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Weltweit gibt es mehr Nationen als Staaten – Der Geograph und Historiker Martin Grosch beleuchtet die daraus resultierenden Konflikte
Weltweit gibt es rund 8000 ethnische Gruppen, die behaupten, eine Nation zu sein. Dem stehen knapp 200 Staaten gegenüber. Daraus resultiert ein immenses Konfliktpotential, denn viele der Nationen ohne eigenes Staatswesen streben nach der Unabhängigkeit, die logischerweise die Herauslösung einzelner Landesteile aus einem bestehenden Staatsgebilde erfordert. Hierüber berichtet der Geograph, Historiker und Bundeswehroffizier Martin Grosch in seinem Buch „Sezessionen“.
Das Werk besticht durch eine stringente Gliederung in Kombination mit Detailreichtum. Eingangs definiert Grosch zentrale Begriffe wie „Nation“, „Volk“ und „Nationalismus“, bevor er die völkerrechtlichen Aspekte der Sezessionen im Spannungsfeld zwischen dem nationalen Selbstbestimmungsrecht und der Wahrung der territorialen Integrität eines Staates beleuchtet. Danach geht es um die Ursachen von Sezessionsbewegungen, die in der Regel ethnischer, religiöser, wirtschaftlicher oder historisch begründeter Natur sind. Ebenso bemüht sich Grosch um die Klärung der heiklen Frage, ob Separatisten eher Freiheitskämpfer oder Terroristen darstellen. Dabei bleibt er aber eine verbindliche Antwort schuldig.
Der Hauptteil des Buches ist den zahlreichen konkreten Sezessionsbewegungen gewidmet. Den Anfang machen die erfolgreichen Sezessionen der Vergangenheit, aus denen Staatsgründungen resultierten. So wie im Fall von Belarus, Eritrea, Bangladesch und Panama, der drei baltischen Republiken, der Ukraine sowie des Südsudans. Dem stehen gescheiterte oder faktisch vollzogene, aber völkerrechtlich nicht anerkannte Sezessionsbewegungen gegenüber. Misslungene Loslösungsversuche fanden in den Südstaaten der USA, den kongolesischen beziehungsweise nigerianischen Provinzen Katanga und Biafra, der kanadischen Region Québec, in Tschetschenien, auf Sri Lanka und im Südjemen statt. Dahingegen dürfte die Verselbstständigung Transnistriens von Moldawien, des Somalilandes von Somalia und der Türkischen Republik Nordzypern von Zypern kaum rückgängig zu machen sein, obwohl die internationale Staatengemeinschaft diese Staatsgebilde als illegitim betrachtet.
Und schließlich kommen die aktuellen, hochproblematischen Sezessionsbewegungen zur Sprache, wie es sie nicht zuletzt in Südtirol, Katalonien, dem Baskenland, auf Korsika, in Schottland, der belgischen Region Flandern, den Kurdengebieten der Türkei, Syriens, des Iraks und des Irans sowie in Zentralafrika gibt.
Martin Grosch: „Sezessionen. Das erbitterte Ringen um Unabhängigkeit“, Lau-Verlag, Reinbek 2024, broschiert, 348 Seiten,
28 Euro