13.11.2025

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Statt auf deutschen Straßen zu demonstrieren, sollten vor allem die jungen Männer lieber wieder in ihre Heimat Syrien zurückkehren, um ihr zerstörtes Land wieder aufzubauen. So wie einst die Deutschen es nach 1945 taten
Bild: picture alliance/dpa|Andreas ArnoldStatt auf deutschen Straßen zu demonstrieren, sollten vor allem die jungen Männer lieber wieder in ihre Heimat Syrien zurückkehren, um ihr zerstörtes Land wieder aufzubauen. So wie einst die Deutschen es nach 1945 taten

Weil’s bequemer ist

Syrer bleiben in Deutschland

Rund zwei Drittel der Asylsucher haben sich mit Bürgergeld bestens eingerichtet

Peter Entinger
13.11.2025

In vielen Nachbarstaaten Syriens machen sich Flüchtlinge inzwischen massenhaft wieder auf den Heimweg, um ihre zerstörte Heimat wieder aufzubauen. Nur in Deutschland bleiben sie. In den ersten neun Monaten nach dem Sturz des Machthabers Baschar al-Assad im Dezember 2024 sind laut UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, rund eine Million Syrer in ihre Heimat zurückgekehrt. Ausgerechnet in Deutschland, das anteilsmäßig von den EU-Staaten die meisten syrischen Kriegsflüchtlinge aufnahm, ist aber hingegen kaum eine Rückkehrbewegung zu verzeichnen. Hierzulande leben weiterhin fast eine Million Syrer – Ende August waren es 951.406 Personen. Damit hat ihre Zahl in Deutschland seit Kriegsende kaum abgenommen. Warum gehen also so viele Männer in ihre Heimat zurück, nur nicht die aus Deutschland?

Seit 2015 ist die Zahl der syrischen Asylsucher in Deutschland von wenigen Zehntausend auf nahezu eine Million angewachsen. Die große Mehrheit verfügt über einen anerkannten humanitären Schutzstatus. Die Gruppe ist mit durchschnittlich Mitte 20 recht jung

– mehr als ein Drittel der syrischen Schutzsuchenden waren einst Kinder oder Jugendliche – und obendrein sind mehr als 60 Prozent männlich.

Lockeres Leben mit Staatsstütze
Viele Syrer haben hier bereits Wurzeln geschlagen. Rund 160.000 von ihnen erhielten in den letzten Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft – allein 2024 waren es mehr als 80.000. Zudem haben viele Familien Nachwuchs bekommen: Seit 2017 wurden in syrischen Familien über 56.000 Kinder in Deutschland geboren. All dies deutet darauf hin, dass ein erheblicher Teil der hier lebenden Syrer dauerhaft in Deutschland bleiben möchte.

Doch ihre Integration verläuft bislang nur wenig erfolgreich. Weniger als die Hälfte der in Deutschland lebenden Syrer im erwerbsfähigen Alter geht einer Arbeit nach. Von etwa 685.000 Erwerbsfähigen hatten 2024 lediglich rund 287.000 eine Beschäftigung, davon 236.000 in regulären sozialversicherungspflichtigen Stellen. Gleichzeitig erhielten im August 2024 rund 518.000 Syrer Bürgergeld, darunter rund 353.000 Erwachsene im erwerbsfähigen Alter. Ein großer Teil der Community lebt also bequem von staatlichen Leistungen. Dieses Verhältnis erklärt, warum die Rückkehrfrage politisch brisant ist – sie berührt sowohl die Sozialkassen als auch die Integrationsdebatte.

Trotz des Endes des Bürgerkriegs und des Regimewechsels in Damaskus bleibt die Rückkehrbereitschaft der Asylsucher aus Syrien in Deutschland gering. Bislang sind nur wenige Tausend freiwillig aus Deutschland zurückgekehrt. Ausgerechnet hierzulande treten so wenige Flüchtlinge den Rückweg an – dafür gibt es mehrere Gründe. Einerseits fehlen im Gegensatz zu Ländern wie der Türkei oder dem Libanon aktive Rückkehrprogramme. Zwar bietet ein staatliches Förderprogramm seit 2024 finanzielle Starthilfen für Heimkehrer, doch bis zum Frühjahr hatten nur gut 600 Syrer diese Möglichkeit genutzt. Andererseits sind die Lebensbedingungen in Deutschland für viele Syrer viel zu attraktiv. Als Land mit großzügigem Sozialsystem erscheint Deutschland allemal reizvoller als das zerstörte Herkunftsland. In Syriens Nachbarstaaten haben hingegen hohe Lebenshaltungskosten und unsichere Perspektiven viele Flüchtlinge zur Rückkehr bewegt – nur die große Rückkehrwelle aus Deutschland blieb bislang aus.

Nun ist in Deutschland eine Debatte über die Zukunft der hier verbliebenen Syrer entbrannt. Direkt nach den Siegesfeiern exil-syrischer Gemeinschaften kamen Stimmen auf, dass Syrer, die hier das Ende des Assad-Regimes bejubeln, umgehend in ihre Heimat zurückkehren sollten. Auch Unionspolitiker sehen seither den Fluchtgrund als erloschen an.

Keine gültigen Abkommen
„Mit dem Ende des syrischen Bürgerkriegs ist auch der Schutzgrund für alle Bürgerkriegsflüchtlinge weggefallen“, sagte der Vizefraktionschef der Union, Günter Krings. Die Bundesregierung will nun endlich Abschiebungen nach Syrien – zunächst erst einmal von Straftätern – ermöglichen. Bislang fehlt jedoch ein Rücknahmeabkommen mit der neuen Führung in Damaskus, was Abschiebungen faktisch blockiert. Im Gegenteil: Noch gilt seit 2012 ein Abschiebestopp nach Syrien. Bundeskanzler Friedrich Merz erklärte gerade, er befürworte eine Rückkehr syrischer Flüchtlinge in ihre Heimat. Vor allem Straftäter sollen abgeschoben werden. Er habe den syrischen Übergangspräsidenten Ahmed al-Scharaa eingeladen, um über die Abschiebungen von Straftätern zu sprechen.

Deutschland ist bislang sehr nachsichtig vorgegangen. Es kommen sogar noch neue Asyl-Syrer ins Land – trotz Kriegsende. Allein von Januar bis September stellten über 19.000 einen Asylantrag in Deutschland. Parallel steigt auch die Zahl der Einbürgerungen rapide, was vielen Asylsuchern einen dauerhaft gesicherten Verbleib ermöglicht. Während andere Aufnahmeländer ihre Syrer aktiv zur Heimkehr bewegen, fehlt hierzulande ein solcher Impuls.

Die unklugen Äußerungen von Außenminister Johann Wadephul (CDU) dürften zudem kaum zu einer größeren Rückkehrbereitschaft beitragen. Er hatte nach einem Besuch in Syrien angezweifelt, dass angesichts der Zerstörung viele Flüchtlinge zurückkehren. „Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben“, lautete sein Fazit. Syrien sehe schlimmer aus als Deutschland 1945. Wohl eine verbale Entgleisung der besonderen Art.


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