11.11.2025

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Theodor Gottlieb von Hippel – hier eine historische Illustration des Ostpreußen aus Otto von Leixners „Illustrirte Geschichte des deutschen Schrifttums“, Leipzig und Berlin 1880
Bild: mauritius images/Olf/imageBROKERTheodor Gottlieb von Hippel – hier eine historische Illustration des Ostpreußen aus Otto von Leixners „Illustrirte Geschichte des deutschen Schrifttums“, Leipzig und Berlin 1880

Theodor Gottlieb von Hippel

Ein Karriere-Überflieger aus Ostpreußen

Der Alleskönner sammelte Titel, legte eine echte Bilderbuchkarriere hin und initiierte zudem die Emanzipation der Frauen

Wolfgang Kaufmann
11.11.2025

Er war eine ebenso erfolgreiche wie zwiespältige Persönlichkeit und daher ein Mann mit vielen Gesichtern: Der Ostpreuße Theodor Gottlieb von Hippel wurde am 31. Januar 1741 in Gerdauen geboren und sollte zu einem wahren Shootingstar seiner preußischen Ära werden. Denn dem Sohn eines Dorfschullehrers gelang der Aufstieg vom Theologie- und Jurastudenten bis zum „Dirigierenden Bürgermeister“ und Polizeidirektor von Königsberg, wonach Friedrich der Große ihm auch noch die Titel Stadtpräsident und Geheimer Kriegsrat verlieh.

Diesen Auszeichnungen folgte dann 1790 unter König Friedrich Wilhelm II. auch noch die Erhebung in den Reichsadelsstand. Außerdem amtierte Hippel als Meister vom Stuhl der Königsberger Dreikronenloge, einem Ableger der Berliner Freimaurerloge „Zu den drey Weltkugeln“, die Preußen, Russland und Polen unter dem „Banner der Vernunft“ vereinen wollte. In der Loge traf er wenig später auf den russischen Offizier Hendrik von Keyser, den er an den Hof in Sankt Petersburg begleitete. Dort lernte der aus bescheidenen Verhältnissen stammende Ostpreuße das Leben der vornehmen Kreise kennen, wodurch in ihm der innige Wunsch erwuchs, selbst bald ein solches Leben führen zu können. Daher gab er das Theologiestudium an der Universität Königsberg kurz vor den Abschlussprüfungen auf und schlug stattdessen die juristische Laufbahn ein.

Durch seinen Scharfsinn und sein Rednertalent avancierte Hippel vom einfachen Assessor bis zum Hofhalsrichter und Direktor des Königsberger Kriminalgerichts, was ihm nebenher auch ein beträchtliches Vermögen eintrug. Nachdem er zugleich noch wichtige Ämter in der Königsberger Stadtverwaltung übertragen bekommen hatte, begann von Hippel mit der Reorganisation des Armenwesens im Sinne der Aufklärung. Das wiederum bescherte ihm die Teilnahme an den Tafelrunden des großen Philosophen Immanuel Kant, der Hippel anerkennend als „Centralkopf“ bezeichnete.

Reibung am bissigen Humor
Wovon die Zeitgenossen lange nichts wussten, das war die konträre schriftstellerische Zweitnatur Hippels, die er nach Kräften verbarg oder gar vehement leugnete. Während der Jurist intensiv nach Ämtern, Titeln und Reichtum strebte, tadelte er derlei Tun in seinen Werken. Ebenso machte sich der hochrangige Freimaurer auf vielerlei Weise über das Logenwesen und die Geheimgesellschaften in Preußen lustig. Dabei beschritt von Hippel nicht selten neue künstlerische Wege: Mit seinem dreiteiligen Roman „Lebensläufe nach Aufsteigender Linie nebst Beylagen A, B, C“ begründete er die literarische Modewelle der Ich-Erzählungen. Das ebenfalls dreibändige humoristische Werk „Kreuz- und Querzüge des Ritters A bis Z“ war die Wiederbelebung des Sujets der Donquichotterie, in dem der Konflikt zwischen Phantasterei und gesundem Menschenverstand im Zentrum stand. Allerdings stießen sich die Kritiker schon beizeiten an Hippels Humor, dem es angeblich an „ächter Gemüthswärme“ fehlte, sowie am „Herben, Säuerlichen“ seiner Schriften. Geradezu schizophren wurde es, als der eingefleischte Junggeselle 1774 das Traktat „Über die Ehe“ vorlegte, welches er bis 1793 dreimal überarbeitete und 1792 zudem noch durch die Schrift „Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber“ ergänzte.

Schwierige Doppelrolle
In beiden Texten pries Hippel die ihm selbst nur vom Hörensagen bekannten, angeblichen Vorzüge des Ehelebens und sprach sich darüber hinaus gegen patriarchalische Hierarchien im Verhältnis zwischen Mann und Frau aus. Dadurch gilt der Ostpreuße heute als führender deutscher Wegbereiter der Frauenemanzipation, dessen Texte quasi kanonische Natur besitzen.

Sein Doppelleben als Karrierebeamter und freidenkender Autor, das ihn fortwährend zwang, sich hier und da zu verstellen, belastete Hippel letztlich erheblich. Dazu kam schließlich noch die gesellschaftliche Isolierung, nachdem die geheime publizistische Tätigkeit zum Teil doch aufgeflogen war. Viele seiner Freunde und Gesprächspartner fanden es gar nicht amüsant, zu seinen Spottgestalten geworden zu sein. In dieser Situation berief Friedrich Wilhelm II. Hippel 1794 nach Danzig, wo er die durch die Zweite Polnische Teilung an Preußen gefallene Stadt in den Organismus der Verwaltung des Königreiches einfügen sollte. Dies resultierte aus einer Initiative des Reformers Friedrich Leopold Reichsfreiherr von Schrötter sowie dem Umstand, dass der Jurist von Hippel an der Erarbeitung des eben gerade in Kraft getretenen Allgemeinen Preußischen Landrechts mitgewirkt hatte.

Entfernen brisanter Schriften
In Danzig jedoch verschlechterte sich der Gesundheitszustand Hippels plötzlich rapide. Ihn befiel „eine böse Entzündung“, die am Ende zum Verlust des rechten Auges führte. Daraufhin kehrte er zur Freude der einfachen Stadtbevölkerung nach Königsberg zurück, um sich zu erholen – vergebens. Hippel starb am 23. April 1796 im Alter von erst 55 Jahren „an der Brustwassersucht“.

Der Königsberger Stadtpräsident wurde wunschgemäß auf dem Armenfriedhof am Steindammer Tor beerdigt. Später gelangten seine sterblichen Überreste auf den sogenannten Gelehrtenfriedhof auf dem Alten Neuroßgärter Friedhof. Als Alleinerbe und Nachlassverwalter fungierte Hippels gleichnamiger Neffe, der einige besonders brisante unveröffentlichte Schriften über die Freimaurer verschwinden ließ.


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