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Verlängerte Freizeit, gestrichene Türkei-Flüge – Viele Russen zog es zu Beginn des Wonnemonats in die Ostseeregion
In diesem Jahr hat sich die russische Regierung dazu entschieden, die Maifeiertage unerwartet vom 1. bis 10. Mai zu verlängern. Ziel war es, die Russen von der Arbeit fernzuhalten und so die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen.
Von unnötigen Reisen wurde abgeraten. Der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin riet den Hauptstädtern, auf Reisen zu verzichten und die Zeit zu Hause oder auf der Datscha zu verbringen. Allerdings folgten nicht alle seinem Rat, sondern viele eilten ins nördliche Ostpreußen an die Ostsee. Hinzu kam, dass die Flüge zu den türkischen Urlaubsorten kurzfristig gestrichen worden waren. Zwar war man im Königsberger Gebiet auf einen Zustrom von Touristen Anfang Mai vorbereitet. Mitte April waren bereits
95 Prozent der Unterkünfte in Hotels und Pensionen in der Region ausgebucht, aber nachdem sich die Verlängerung der freien Tage herumgesprochen hatte, gab es sogar noch einen Ansturm auf die wenigen freien Unterkünfte.
Einerseits ist die Regionalregierung begeistert vom Erfolg im Tourismussektor, andererseits verschlechtert sich durch den Zustrom an Menschen die epidemiologische Situation wieder. Dies kann zu verwirrenden Situationen führen wie bei der Entscheidung über die lange geplante Veranstaltung „Woche des Essens und der Musik“ auf dem Kneiphof. Diese Veranstaltung zählte zu den am meisten erwarteten Ereignissen in Königsberg während der Maiferien.
Zwei Tage vor dem geplanten Start, als alle Stände und Dekorationen bereits aufgebaut waren, verkündete die Domverwaltung jedoch, dass sie die Veranstaltung absagen werde. Die Domverwaltung begründete ihre Entscheidung folgendermaßen: „Wir sind gezwungen, mitzuteilen, dass im Zusammenhang mit den von der Regionalregierung für die Bekämpfung der Coronavirusinfektion im Königsberger Gebiet erlassenen Beschränkungen ... die ,Woche des Essens und der Musik' nicht abzuhalten.“ Die Regionalregierung sagte jedoch, dass sie keine Entscheidungen bezüglich der Veranstaltung getroffen habe. Da die Domverwaltung dies beschlossen habe, würden die Organisationsgebühren der teilnehmenden Unternehmer zurückerstattet.
Offenbar aus Rücksicht auf die Unternehmer, die viel Zeit und Geld für ihre Vorbereitungen aufgewendet hatten, gab die Domverwaltung nur einen Tag später eine neue Entscheidung bekannt – das Fest finde doch statt, allerdings ohne Musik und Straßenanimation. Die in den Räumlichkeiten des Doms geplanten Konzerte würden stattfinden.
Die Organisatoren des Festes riefen dazu auf, Abstand zu halten und Masken zu tragen. Beide Anforderungen haben im Königsberger Gebiet jedoch seit Langem nur beratenden Charakter, und tatsächlich hält sich fast niemand daran.
Zahl der Infizierten steigt wieder
Seit dem 15. April steigt die Zahl der Infizierten in der Stadt und der Region wieder. Außerdem wurden immer mehr importierte Fälle unter ihnen registriert. Am Vortag bezeichnete Jelena Babura, Leiterin der Abteilung Rospotrebnadzor (Aufsichtsbehörde für Verbraucher- und Gesundheitsschutz) im Königsberger Gebiet, die Situation der Ausbreitung des Coronavirus in der Region als „angespannt“. Gleichzeitig erneuerte die Regionalregierung die Anordnung der selbstauferlegten Isolation für ältere Menschen bis zum 31. Mai wieder und empfahl den Einwohnern des Königsberger Gebiets, an den Maifeiertagen bis zum 10. Mai auf den Besuch von Friedhöfen zu verzichten. Dazu muss man wissen, dass es im orthodoxen Glauben Brauch ist, am Ostersonntag mit Osterbroten, -eiern und Wodka zu den Gräbern der verstorbenen Angehörigen zu pilgern, um am Grab das Fest der Auferstehung zu feiern.
So ergab sich eine interessante Situation: Rentner sollten die Maifeiertage zu Hause verbringen, die Bürger des Gebiets sollten auf den Friedhofsbesuch verzichten, während die Touristen ohne Einschränkungen überall hingehen und zur Verbreitung des Coronavirus beitragen konnten. Die stellvertretende Ministerpräsidentin der russischen Regierung, Tatjana Golikowa, machte auf diese Situation aufmerksam und erklärte, dass sich das Coronavirus besonders schnell an Orten ausbreite, an denen eine hohe Anzahl von Touristen ankomme – das seien Kurorte am Schwarzen Meer und das Königsberger Gebiet.