler das Aus bedeutet: Ab 1862 litt er am Grauen Star, der mehrere wenig erfolgreiche Operationen zur Folge hatte. Nachdem seine Arbeitsfähigkeit erheblich eingeschränkt worden war und Magnus einen Wohnungs- und Atelierwechsel in die heutige Anhalter Straße vorgenommenn hatte, erlitt er einen Gehirnschlag, an dessen Folgen er am 8. August 1872 verstarb. Magnus wurde 73 Jahre alt und fand auf dem Begräbnisplatz der Magnus-Familie auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof seine letzte Ruhe.