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Der Historiker Hugo Lemcke war „wer“ im Geistesleben der preußischen Provinz Pommern
Noch heute erinnert im Stettiner Stadtmuseum eine Büste aus Marmor an den vor 100 Jahren gestorbenen Historiker Hugo Lemcke. Der Gelehrte, der über Jahrzehnte als Gymnasiallehrer in Stettin wirkte, wo er auch Direktor des Stadtgymnasiums war, und dann in der pommerschen Hauptstadt als Stadtverordneter sowie Kirchenältester tätig war, veröffentlichte zahlreiche Schriften und wurde in Anerkennung seiner Verdienste mehrfach ausgezeichnet. Dazu beschäftigen sich zahlreiche Schriften mit seinem Wirken in Pommern, so etwa Beiträge in den „Pommerschen Lebensbildern“ und in den „Stettiner Lebensbildern“ über den Mann, der sich zu Lebzeiten überaus engagiert mit der Geschichte Pommerns beschäftigt hatte.
Lemcke wurde am 5. Dezember 1835 in dem am Ostufer der mittleren Uecker gelegenen Pasewalk geboren. Sein Geburtsort entwickelte sich im Umfeld einer Burg ab dem 11. Jahrhundert und erhielt in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts das Stadtrecht. Heute gehört die Kleinstadt zum Landkreis Vorpommern-Greifswald.
Der Vater von Lemcke war von Beruf Kaufmann, besaß eine Stärkefabrik und ermöglichte seinem Sohn einen weiterführenden Bildungsweg. Der Junge besuchte zunächst die Höhere Bürgerschule in Pasewalk und absolvierte danach das Stadtgymnasium in Stettin.
Es folgte ein längeres Studium an den Universitäten von Leipzig, Bonn und Greifswald, wobei die Fachbereiche klassische Philologie, Germanistik und Geschichte dominierten. Nach dem Studienabschluss unterrichtete er bis Ostern 1860 an der Bürgerschule Bütow in Hinterpommern.
Im nahen Groß Tuchen lernte er die Pfarrerstochter Antonie Giese kennen und heiratete sie am 5. April 1864 in der Pfarrkirche von Groß Tuchen vor dem Brautvater. 1860 wechselte Lemcke von Bütow an das Stadtgymnasium in Stettin, seine vormalige Schule und stieg unter Franz Kern, einem verdienstvollen Lehrer, Forscher und Schulrektor zum Gymnasialprofessor auf. Er realisierte neben der Erfüllung seiner Lehrpflichten einige Nebentätigkeiten als Historiker.
Lemcke beschäftigte sich wie sein Chef mit der Geschichte Pommerns. Daneben wirkte er als Kirchenältester seiner Jacobigemeinde und war außerdem als Stadtverordneter tätig. Als Kern in den Ruhestand ging, wurde Lemcke 1881 als Rektor sein Nachfolger. Doch die Nebentätigkeiten blieben. Über Jahrzehnte fungierte er als Vorsitzender der „Gesellschaft für pommersche Geschichte und Altertumskunde“. Unter seiner Leitung nahm der Verein einen deutlichen Aufschwung.
Aus den Geschichtsforschungen resultierten verschiedene Schriften wie der Beitrag über das Kartäuser-Kloster Marienkron bei Rügenwalde, über Stettiner Straßennamen, über das älteste Schöffenbuch von Freienwalde in Pommern und über die Geschichte der Stettiner Ratsschule in fünf Jahrhunderten.
Kurz vorm Ruhestand übernahm er zusätzlich das Amt des Provinzialkonservators. Aus der diesbezüglichen Arbeit resultierte eine Buchreihe, die 13 Bände umfasste, die sich mit Bau- und Kunstdenkmälern in Pommern befassen.
Lemcke wurde zum Geheimen Regierungsrat befördert und erhielt zahlreiche Ehrungen. Das reichte von der Ehrendoktorwürde der Universität Greifswald über den „Preußischen Kronenorden“ bis zum „Roten Adlerorden“ mehrerer Klassen. Er war „wer“ im Geistesleben der preußischen Provinz Pommern, der sich im Ruhestand ab 1906 bis zuletzt vor allem seinen bisherigen Nebentätigkeiten widmete. Nur wenige Monate nach dem Tod seiner Frau, mit der er zuvor das seltene Fest der Diamantenen Hochzeit begehen konnte, starb er am 8. August 1925 in Stettin. Sein Grab auf dem Hauptfriedhof blieb erhalten und war zuletzt in einem gepflegten Zustand.